ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung in Frankfurt am Main https://www.isoe.de/ Akutelle Informationen vom ISOE. https://www.isoe.de/fileadmin/Resources/Corporate/Public/icons/favicon-32x32.png ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung in Frankfurt am Main https://www.isoe.de/ 32 32 en-gb ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung in Frankfurt am Main Wed, 22 Mar 2023 10:00:36 +0100 Wed, 22 Mar 2023 10:00:36 +0100 ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung in Frankfurt am Main news-666 Tue, 21 Mar 2023 17:35:00 +0100 Institutsbericht des ISOE erschienen - Rückblick auf das Forschungsjahr 2022 https://www.isoe.de/news/rueckblick-auf-das-forschungsjahr-2022/ Der Institutsbericht des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung ist erschienen. Darin blicken wir auf das Forschungsjahr 2022 zurück und informieren über Highlights unserer umfangreichen Forschungs-, Beratungs- und Lehrtätigkeit.  Der Institutsbericht bietet einen Überblick über Forschungsthemen des ISOE aus den Bereichen Wasser, Energie, Klimaschutz, Mobilität und Urbane Räume, Biodiversität sowie Transdisziplinäre Methoden. Zudem informieren wir über ausgewählte Publikationen, Veranstaltungen und Vorträge unserer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu aktuellen Themen der Nachhaltigkeitsforschung. 

In ihrem Vorwort weist Flurina Schneider, Wissenschaftliche Geschäftsführerin des ISOE, auf die Besonderheit des zurückliegenden Jahres hin. Es habe gezeigt, dass die Gleichzeitigkeit und Verwobenheit multipler Krisen nach schnellen Reaktionen, auch von der Wissenschaft, verlangt. Doch Lösungen müssten der Komplexität dieser Krisen Rechnung tragen und langfristig wirken. Beispiel Klimawandel: Um den Folgen zu begegnen, sei es entscheidend, Synergien zu schaffen.

Dabei geht es um Lösungen, die beispielsweise Energiesicherheit und Klimaschutz gleichzeitig adressieren. Auch müssten aus Sicht der Umweltforscherin Trade-offs verringert, mögliche zukünftige Entwicklungen besser vorweggenommen und der Vorsorgegedanke gestärkt werden. „Das bedeutet nicht weniger als eine Überprüfung und Neuausrichtung der Ziele, der Forschungsansätze und des Verhältnisses der Nachhaltigkeitsforschung zu Politik und Gesellschaft“, sagt Schneider. Sie betont, dass trotz der globalen Verwobenheit der Krisen die lokale Ebene gut in den Blick genommen werden müsse. 

So zeigen aktuelle Forschungsarbeiten des ISOE zu Konflikten zwischen Naturschutz und Landwirtschaft, dass Landwirt*innen, Naturschützer*innen und weitere involvierte Akteure durchaus bereit sind, gemeinsam an Lösungen zum Erhalt der Artenvielfalt zu arbeiten – vorausgesetzt, dass sie vor Ort konstruktive Gespräche miteinander führen können und dass ihnen nötiges Wissen zur Verfügung steht. „Solche Dialoge, wie das ISOE sie im Forschungsprojekt DINA begleitet hat, könnten beispielgebend sein für institutionalisierte Orte, an denen Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft vertrauensvoll und kontinuierlich zusammenarbeiten und das nötige Ziel- und Transformationswissen entwickeln“.

Lesen Sie mehr dazu in der PDF-Version des ISOE Institutsberichts 2022, die als Download zur Verfügung steht.
www.isoe.de/fileadmin/Edit/PDF/Aktuelles/Institutsbericht/ISOE-Institutsbericht-2022.pdf 

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news-664 Thu, 16 Mar 2023 14:34:00 +0100 Initiative der tdAcademy - Gesellschaft für transdisziplinäre und partizipative Forschung gegründet https://www.isoe.de/news/gesellschaft-fuer-transdisziplinaere-und-partizipative-forschung-gegruendet/ Nicht nur die Nachfrage nach transdisziplinärer Forschung ist in den letzten Jahren gestiegen. Auch der Bedarf an Austausch und Vernetzung zwischen Wissenschaftler*innen und Praxisakteur*innen, die mit partizipativen Forschungsformaten arbeiten, wächst. Die „Gesellschaft für transdisziplinäre und partizipative Forschung“ bietet dafür jetzt eine Anlaufstelle. Die unabhängige Interessenvertretung wurde am 9. März unter anderem auf Initiative der Forschungsplattform tdAcademy gemeinsam mit zentralen Akteur*innen der Forschungscommunity gegründet. Die öffentliche Gründungsveranstaltung findet am 10. Mai 2023 an der TU Berlin statt.  Um die großen gesellschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart zu bewältigen, ist wissenschaftliche Expertise gefragt. Doch die Problemkonstellationen sind – Beispiel Klimawandel oder Biodiversitätsverlust – so komplex und vielfältig miteinander verwoben, dass das Wissen von Einzeldisziplinen nicht ausreichend ist. Auch ein rein interdisziplinärer Austausch kann der Komplexität kaum gerecht werden. Wissenschaft muss auch die gesellschaftlichen Perspektiven auf die Problemkonstellationen und das realweltliche Wissen mit einbeziehen, um zu geeigneten Lösungen zu kommen. Insbesondere in der Nachhaltigkeitsforschung, aber auch in anderen Bereichen wie der Public-Health-Forschung, haben sich transdisziplinäre und partizipative Ansätze bewährt, die zur Gestaltung transformativer Prozesse gemeinsam mit Akteur*innen aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik beitragen und auf systemische und langfristige Lösungsansätze setzen. 

Zur Stärkung und weiteren Etablierung dieser wissenschaftlichen Ansätze wurde nun von Wissenschaftler*innen der tdAcademy, einer vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungs- und Community-Plattform für Transdisziplinarität (td-academy.org), gemeinsam mit Wissenschaftler*innen aus dem Bereich der transdisziplinären und partizipativen Forschung die „Gesellschaft für transdisziplinäre und partizipative Forschung“ gegründet. 

Stärkung gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Wirkungen für Transformationen

„Die Gesellschaft versteht sich als Anlaufstelle und unabhängige Interessenvertretung für transdisziplinär und partizipativ Forschende, auch gegenüber Politik und Förderinstitutionen“, sagt Prof. Dr. Matthias Bergmann vom ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung, der maßgeblich an der Gründung beteiligt war. Der Experte für wissenschaftliche Grundlagen und die Praxis transdisziplinärer Forschung sieht den großen Bedarf an Vernetzung, Förderung und weiterer Etablierung dieses Forschungsbereichs.

