Kipppunkte in Ökosystemen

Maßnahmen zum Erhalt der Savannen im südlichen Afrika

Die Savannen in Namibia zählen zu den trockensten Regionen der Erde. Als Weidefläche sind sie von großer Bedeutung für Vieh und Wild. Doch sich verändernde Klimabedingungen und zunehmende Bewirtschaftung der Böden gefährden die einzigartige Savannenlandschaft. Das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung beschäftigt sich seit Anfang des Jahres als Kooperationspartner in den beiden deutsch-namibischen Forschungsprojekten NamTip und ORYCS mit der Frage, wie ein nachhaltigeres Weidemanagement mit jeweils unterschiedlichen Bewirtschaftungsansätzen erreicht werden kann.

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Ziegen- und Rinderherde, Namibia (Foto: Stefan Liehr, ISOE)
Ziegen- und Rinderherde, Namibia (Foto: Stefan Liehr, ISOE)

Die Weidebewirtschaftung durch Viehhaltung ist in Savannen eine weit verbreitete Nutzungsstrategie. Werden Vegetation und Böden jedoch dauerhaft zu sehr beansprucht und ändern sich zudem Umweltbedingungen, zum Beispiel nach Dürreperioden, kann das dramatische Veränderungen im Ökosystem zur Folge haben. Eine zunächst allmähliche Verschlechterung des Bodens kann dann sehr plötzlich zu einem Kollabieren beziehungsweise „Kippen“ des Ökosystems führen. Zu den folgenschweren Konsequenzen für Gesellschaft und Natur zählen der Verlust von Artenvielfalt und die Gefährdung von Nahrungsgrundlagen. 

Diese Kipppunkte – oder „Tipping Points“ – stehen im Vordergrund des Forschungsprojekts NamTip. Werden diese Kipppunkte frühzeitig erkannt, könnten abrupte und schwer umkehrbare Prozesse, wie der Verlust von Gräsern und letztlich die Wüstenbildung, verhindert oder verlangsamt werden. Im Forschungsprojekt NamTip sollen am Beispiel der Waterberg-Region in Namibia das Verständnis jener kritischen Kipppunkte verbessert und Maßnahmen entwickelt werden, um der Wüstenbildung wirkungsvoll zu begegnen.

Die Rolle von Wildtierbewirtschaftung beim Erhalt von Savannenökosystemen 

Beim Erhalt von Savannenökosystemen spielt die Form der Landnutzung und Viehhaltung eine wichtige Rolle. Gegenüber der konventionellen Viehhaltung gelten Bewirtschaftungsstrategien mit Wildtieren als vielversprechend, da heimische Wildtiere gut an die lokalen Klimabedingungen angepasst sind. In einigen Gebieten Namibias haben sich Nutzungsformen mit Wildtieren jedoch als sehr konfliktreich herausgestellt, denn oft verfolgen Landwirte, Dorfgemeinschaften und Behörden unterschiedliche Interessen. Dies ist der Ausgangspunkt für das Forschungsprojekt ORYCS, in dem das Projektteam in einem Gebiet südlich des Etosha-Nationalparks untersucht, wie ein auf Wildtiere ausgerichtetes Management der Degradierung der Savanne entgegenwirken kann. Gleichzeitig sollen Strategien entwickelt werden, wie damit verbundene Konflikte konstruktiv gelöst werden können.

Wegen der intensiven Nutzung der Savanne sind ökologische Kipppunkte typischerweise mit sozialen und wirtschaftlichen Kipppunkten verknüpft. Das heißt: Ändern sich Lebensweisen oder Einkommensstrategien, hat das Auswirkungen auf die Umwelt und umgekehrt. Für Trockengebiete fehlen bislang sozial-ökologische Analysen solcher Phänomene. Ein tieferes Verständnis über die sozial-ökologischen Zusammenhänge ist aber die Voraussetzung, um nachhaltige Managementstrategien entwickeln und Konflikte bearbeiten zu können. 

Lokales Wissen für eine nachhaltige Bewirtschaftung 

Das ISOE konzentriert sich in seiner Forschung, sowohl in NamTip als auch in ORYCS, auf das lokale Wissen der Landwirte vor Ort und auf die gesellschaftlichen Faktoren, die zu den Veränderungen im Ökosystem führen. Im Sommer 2019 wurden in beiden Forschungsprojekten bereits erste Interviews mit Landwirten und anderen Akteuren aus den Untersuchungsregionen beider Projekte durchgeführt. Im April und September fanden in Namibia internationale Projekttreffen und Stakeholder-Workshops statt, an denen Wissenschaftler*innen, Landwirt*innen sowie Vertreter*innen von Ministerien und NGOs teilnahmen, um über Forschungsansätze, Managementoptionen und geeignete Formate für den Transfer der wissenschaftlichen Ergebnisse in die Praxis zu diskutieren.

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