Business for Biodiversity: T-Labs für den sozial-ökologischen Wandel
Eine neue EU-Richtlinie (ESRS E4) verpflichtet Unternehmen, die Auswirkungen von Beschaffung, Produktion und Vertrieb auf die Biodiversität sowie damit verbundene Risiken und Chancen offenzulegen. Die neue Regelung ist insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen eine Herausforderung. In ihr liegt aber auch eine Chance, den sozial-ökologischen Wandel in der Wirtschaft voranzubringen. Um echte Veränderungen zu bewirken, müssen Mitarbeitende in Unternehmen die neuen gesetzlichen Verpflichtungen in die Praxis umsetzen. Das setzt erfolgreiche Lernprozesse voraus, ebenso den Aufbau neuer Kompetenzen und ein wachsendes Bewusstsein für die Bedeutung der Biodiversität.
Hier setzt unser Projekt an: In enger Zusammenarbeit mit Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft erforschen wir in sogenannten Transformation Labs (T-Labs), wie diese Unternehmen Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität wirksam gestalten und umsetzen können. Dazu kombinieren wir natur- und sozialwissenschaftliche Methoden wie Wirkungsabschätzung, Befragungen, Interviews und Workshops. Ziel des Projektes ist es, gemeinsam mit Unternehmen und deren Mitarbeitenden neue Denkweisen und Räume für einen transformativen Wandel hin zu einer biodiversitätsfreundlichen Beschaffung, Produktion und Vermarktung in der deutschen Lebensmittelwirtschaft zu eröffnen.
Forschungsansatz
Das Forschungsdesign umfasst mehrere aufeinander aufbauende Schritte und ist darauf ausgelegt, sowohl wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen als auch praxisnahe Lösungen für Unternehmen zu entwickeln. Im ersten Schritt evaluiert das Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums (SBiK-F) gemeinsam mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) aus naturwissenschaftlicher Sicht Kriterien und Indikatoren zur Messung der Abhängigkeiten und Auswirkungen der unternehmerischen Praxis der Lebensmittelindustrie von und auf die Biodiversität. Das ISOE untersucht diese Transformationsprozesse in den Unternehmen aus sozialwissenschaftlicher Perspektive. Im Fokus stehen Handlungsmöglichkeiten der Mitarbeitenden. In einem nächsten Schritt untersuchen wir gemeinsam mit Unternehmen, ob und wie die Implementierung dieser Standards dazu führt, dass Mitarbeitende die Bewertung von Biodiversität verändern. Dabei analysieren wir die Auswirkungen der Implementierung sowohl quantitativ in der gesamten Lebensmittelwirtschaft als auch qualitativ in sechs ausgewählten Unternehmen. In drei Unternehmen richten wir darauf aufbauend sogenannte Transformation Labs (T-Labs) ein. Ziel dieser T-Labs ist es, in transdisziplinären Lernprozesse zwischen Wissenschaftler*innen und Mitarbeitenden der Unternehmen das Bewusstsein für die Bedeutung von Biodiversität zu fördern und Ansatzpunkte zu identifizieren, die das unternehmerische biodiversitätsfreundliche Handeln positiv beeinflussen.
Hintergrund
Unternehmen können einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt leisten. Das gilt auch für die Lebensmittelwirtschaft, deren Beschaffung, Produktion und Vertrieb in besonderem Maße von der Qualität der biologischen Vielfalt abhängt und umgekehrt diese auch maßgeblich beeinflusst. Entsprechend liegt in der Veränderung der unternehmerischen Praxis großes Potenzial für den Erhalt der Artenvielfalt – und auch die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, da etwa Investoren zunehmend von Unternehmen verlangen, die Auswirkungen ihrer Prozesse auf die Biodiversität transparent darzustellen. Das Forschungsprojekt begleitet den europaweiten, regulierungsgetriebenen Transformationsprozess, der durch die Einführung des European Sustainability Reporting Standards ESRS E4 initiiert wurde. Dieser ist aufgrund seiner Neuartigkeit bislang kaum erforscht. Damit betritt das Forschungsprojekt Neuland: Es bietet neue wissenschaftliche Erkenntnisse über 1) die Effektivität von Instrumenten zur Messung der Auswirkungen der Lebensmittelwirtschaft auf die Biodiversität; 2) und zeigt, wie biodiversitätsfreundliches Handeln in Unternehmen über die Berichterstattungspflicht hinaus durch innerbetriebliche Maßnahmen wie zum Beispiel Schulungsangebote gestärkt werden kann.
Kooperationspartner
- Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ
- Dr. Alke Voskamp, Senckenberg Biodiversität und Klima- Forschungszentrum (SBiK-F)
- Dr. Thomas Kastner, Senckenberg Biodiversität und Klima- Forschungszentrum (SBiK-F)
Förderung
VW-Stiftung, Pioniervorhaben – Gesellschaftliche Transformationen
Laufzeit
Ansprechpartner*innen
Projektteam
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