„Die vergleichsweise neuen Forschungsansätze und Forschungsmodi werden immer stärker nachgefragt, ihr Potenzial im Hinblick auf gesellschaftliche und wissenschaftliche Wirkungen für Transformationsprozesse ist weithin anerkannt. Mit der Fachgesellschaft kann die transdisziplinäre und partizipative Forschung dieses Potenzial noch besser entfalten, Qualitätsstandards sichern und weiterentwickeln, wissenschaftlichen Nachwuchs fördern, die Lehre unterstützen und forschungspolitische Impulse setzen“, sagt Bergmann.

Vernetzung in der Wissenschaftslandschaft – Gründungsmitgliedschaft noch möglich

Die Gründung der Gesellschaft für transdisziplinäre und partizipative Forschung als eingetragener Verein wird von zahlreichen Wissenschaftler*innen der deutschsprachigen wie internationalen Forschungscommunity aus Universitäten und außeruniversitären Institutionen ebenso wie von Vertreter*innen des BMBF ausdrücklich begrüßt. „Wir freuen uns, dass wir das von allen Beteiligten erklärte Ziel der Bündelung von Kompetenzen und Aufgaben wie der Qualitätssicherung und der Netzwerkbildung mit der Gründung der Fachgesellschaft erfolgreich umsetzen können“, sagt Dr. Alexandra Lux (ISOE). Die Wissenschaftlerin leitet seit Anfang des Jahres kommissarisch die Geschäftsstelle der tdAcademy. 

Lux weist darauf hin, dass für interessierte Personen und Organisationen noch bis zur Gründungsfeier am 10. Mai 2023 die Möglichkeit besteht, Gründungsmitglied der Fachgesellschaft zu werden. „Es zeichnet sich ab, dass die Gesellschaft für transdisziplinäre und partizipative Forschung ein breites Spektrum an Forschenden aus den Bereichen der Nachhaltigkeitsforschung, Entwicklungsforschung und partizipativer Gesundheitsvorsorgeforschung abbildet und damit zu einem wichtigen Kontenpunkt der deutschsprachigen Wissenschaftslandschaft und darüber hinaus werden kann“, sagt Lux.

Gründungsveranstaltung am 10. Mai 2023 an der Technischen Universität Berlin 

Die öffentliche Gründungsveranstaltung findet am 10. Mai 2023 von 18.30 bis 20 Uhr an der Technischen Universität Berlin statt. Neben Grußworten des Parlamentarischen Staatssekretärs bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung (BMBF), Mario Brandenburg, sowie des Staatssekretärs für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, Tobias Dünow, der Vorsitzenden des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung WBGU, Prof. Sabine Schlacke und der Präsidentin der Technischen Universität Berlin, Prof. Dr. Geraldine Rauch, wird es Impulsvorträge von Prof. Dr. Helga Nowotny und Prof. Dr. Uwe Schneidewind geben.

Weitere Informationen zu Programm und Anmeldung finden Sie hier: 
https://td-academy.org/events/gruendungsveranstaltung-der-gesellschaft-fuer-transdisziplinaere-und-partizipative-forschung  

Erste Informationen zur Gesellschaft für transdisziplinäre und partizipative Forschung: 
https://td-academy.org/tdacademy/fachgesellschaft  

Wissenschaftliche Ansprechpartnerin:

Dr. Alexandra Lux
ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung
Hamburger Allee 45
60486 Frankfurt am Main
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news-665 Wed, 15 Mar 2023 10:10:05 +0100 Vierter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung - Bundesministerin Paus beruft ISOE-Forscher in Kommission für Gleichstellungsbericht  https://www.isoe.de/news/bundesministerin-paus-beruft-isoe-forscher-in-kommission-fuer-gleichstellungsbericht/ Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Lisa Paus, hat namhafte Expertinnen und Experten für den Vierten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung berufen. Die Sachverständigenkommission, zu der auch Immanuel Stieß vom ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung gehört, hat am 13. März 2023 ihre Arbeit aufgenommen. Schwerpunktthema ist die Gleichstellung in der ökologischen Transformation. Die Gleichstellungsberichte werden seit 2011 einmal in jeder Legislaturperiode erstellt. Sie dokumentieren den Stand der Gleichstellung in Deutschland und geben Handlungsempfehlungen für die Politik. Mit der Berufung der Sachverständigen für den Vierten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung durch Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, hat die interdisziplinär besetzte Kommission unter dem Vorsitz von Silke Bothfeld, Professorin für Internationale Wirtschafts- und Sozialpolitik an der Hochschule Bremen, ihre Arbeit aufgenommen. Der Kommission gehört auch ISOE-Forscher Immanuel Stieß an, der bereits am Dritten Gleichstellungsbericht zu Fragen der Digitalisierung und Geschlechtergerechtigkeit mitgearbeitet hat. 

Der aktuelle Bericht rückt das Thema „Gleichstellung in der ökologischen Transformation“ in den Mittelpunkt. Ziel des Vierten Gleichstellungsberichtes ist es, die Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels sowie die Wirkungen umwelt- und klimapolitischer Maßnahmen auf die Geschlechterverhältnisse darzustellen. Die interdisziplinäre Sachverständigenkommission wird bis 2025 ein Gutachten als Bestandteil des Vierten Gleichstellungsberichts für die Bundesregierung erstellen, das konkrete Handlungsempfehlungen für eine gleichstellungsorientierte Gestaltung der sozial-ökologischen Transformation umfasst. 

Gerechte Gestaltung sozial-ökologischer Transformationen

Wie wichtig die geschlechtergerechte Gestaltung der Transformation ist, verdeutlicht Bundesministerin Lisa Paus: „Die ökologische Umstellung unseres Wirtschaftens und Handelns beeinflusst unsere Arbeitswelt, unsere Ernährung und Gesundheit ebenso wie unser Miteinander in der Gesellschaft. Viele Aspekte der Klimakrise treffen Frauen und Männer unterschiedlich und berühren deshalb Fragen der Gleichstellung“. Auch ISOE-Wissenschaftler Immanuel Stieß betont: „Die Folgen des Klimawandels und die Auswirkungen der Klimapolitik betreffen nahezu alle Bereiche der Gesellschaft. Für den Erfolg sozial-ökologischer Transformationen ist es deshalb zentral, dass Ungleichheiten in diesem Zusammenhang erkannt und geschlechtergerechte Lösungen dafür gefunden werden.“ 

Immanuel Stieß forscht am ISOE zu Potenzialen und Hemmnissen für nachhaltige und CO2-arme Lebensstile und Alltagspraktiken und beschäftigt sich intensiv mit Handlungsfeldern wie Bauen und Wohnen, Energienutzung im Haushalt und Ernährung. Die Verknüpfung von umwelt- und sozialpolitischen Zielsetzungen bilden einen weiteren Schwerpunkt seiner Forschungsarbeit, zu denen auch Fragen einer gerechten Gestaltung sozial-ökologischer Transformationen gehören. 

