ISOE-Interview zum Stopp der BMBF-Fördermaßnahme „BioTip“

Konsequenzen für die internationale Biodiversitätsforschung

In der Fördermaßnahme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) „BioTip – Kipppunkte, Dynamik und Wechselwirkungen von sozialen und ökologischen Systemen“ forschen rund 130 Wissenschaftler*innen seit 2019 in sieben internationalen Projekten zu den Wirkungsketten, die Ökosysteme zum Kippen bringen können. An zwei dieser Projekte ist auch das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung beteiligt. Im Juni hat das BMBF das vorzeitige Ende der Fördermaßnahme angekündigt. Im ISOE-Blog sprechen Flurina Schneider, wissenschaftliche Geschäftsführerin des ISOE, und Marion Mehring, Leiterin des Forschungsschwerpunkts Biodiversität und Bevölkerung, über die Konsequenzen dieser Entscheidung – für die Projekte, die Forschenden sowie für die internationale Biodiversitätsforschung. 

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Domino-Schlange auf blauem Hintergrund
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Der voranschreitende Verlust der Artenvielfalt und ganzer Ökosysteme ist – neben dem Klimawandel – eine zentrale Herausforderung der Gegenwart. Um die Lebensgrundlage künftiger Generationen zu bewahren, ist es entscheidend, die Funktionsweise von Kipppunkten in Ökosystemen besser zu verstehen und zu erforschen, wie sozial-ökologische Systeme intakt bleiben. Dieser Forschung haben sich die internationalen Biodiversitätsprojekte der BMBF-Fördermaßnahme BioTip seit 2019 gewidmet. Das Ende der Förderung aller BioTip-Projekte kurz vor der Ergebnisphase kam auch für das ISOE überraschend. 

„Im ISOE erforschen wir gemeinsam mit nationalen und internationalen Partnern unter anderem das Problem der Bodendegradation, also der Verschlechterung von Böden bis hin zur Unfruchtbarkeit, in der mongolischen Steppe und in der namibischen Savanne“, berichtet Marion Mehring im ISOE-Interview. „Diese Graslandschaften sind Beispiele für die letzten intakten Ökosysteme ihrer Art mit traditioneller Landnutzung und bedeutender Biodiversität.“ Folgenschwer sei das nicht nur für die in den beiden Projekten NamTip und MORESTEP arbeitenden Nachwuchswissenschaftler*innen, sondern auch für alle Forschungs- und Praxispartner in Namibia und der Mongolei. 

Große Forschungslücken in der Kipppunktforschung

„Besonders gravierend ist es aber für die Biodiversitätsforschung selbst“, sagt Mehring. Denn nach der mehrjährigen Vorbereitung stehe jetzt in der zweiten Förderphase, die ausdrücklich von Anfang an durch das BMBF vorgesehen gewesen sei, der Transfer der entwickelten Handlungsstrategien in die Praxis an. Dabei sollten valide Forschungsergebnisse für die Kipppunktforschung erarbeitet werden.

Auch Flurina Schneider sieht in dem Stopp der Fördermaßnahmen schwerwiegende Konsequenzen: „Es gibt in der Biodiversitätsforschung tatsächlich noch große Wissenslücken, gerade in Bezug auf die Kipppunkte“, berichtet die Geografin. Die Forschung dazu sei auch deshalb so komplex, weil es viele Wechselwirkungen mit zum Teil negativen Rückkoppelungen auf die anderen Ökosysteme oder das globale Klima gebe. „Und es gibt keine Lösungen, die von einem auf das andere Ökosystem eins zu eins übertragen werden könnten“, sagt Flurina Schneider. „Deshalb hat es natürlich Konsequenzen für die internationale Biodiversitätsforschung, wenn wegen des drohenden Förderstopps keine konkreten Ergebnisse zu den gewählten Standorten gewonnen, ausgewertet und zusammengeführt werden können.“

„Der Kollaps der Ökosysteme pausiert nicht“

Die am ISOE beteiligten Forscherinnen und Forscher hoffen zur Schadensbegrenzung nun wenigstens auf eine Abschlussfinanzierung, damit sie ihre Forschungsarbeiten an den Standorten einigermaßen geregelt abschließen können. Eine gute Lösung sei das aber noch nicht, mahnt Biodiversitätsforscherin Marion Mehring, denn „der Kollaps der Ökosysteme pausiert nicht“. Und auch Flurina Schneider betont im ISOE-Interview: „Die Zeiten, in denen wir wie selbstverständlich Ökosysteme bedenkenlos nutzen konnten, sind endgültig vorbei. Wir benötigen daher unbedingt eine langfristige Perspektive für die sozial-ökologische Biodiversitätsforschung.“

Das vollständige ISOE-Interview mit Flurina Schneider und Marion Mehring finden Sie in unserem Blog Soziale Ökologie: 
„Der Impact ist zum Greifen nah“ – Warum der Förderstopp für „BioTip“ auch Konsequenzen für die internationale Biodiversitätsforschung hat

Wissenschaftliche Ansprechpartnerin:

Prof. Dr. Flurina Schneider
Tel. +49 69 707 6919-0
 
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Pressekontakt:

Melanie Neugart
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