Wissenschaftlicher Ansprechpartner:

Dr. Immanuel Stieß
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news-662 Tue, 14 Mar 2023 11:36:00 +0100 Internationaler Tag des Waldes am 21. März - Interessenkonflikte um den Wald der Zukunft https://www.isoe.de/news/interessenkonflikte-um-den-wald-der-zukunft/ Mit dem „Tag des Waldes“ am 21. März lenken die Vereinten Nationen den Blick auf den Wert von Wäldern und auf den weltweiten Verlust des wichtigen Lebensraums. Die Auswirkungen des Klimawandels machen auch den Wäldern in Deutschland zu schaffen. Der Anpassungsdruck ist groß und die Zeit drängt. Doch die Diskussionen um die „richtige“ Gestaltung und Nutzung der Wälder bringen viele Konflikte hervor. Wie können unterschiedliche Interessengruppen dennoch gemeinsam zu nachhaltigen Lösungen für den Wald der Zukunft kommen? Dieser Frage widmet sich das Forschungsprojekt „Konflikte um den Wald der Zukunft“ unter der Leitung des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert. Hitze, Trockenheit, Schädlinge – in vielen Regionen Deutschlands sind die Wälder stark geschädigt. Ein umfassender Waldumbau wird immer dringender gefordert, damit die vielfältigen Leistungen ihrer Ökosysteme erhalten werden können: Der Wald liefert Lebensraum für Flora und Fauna, Erholungsraum für Menschen und den nachwachsenden Rohstoff Holz. Er bildet ein wichtiges Reservoir für Grundwasser und hat eine bedeutende Funktion für die Klimaregulierung und die Biodiversität. „Intakte Wälder sind entscheidend im Wettlauf gegen den Klimawandel“, sagt ISOE-Forscherin Deike Lüdtke. „Damit sie intakt bleiben, muss eine nachhaltige Waldnutzung gewährleistet sein. Aber es gibt sehr unterschiedliche Auffassungen und auch große Unsicherheiten darüber, wie der Wald der Zukunft genutzt und gestaltet werden soll.“ 

In einem dreijährigen Forschungsprojekt untersucht ein Team unter der Leitung von Deike Lüdtke und Michael Kreß-Ludwig die aktuelle Konfliktlage der Waldgestaltung. Das setzt zunächst eine umfassende Analyse des Konfliktpotenzials mithilfe lokaler Fallstudien voraus: Wie blicken unterschiedliche Akteure – etwa aus Forstwirtschaft und Naturschutz – auf die Frage, was Wälder benötigen, um dem Klimawandel zu trotzen? In den Debatten um die Zukunft des Waldes geht es zum Beispiel um die Art und Weise der Bewirtschaftung: Welche Baumarten stehen zur Wahl, in welchem Umfang soll Aufforstung stattfinden? Aber auch Fragen zur Ausweisung von Schutzgebieten oder zur Umsetzung von Brandschutz werden diskutiert. Dabei werden die Standpunkte und Zielvorstellungen der beteiligten Akteure untersucht und aus der jeweiligen Perspektive nachvollzogen.

Konflikte erkennen und lösen: Wissens- und Methodentransfer

„Unser Ziel ist es, die Themen, Auffassungen und Dynamiken zu identifizieren, die zu Konflikten führen und in einem nächsten Schritt die zum Teil sehr schwierigen Diskussionen zwischen Forstwirtschaft, Naturschutz und Klimaschutz konstruktiv zu begleiten“, sagt ISOE-Forscher Kreß-Ludwig. Um einen verständnisvollen Austausch zwischen den unterschiedlichen Interessengruppen zu ermöglichen, werden im Projekt verschiedene Kommunikationsansätze verfolgt und Formate in Fallstudien erprobt, die zur Deeskalation beitragen. 

Der Transformationsforscher Michael Kreß-Ludwig und die Landnutzungsexpertin Deike Lüdtke sehen ihr Ziel erreicht, wenn die beteiligten Akteure mithilfe des Wissens- und Methodentransfers im Projekt künftig schon im Vorfeld sich abzeichnende Konflikte erkennen, einordnen und deeskalieren können. „Der Weg hin zu wirksamen Lösungen für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung führt nur über konstruktive, ergebnisorientierte Dialoge“, so Lüdtke. Das Forschungsprojekt „Konflikte um den Wald der Zukunft – Analyse und kooperative Bearbeitung von waldbezogenen Aushandlungsprozessen im Kontext des Klimawandels“ wird durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Rahmen des Förderprogramms „Nachwachsende Rohstoffe“ aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. 

Mehr über das Projekt

www.isoe.de/nc/forschung/projekte/project/wald-der-zukunft

Wissenschaftliche*r Ansprechpartner*in:

Dr. Deike Lüdtke
Tel. +49 69 707 6919-28

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news-655 Thu, 09 Mar 2023 13:38:00 +0100 UN-Weltwassertag 2023 - Wie Kommunen die Wasserwende beschleunigen können https://www.isoe.de/news/wie-kommunen-die-wasserwende-beschleunigen-koennen/ Die Vereinten Nationen rufen zum Weltwassertag am 22. März das Motto „Accelerating Change“ aus. Die Botschaft: Weil weltweit der Druck auf die Trinkwasserreserven steigt, muss der Wandel hin zu einer nachhaltigen Wassernutzung beschleunigt werden. Dass die Wasserwende auch in Deutschland Fahrt aufnehmen muss, haben die letzten Sommer mit anhaltender Hitze und Dürre gezeigt. Wissenschaftler*innen des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung untersuchen, wie in Kommunen eine zukunftsfähige Wasserversorgung gelingen kann: mit der konsequenten Nutzung von Betriebswasser im Gebäudebereich nicht nur im Neubau, sondern auch im Bestand. Der nachhaltige Umgang mit Wasser ist eines der zentralen Ziele, die die UN bis 2030 erreichen wollen. Die Zeit drängt, denn der Druck auf die Wasserressourcen wächst. Immer häufiger entstehen Engpässe bei der Verfügbarkeit von Wasser in guter Qualität und ausreichender Menge – nicht nur in trockneren Regionen der Erde. Selbst in wasserreichen Ländern wie Deutschland wird das Trinkwasser regional mitunter knapp, vor allem in Phasen langanhaltender Hitze und Dürre. „Ein sparsamer Umgang mit Trinkwasser wird mit Blick auf den Klimawandel immer wichtiger und in vielen Bereichen bereits praktiziert“, sagt ISOE-Forscherin Martina Winker. „Aber solange jeden Tag hochwertiges Trinkwasser, das unter großem Ressourcenaufwand aufbereitet wurde, literweise für die Toilettenspülung verwendet wird, können wir noch nicht von einer nachhaltigen Wassernutzung sprechen.“ 

Entscheidend für die Wasserwende sei, dass nicht für alle Zwecke, egal ob in Industrie, Gewerbe, öffentlichen Gebäuden oder Wohngebäuden, der Trinkwasserhahn aufgedreht werde. „Wir müssen dahin kommen, dass je nach Bedarf an Qualität sogenanntes Betriebswasser genutzt werden kann“, sagt Winker. Betriebs- oder auch Brauchwasser wird aus Regenwasser oder aus nur leicht verschmutztem Haushaltswasser gewonnen und eignet sich zum Beispiel für die Toilettenspülung. „Kommunen können die Wasserwende beschleunigen, wenn sie die konsequente Betriebswassernutzung im öffentlichen und im häuslichen Gebäudebereich wie auch im Gewerbe forcieren.“ Konsequent heißt: Die technologisch mögliche Ausstattung von Wohnungen mit Leitungssystemen, die es erlauben, Betriebswasser getrennt vom Trinkwasser aufzubereiten und zu nutzen, wie es in Neubaugebieten bereits vorgenommen wird, sollte zum Standard werden – auch im Bestand. „Die Transformation der Wasserinfrastrukturen im Gebäudebestand ist für Kommunen sicher eine Herausforderung, aber langfristig machbar“, sagt Winker.

Nachhaltige Wassernutzung durch Transformation der Infrastruktur im Gebäudebestand

Die Betriebswassernutzung allein in den Neubaugebieten zu forcieren, ist für die Wasserforscherin keine Option, weil es keinen ausreichenden Beitrag zur Veränderung leisten könne. Martina Winker weiß aber auch: „Ein Umbau auf Betriebswasseranlagen im Bestand stößt auf viele Hürden und Widerstände, denn er zielt empfindlich auf den Status quo.“ Konventionell wird aus den Haushalten das gesamte Abwasser zusammen in eine zentrale Kläranlage geleitet, egal ob stark verunreinigtes Toilettenwasser oder gering verschmutztes Wasser aus Küche oder Bad. Dort wird es unter großem Aufwand gereinigt, bevor es in die Gewässer geleitet wird. „Eine zukunftsfähige Wasserversorgung bedeutet die Abkehr von der aufwendig nachsorgenden Abwasserbehandlung. Es ist nicht nur trinkwasserschonend, sondern kann auch weniger energieintensiv sein, unterschiedliche Wasserströme und -qualitäten schon im Gebäude zu trennen und je nach baulicher Situation angepasst aufzubereiten“, sagt Winker. 

In mehreren Forschungsprojekten hat Winker die Potenziale und Umwelteffekte der Betriebswassernutzung ermittelt und eine hohe Akzeptanz bei Nutzer*innen festgestellt. „Die Vorbedingungen für die Transformation der Wasserinfrastrukturen sind bereits vorhanden, technologisch sind die alternativen Lösungen längst auch im Bestand machbar. Was fehlt, sind Kommunen, die mit mutigen Entscheidungen vorangehen und die Innovation in die Breite tragen.“ In einer aktuellen Studie haben sich Martina Winker und ISOE-Kollege Engelbert Schramm mit dem Forschungs- und Entwicklungsbedarf beschäftigt, der solche Entscheidungen begleiten und forcieren könnte. Dazu gehören weitere Untersuchungen zu Leitungsführungen, die Kosten und Aufwand beim Umbau möglichst gering halten oder Untersuchungen zu Umweltbilanzen. Auch sehen Winker und Schramm den Bedarf von Informationsinstrumenten, die es den politischen Entscheidern in den Kommunen ressortübergreifend ermöglichen, gute Gelegenheitsfenster für den Umbau im Bestand zu identifizieren. Kommunen empfehlen sie für eine gute Entscheidungsgrundlage zudem, einen wasserwirtschaftlichen Masterplan zur Betriebswasserversorgung für ihre Gemeinde oder Stadt zu erstellen.

Publikation

Schramm, Engelbert/Martina Winker (2023): Transformation der Wasserinfrastruktur im Siedlungsbestand als Herausforderung. Pfade, Instrumente und Entwicklungsbedarf. ISOE-Materialien Soziale Ökologie, 68. Frankfurt am Main: ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung 

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news-653 Wed, 22 Feb 2023 14:01:00 +0100 Biodiversitätsstudie zeigt Konfliktpotenzial von Landnutzungskonzepten - Faire Landnutzung: Wie lokale Interessengruppen bestmöglich von Landschaften profitieren https://www.isoe.de/news/faire-landnutzung-wie-lokale-interessengruppen-bestmoeglich-von-landschaften-profitieren/ Ein internationales Forschungsteam um Dr. Margot Neyret vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt hat untersucht, wie ländliche Räume in Deutschland gestaltet werden könnten, dass alle Nutzer*innengruppen bestmöglich profitieren. Die interdisziplinär angelegte Studie in Kooperation mit dem Frankfurter ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung, die im renommierten Fachjournal „Nature Sustainability“ erschienen ist, wertet aus, wie hoch die Ökosystemleistungen verschiedener Landschaften sind und inwieweit sie den unterschiedlichen Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung entsprechen. Dabei zeigen die Forschenden, dass Konzepte, die auf eine umfassende Veränderung von Landschaft und -nutzung setzen, zu sozialen Konflikten führen würden. Als Formel fairer Landnutzung, von der alle Gruppen gleichermaßen profitieren, ermittelt die Studie eine ausgewogene Mischung aus Wald und Grünland. In der Debatte um die Nutzung der knappen Ressource Land treffen regelmäßig die teils widerstreitenden Interessen von Agrar- und Forstwirtschaft, Tourismus und Naturschutzorganisationen aufeinander. Vorhandene Spannungen könnten noch zunehmen, da angesichts von Klima-, Biodiversitäts- und geopolitischen Krisen Forderungen nach einschneidenden Veränderungen in der Landnutzung laut werden. Verschiedene Interessengruppen plädieren aktuell für unterschiedliche Lösungen: etwa für die Umwandlung weiterer Flächen in Naturschutzgebiete, wie es auf der UN-Biodiversitätskonferenz im kanadischen Montreal im Dezember beschlossen wurde, für eine umfassende Aufforstung zum Zweck der CO2-Speicherung oder für den Ausbau lokaler Nahrungsmittelproduktion. Wie aber könnten in Deutschland multifunktionale Lösungen für den ländlichen Raum aussehen, bei denen möglichst viele verschiedene Ökosystemleistungen optimal genutzt werden können und gleichzeitig ein fairer Ausgleich zwischen den Interessen lokaler Gruppen ermöglicht wird? 

Die Grundlage für die Untersuchung bilden umfangreiche Daten, die im Rahmen des Projekts „Biodiversitäts-Exploratorien“ für Flächen auf der Schwäbischen Alb, der mitteldeutschen Hainich-Dün-Region und dem Brandenburgischen Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin erhoben wurden. „Im Rahmen der Studie haben wir insgesamt elf unterschiedliche Ökosystemleistungen in den Blick genommen, von Holz- oder Futterproduktion über Freizeitwert bis zu CO2-Speicherung“, erläutert Margot Neyret und weiter: „Wir haben eine Vielzahl von Szenarien modelliert und untersucht, wie sich eine gewissermaßen ideale Landschaft zusammensetzen müsste, in der alle Leistungen in hohem Maße erbracht werden können – und dabei keine Interessengruppe signifikant weniger profitiert als andere.“ 

Nachhaltige Landnutzungskonzepte durch partizipative Planung   

„Die vielfältigen Ökosystemleistungen, die Landschaften bieten, werden von lokalen Gruppen ganz unterschiedlich bewertet“, erklärt Sophie Peter, Biodiversitätsforscherin am ISOE, und fährt fort: „Das haben Workshops und Befragungen mit 14 unterschiedlichen Gruppen gezeigt. Darunter waren Personen aus den Bereichen  Tourismus, Landwirtschaft und Naturschutzorganisationen sowie Anwohner*innen. Wir haben die erhobenen Nutzungsinteressen in das Modell einbezogen und gesehen, dass wir sie im historischen Kontext betrachten müssen: Unsere Kulturlandschaften in Deutschland waren lange nur auf die Nachfragebefriedigung der Land- und Forstwirtschaft ausgerichtet. Mit der Zeit sind immer mehr Interessengruppen hinzugekommen, wodurch sich die Komplexität der Ausgestaltung von Landnutzungskonzepten auf lokaler Ebene erhöht hat.“ 

Unter diesen Bedingungen stellt sich für die untersuchten Gebiete eine moderate Erhöhung von (Misch-)Waldflächen und eine Extensivierung von Grünland als „ideales“ Szenario heraus. Stärkere Veränderungen führten laut der Modellierung hingegen dazu, dass einzelne Interessengruppen unverhältnismäßig benachteiligt würden. „Wir waren überrascht, dass die aktuelle Landschaft schon nahezu optimal ist, gemessen an den vielfältigen Funktionen, die sie für unterschiedliche Bedarfe erfüllen soll. Bereits geringfügige Anpassungen würden die bestmögliche Landschaft für alle Interessensgruppen ergeben“, berichtet Neyret und fährt fort: „Das lässt sich zum Teil damit erklären, dass in den untersuchten Regionen schon länger darauf geachtet wird, den Schutz der Artenvielfalt mit den Interessen der lokalen Wirtschaft in Einklang zu bringen.“ Peter ergänzt: „Mit unserer Studie geben wir Entscheidungsträger*innen ein wichtiges Tool für zukünftige und im besten Fall partizipative Landnutzungsplanungen an die Hand. Wir zeigen, wie wichtig es ist, die vielfältigen Interessen in der Gesellschaft einzubeziehen, um gemeinsam die Veränderungen hin zu einer nachhaltigen Landnutzung umzusetzen.“

Link zur Studie: 

Neyret, M., Peter, S., Le Provost, G. et al. Landscape management strategies for multifunctionality and social equity. Nat Sustain (2023). https://doi.org/10.1038/s41893-022-01045-w 

Wissenschaftliche Ansprechpartnerin:

Sophie Peter
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news-649 Thu, 16 Feb 2023 09:15:00 +0100 ISOE-Veranstaltung in der Reihe Frankfurter Bürger-Universität - Neue Wege in die Stadt: Wie Pendeln nachhaltiger werden kann https://www.isoe.de/news/neue-wege-in-die-stadt-wie-pendeln-nachhaltiger-werden-kann-1/ Immer mehr Menschen pendeln. Das gilt auch für die stark wachsende Region Frankfurt/Rhein-Main. Die meisten der etwa 400.000 Pendler*innen nutzen für den Weg zur ihrer Arbeit oder Ausbildung das Auto. Das bedeutet: Tägliche Rushhour, Belastungen für Gesundheit, Umwelt und Anwohnende. Geht es auch nachhaltiger? Das haben Wissenschaftler*innen des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung in einem regionalen Mobilitätsexperiment untersucht. Erste Ergebnisse aus dem „PendelLabor“ und Erfahrungen der Teilnehmenden werden am 22. Februar in einer Online-Veranstaltung der Reihe Frankfurter Bürger-Universität vorgestellt und diskutiert. Seit Juli 2022 nehmen Pendler*innen in der Region Frankfurt/Rhein-Main an einem Mobilitätsexperiment teil, bei dem sie – im Dienst der Wissenschaft – neue Pendelpraktiken auf ihrem Arbeits- oder Ausbildungsweg ausprobieren. Im Zuge dieses Experiments in Kooperation mit den Landkreisen Groß-Gerau und Hochtaunuskreis will ein Forschungsteam des ISOE herausfinden, wie Pendeln nachhaltiger werden und damit einen Beitrag zur Mobilitätswende leisten kann.

„Um geeignete Maßnahmen für eine nachhaltige Pendelmobilität zu entwickeln, ist es wichtig, dass wir die vielfältigen Gründe, Bedarfe und Optionen der Betroffenen kennen,“ sagt Mobilitätsexperte Luca Nitschke, der das Forschungsprojekt „PendelLabor“ leitet. Zwar seien die individuellen und gesellschaftlichen Folgen einer hohen Pendelaktivität für Gesundheit, Lebensqualität und Umwelt hinreichend bekannt. Aber die Gründe, die zu einem hohen Pendelaufkommen führen, seien komplex und eng mit der Alltagsorganisation verknüpft. „Eine nachhaltige Lösung für alle gibt es nicht, deshalb schauen wir uns im Mobilitätsexperiment individuelle Konstellationen genauer an.“

Pendeln verstehen – Weichen für nachhaltige Stadt-Umland-Mobilität stellen

Das ISOE-Forschungsteam will wissen: Welche Hürden bestehen für Pendler*innen, wenn es darum geht, das Auto stehenzulassen und auf den öffentlichen Personennahverkehr umzusteigen? Welche Chancen bieten neue Angebote wie Lastenräder und E-Bikes? „Es geht auch um die Frage, wie viel individuelles Engagement notwendig und möglich ist, um den Weg zwischen Arbeitswelt und Alltag möglichst verträglich zu gestalten. Und darum, welche Rolle dabei Arbeitgeber oder Kommunen spielen, welche Weichen sie stellen können“, sagt Nitschke.

Bei der Online-Diskussion am 22. Februar 2023 wird aus Sicht der Teilnehmenden, der Wissenschaftler*innen und der Praxisakteure über das Mobilitätsexperiment berichtet. Wissenschaftsjournalist Stephan Hübner moderiert die Diskussionsveranstaltung.

Neue Wege in die Stadt: Wie Pendeln nachhaltiger werden kann

Podiumsgespräch mit: Dr. Luca Nitschke (ISOE), Heike Mühlhans (ivm GmbH – Integriertes Verkehrs- und Mobilitätsmanagement Region Frankfurt RheinMain), Lisa Meier-Ebert (Mobilitätsbeauftragte Hochtaunuskreis) sowie ein*e Teilnehmer*in des Mobilitätsexperiments

Moderation: Stephan Hübner, Hessischer Rundfunk

Datum und Uhrzeit: 22. Februar 2023, 18.30–20.00 Uhr (online)

Ansprechpartnerin: Dr. Nicola Schuldt-Baumgart, 

Veranstalter: ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung im Rahmen der Frankfurter Bürger-Universitä

Aufzeichung der Veranstaltung: https://vimeo.com/isoevideos/pendeln

Wissenschaftlicher Ansprechpartner:

Dr. Luca Nitschke
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news-648 Thu, 02 Feb 2023 12:16:00 +0100 Veranstaltung mit Neujahrsempfang in der Reihe Zukunftsforum Ecornet - Perspektiven der Nachhaltigkeitsforschung https://www.isoe.de/news/perspektiven-der-nachhaltigkeitsforschung-1/ Zwischen Handlungsdruck und Zukunftsorientierung: Vor welchen Aufgaben steht die Nachhaltigkeitsforschung? Dieser Frage widmete sich eine Veranstaltung der Reihe Zukunftsforum Ecornet am 24. Januar 2023 in Berlin, bei der auch Flurina Schneider, wissenschaftliche Geschäftsführerin des ISOE, vertreten war. Moderiert wurde das Zukunftsforum von Wissenschaftsjournalist Jan-Martin Wiarda. Die rund 100 Gäste vor Ort und im Livestream sahen zunächst eine vielseitige Podiumsdiskussion. Im Anschluss lud das Ecornet-Netzwerk zum Neujahrsempfang ein. Aktuelle Krisen erhöhen den Druck auf die Politik. Die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine haben gezeigt, dass in Krisenzeiten schnelles Handeln und kurzfristige Entscheidungen notwendig sind. Gleichzeitig bleiben langfristige Herausforderungen wie der Klimawandel bestehen. Auch die Wissenschaft findet sich zunehmend in diesem Spannungsfeld wieder. Mehr denn je ist sie gefordert, schnelle Ergebnisse zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beizutragen.

Doch die Probleme und ihre Lösungen werden immer komplexer, die Berücksichtigung von Langzeitperspektiven immer wichtiger. Gleichzeitig gilt es, neue Wissensbestände und innovative Potenziale aus der Zivilgesellschaft in die Forschung zu integrieren. Was sind vor diesem Hintergrund der Auftrag und die Perspektiven für die Nachhaltigkeitsforschung in den kommenden Jahren? Diese Frage wurden in der elften Folge der Veranstaltungsreihe Zukunftsforum Ecornet mit Gästen aus Politik und Zivilgesellschaft diskutiert.

Nachhaltigkeitsforschung muss größeren Stellenwert erhalten

Für Kai Gehring, Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, besteht eine aktuelle Aufgabe der Politik darin, der Nachhaltigkeitsforschung einen größeren Stellenwert zu verschaffen. In Zeiten multipler Krisen sei es dringend notwendig, dass die Nachhaltigkeitsforschung transformatives Wissen zur Verfügung stellt. Dies versetze die Politik besser in die Lage, den großen gesellschaftlichen und globalen Herausforderungen zu begegnen. Dazu habe auch die Forschung in den Rahmenprogrammen Forschung für Nachhaltige Entwicklung (FONA) und Sozial-ökologische Forschung (SÖF) beigetragen.

Die Zivilgesellschaft an der Lösung gesellschaftlicher Probleme stärker zu beteiligen, ist auch ein Anliegen von Steffi Ober vom Naturschutzbund Deutschland (NABU). Durch eine bessere Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteur*innen in Forschungsprozesse könnten sowohl in der Bevölkerung als auch in der Wissenschaft Kompetenzen aufgebaut und gegenseitig Vertrauen gewonnen werden. Hilfreich dafür wäre eine institutionalisierte Schnittstelle, wie sie etwa die acatech im Bereich zwischen Wirtschaft und Wissenschaft darstellt. Hierfür fehle es bislang aber an Ressourcen und Kapazitäten.

Nachhaltigkeitsforschung stärken – Zivilgesellschaft beteiligen

Flurina Schneider, wissenschaftliche Geschäftsführerin des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung, fragte, ob die herkömmlichen Rezepte der Wissenschaft noch die richtigen seien. „Mehr denn je braucht es heute trans- und interdisziplinäre Forschung, die der Komplexität der Probleme gerecht wird und die Kooperation und Gestaltung mit vielfältigen Akteuren vor Ort vorantreibt“, betonte sie. Die transdisziplinäre Forschung müsse sich aber auch weiterentwickeln, um auf die Geschwindigkeit und Beschleunigung der Krisen zeitnah reagieren zu können. 

Systemische Langzeitforschung einerseits und akuter Gestaltungsdruck andererseits – auch innerhalb von Ecornet bilden die unterschiedlichen Institute dieses Miteinander ab. „Es geht nicht um Entweder-Oder – es braucht eine Gleichzeitigkeit von Forschen und Gestalten“, so Thomas Korbun, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und Ko-Sprecher von Ecornet. Die Politik müsse diese Gleichzeitigkeit aushalten können und entsprechend fördern. Trotz vielfacher Erfolge in den vergangenen Jahrzehnten sieht Thomas Korbun wichtige Entwicklungsaufgaben für die Nachhaltigkeitsforschung und die Forschungspolitik. So müsse unter anderem das „Wie“ von sozial-ökologischen Transformationsprozessen noch viel besser erforscht werden. Diese und weitere Thesen hatte das Ecornet vor der Veranstaltung in einem Thesenpapier veröffentlicht, auf das während des Podiumsgesprächs vielfach Bezug genommen wurde.

Die Zukunftsstrategie hat noch Potenziale

Wie kann die Forschungspolitik die Nachhaltigkeitsforschung zukunftsorientierter fördern? Hoffnung mache die vom Bundesforschungsministerium veröffentlichte Zukunftsstrategie Forschung und Innovation. Der Strategie fehle bislang aber eine Vision von Zukunft, sagte Thomas Korbun. Eine auf Zukunft ausgerichtete Strategie müsse die sozial-ökologische Transformation unterstützen. Dafür brauche es auch ein neues Innovationsverständnis. Nicht jede Innovation dürfe per se positiv bewertet werden. Flurina Schneider ergänzte: Der klassische Innovationspfad von Forschung über Transfer in die Anwendung funktioniere nicht immer bei technischen und erst recht nicht für soziale Innovationen. Letztere würden auch in der Gesellschaft mitentwickelt. Die in der Strategie verankerten Mechanismen seien jedoch nicht ausreichend, um diesen Konzepten zum Durchbruch zu verhelfen.

Gegenüber der vormaligen Hightech-Strategie sieht Kai Gehring in der Zukunftsstrategie einen Fortschritt. Für die Förderung sozialer Innovationen und zivilgesellschaftlicher Beteiligung sei sie ein geeignetes Gerüst, beispielsweise durch die vorgesehenen Missionsteams. Nun müssten auch entsprechende Nachhaltigkeitsforschungsprogramme weiterentwickelt werden, um transformatives Wissen zu generieren. Steffi Ober zufolge fehle der Zukunftsstrategie jedoch eine Indikatorik, die ihre Erfolge nicht nur anhand von quantitativen Faktoren wie Produkten und Patenten bewertet. Das sei eng mit der Frage verbunden, wie der Erfolg einer sozial-ökologischen Transformation überhaupt gemessen werden kann.

Wo hört Wissenschaft auf, wo fängt Politik an?

Angeregt durch eine Frage aus dem Publikum sprachen die Podiumsgäste anschließend über die Rollenverteilung von Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft. Kai Gehring betonte, dass die Corona-Pandemie den Diskurs zu dieser Frage gestärkt habe. Eine Trennung dieser Sphären sei laut Flurina Schneider wichtig, aber nur bis zu einem bestimmten Grad. Genauso wichtig sei es an der Schnittstelle zusammenzukommen, um die Kommunikation miteinander zu verbessern und gemeinsam in die Gestaltung zu gehen. Dieser Mitgestaltungsanspruch, der nicht mit politischen Entscheidungen oder gesellschaftlichen Praktiken verwechselt werden dürfe, zeichne die Ecornet-Institute seit jeher aus.

Die Podiumsgäste waren sich einig, dass es neue Förderformate für die transformative und transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung brauche. Diese müssten auch die Themen Frieden und soziale Gerechtigkeit stärker in den Blick nehmen, da sie eng mit globaler Nachhaltigkeit verbunden seien. Auch wenn Politik, Gesellschaft und Wirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten bei der Transformation behäbig waren, appellierte Kai Gehring an die Wissenschaft, zuversichtlich zu sein. So resümierte Jan-Martin Wiarda zum Abschluss der Veranstaltung, dass das Ende der Wissenschaft noch nicht gekommen sei. Aber es brauche eine neue Bestimmung, was der Auftrag der Nachhaltigkeitsforschung für die Zukunft ist.

Ecornet-Thesen – Auftrag und Perspektiven der Nachhaltigkeitsforschung (PDF, 112 KB)

Link zur Aufzeichnung des Zukunftsforum Ecornet vom 24. Januar 2023 (YouTube)


Über das Ecornet

Das Ecornet ist ein Netzwerk von acht unabhängigen, gemeinnützigen Instituten der Umwelt- und Nachhaltigkeitsforschung in Deutschland. Ihre gemeinsame Mission: den gesellschaftlichen Wandel in Richtung Nachhaltigkeit mitzugestalten und wissenschaftlich zu fundieren. Seit ihrer Gründung haben sich die Ecornet-Institute darauf spezialisiert, komplexe Probleme praxisnah und über die Grenzen der wissenschaftlichen Disziplinen hinweg zu bearbeiten. Sie haben sich zum Ecornet zusammengeschlossen, um ihre Kompetenzen zu erweitern und auch gebündelt in die Forschungslandschaft einzubringen. Mitglieder des Ecornets sind:

Ansprechpartner

Roy Schwichtenberg
Ecornet-Geschäftsstelle Berlin
Tel. 030 884594 24

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news-646 Tue, 31 Jan 2023 13:24:00 +0100 Neuerscheinung - Vom Leben mit Kunststoffen im „Plastikzeitalter“ https://www.isoe.de/news/vom-leben-mit-kunststoffen-im-plastikzeitalter/ Seit ihrer Erfindung im 19. Jahrhundert haben Kunststoffe aufgrund vielseitiger Eigenschaften nahezu alle Bereiche des täglichen Lebens revolutioniert. Doch im „Plastikzeitalter“ stellt der Massenkonsum Gesellschaft und Natur vor weitreichende Probleme. Für nachhaltige Lösungen müssen Plastik und seine Risiken umfassend verstanden werden, von der Herstellung über den Konsum bis zur Entsorgung. Johanna Kramm und Carolin Völker vom ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung betrachten die komplexe Problematik im Umgang mit Kunststoffen und mögliche Lösungsansätze in dem von ihnen herausgegebenen Sammelband „Living in the Plastic Age“ deshalb aus verschiedenen disziplinären Perspektiven. Die vielfältigen Probleme, die die Herstellung und der Konsum von Kunststoffen mit sich bringen, hat die Vereinten Nationen im Mai 2022 zu einer Resolution veranlasst, die ein rechtsverbindliches Abkommen zur „Beendigung der Plastikverschmutzung“ bis Ende 2024 vorsieht. „Die UNEA-Plastikresolution zeigt, dass endlich weltweit anerkannt wird, dass die Kunststoffwirtschaft grundlegend umgestaltet werden muss, um eine nachhaltigere Nutzung zu ermöglichen“, sagt ISOE-Forscherin Johanna Kramm. Doch das erfordere nicht nur Maßnahmen, die verhindern, dass Plastikabfälle in die Umwelt gelangen. „Es geht um einen grundlegenden Wandel der linearen Plastikproduktion hin zu mehr Kreislaufwirtschaft und Suffizienz“, sagt Kramm.

Dieser Wandel ist eine komplexe Herausforderung, denn er betrifft die Produktion von Plastik und Bioplastik ebenso wie den globalen Verbrauch und nachhaltige Konsumgewohnheiten. „Die notwendigen Transformationen im Umgang mit Plastik erfordern die Zusammenarbeit von Wissenschaft und gesellschaftlichen Akteuren auf allen Ebenen“, sagt ISOE-Forscherin Carolin Völker. Dieser Gedanke liegt auch dem im Campus Verlag erschienenen Sammelband „Living in the Plastic Age“ zugrunde. „Kunststoffe durchdringen heute alle gesellschaftlichen Bereiche, belasten Ökosysteme und Natur. Deshalb müssen die Probleme damit aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden“, schreiben die Wissenschaftlerinnen im Vorwort zu dem englischsprachigen Kompendium, das Forschungsergebnisse aus verschiedenen Disziplinen zusammenträgt.

Interdisziplinäre Forschungsergebnisse in einem Sammelband 

 „Living in the Plastic Age“ umfasst Problembeschreibungen aus Politik- und Umweltwissenschaften, Psychologie, Soziologie, Ökotoxikologie, Umwelt- und Technikwissenschaften und unterschiedliche Fragestellungen: Wie ist die europäische Kunststoffstrategie zu bewerten, welche öffentlichen Diskurse löst sie aus? Wie gelingt eine Kreislaufwirtschaft zur Müllvermeidung und welche Herausforderungen stellen Chemikalien in Kunststoffverpackungen dabei dar? Sind Verhaltensveränderungen Teil einer nachhaltigen Lösung im Umgang mit Plastik? Und wie passen die gesellschaftliche Risikowahrnehmung von Mikroplastik mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu den Risiken zusammen?

Der Sammelband bietet einer breiten Leserschaft unterschiedliche Ansätze und Perspektiven auf Kunststoffe und knüpft damit an eine Vortragsreihe an, die die Herausgeberinnen im Sommersemester 2019 an der Goethe-Universität Frankfurt mit internationalen Referent*innen aus den Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften organisiert haben. Die Humangeografin Johanna Kramm und die Ökotoxikologin Carolin Völker leiteten von 2016 bis 2021 die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Forschungsgruppe PlastX, die sich einen inter- und transdisziplinären Zugang zum Thema Plastik in der Umwelt als systemischem Risiko und ein breites Netzwerk von Plastikforschenden erarbeitet hat.

Living in the Plastic Age. Perspectives from Humanities, Social Sciences and Environmental Sciences ist als Buch erhältlich und steht digital als Open-Access-Publikation zur Verfügung. Rezensionsexemplare für Journalist*innen können unter Angabe des Mediums beim Verlag per E-Mail angefordert werden. Ansprechpartnerin: Inga Hoffmann,  
 


Kramm, Johanna/Carolin Völker (Hg.) (2023): Living in the Plastic Age. Perspectives from Humanities, Social Sciences and Environmental Sciences. Frankfurt/New York: Campus Verlag

Introduction: Living in the Plastic Age
Johanna Kramm, Carolin Völker

Explaining Agenda-Setting of the European Plastics Strategy. A Multiple Streams Analysis
Paula Florides, Johanna Kramm

Microplastics in the Aquatic Environment
Maren Heß, Carolin Völker, Nicole Brennholt, Pia Maria Herrling, Henner Hollert, Natascha Ivleva, Jutta Kerpen, Christian Laforsch, Martin Löder, Sabrina Schiwy, Markus Schmitz, Stephan Wagner, Thorsten Hüffer

Risk Perception: The Case of Microplastics. A Discussion of Environmental Risk Perception Focused on the Microplastic Issue
Marcos Felipe-Rodriguez, Gisela Böhm, Rouven Doran

Everyday Life with Plastics: How to Put Environmental Concern into Practice(s)
Immanuel Stieß, Luca Raschewski, Georg Sunderer

Using Citizen Science to Understand Plastic Pollution: Implications for Science and Participants
Marine Isabel Severin, Alexander Hooyberg, Gert Everaert, Ana Isabel Catarino

Behavior Change as Part of the Solution for Plastic Pollution
Maja Grünzner, Sabine Pahl

Chemicals in Plastics: Risk Assessment, Human Health Consequences, and Regulation
Jane Muncke, Lisa Zimmermann

Circularity in the Plastic Age: Policymaking and Industry Action in the European Union
Sandra Eckert

Plastivores and the Persistence of Synthetic Futures
Kim De Wolff


Wissenschaftliche Ansprechpartnerinnen:

Dr. Johanna Kramm
Tel. +49 69 707 6919-16
kramm(at)isoe.de  

PD Dr. Carolin Völker
Tel. +49 69 707 6919-59
voelker(at)isoe.de

Pressekontakt:

Melanie Neugart
Tel. +49 69 707 6919-51
neugart(at)isoe.de
www.isoe.de

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Pressemitteilung
news-636 Thu, 26 Jan 2023 13:19:00 +0100 ISOE-Lecture mit Karen O’Brien an der Goethe-Universität Frankfurt - Quantentheorie in der Nachhaltigkeitsforschung https://www.isoe.de/news/quantentheorie-in-der-nachhaltigkeitsforschung/ Die zahlreichen globalen Umweltkrisen unserer Zeit verlangen nach einem tiefgreifenden Wandel. Aber wie können wir diesen Wandel in dem Tempo, in dem Umfang und in der Tiefe vollziehen, wie es erforderlich ist? Wie können die notwendigen Transformationen gerecht und nachhaltig gestaltet werden? Karen O’Brien, international anerkannte Expertin für Klimawandel und Gesellschaft, ging diesen Fragen in der ISOE-Lecture mit einer sozialwissenschaftlichen Perspektive der Quantentheorie nach. Ihre Lesung „Quantum Social Change for a Thriving World: You Matter More than You Think” fand am 2. Februar 2023 um 18 Uhr an der Goethe-Universität Frankfurt statt. Die Aufzeichnung der Veranstaltung ist jetzt als Video verfügbar. Das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung in Frankfurt am Main hat seine „ISOE-Lecture“ im Wintersemester 2022/23 fortgesetzt. Erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie fand die Veranstaltungsreihe, die sich seit 2012 aktuellen Fragen der Nachhaltigkeitsforschung widmet, wieder in Präsenz an der Goethe-Universität Frankfurt statt. Gastrednerin war die renommierte Wissenschaftlerin Karen O’Brien von der Universität Oslo. In ihrem Vortrag in englischer Sprache zeigte sie, wie Gesellschaften auf globale Herausforderungen wie den Klimawandel reagieren und Transformationen erfolgreich gestalten können. 

Dafür griff die Professorin für Soziologie und Humangeografie auf Metaphern, Methoden und Bedeutungen der Quantenphysik zurück und konzentrierte sich auf die Beziehung zwischen individuellem Wandel, kollektivem Wandel und Systemwandel. Indem Karen O’Brien sich gleichzeitig mit den praktischen, politischen und persönlichen Aspekten der Transformation befasste, regte sie zum Nachdenken darüber an, wie jede*r von uns ein Quantum sozial-ökologischen Wandels herbeiführen kann und warum dies mehr bewirkt, als viele denken.

Karen O’Brien beschäftigt sich an der Universität Oslo mit Auswirkungen des Klimawandels und Zusammenhängen mit Globalisierungsprozessen. Dabei interessiert sie sich vor allem für die Bedeutung transdisziplinärer und integrierter Ansätze. Wie können diese zur Erforschung des globalen Wandels beitragen und zugleich zu einem besseren Verständnis von der Art und Weise führen, wie Gesellschaften Veränderungen hervorrufen? Karen O’Brien war maßgeblich an der Arbeit des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) und der Global Change Programme sowie am Übergang zu Future Earth, einer auf zehn Jahre angelegten Forschungsinitiative zum globalen Wandel, beteiligt. 

Quantum Social Change for a Thriving World: You Matter More than You Think

Karen O’Brien
Professorin für Soziologie und Humangeografie an der University of Oslo, Norwegen

Datum und Uhrzeit: 2. Februar 2023, 18:00 – 19:30 Uhr 
Ort: Goethe-Universität Frankfurt am Main, Campus Westend, Casino Raum 1.811
Veranstalter: ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung in Kooperation mit dem Schwerpunkt Industrie- und Organisationssoziologie, Umweltsoziologie, FB 03, Goethe-Universität
Mitdiskutieren: #ISOE_Lecture
Hinweis: Der Vortrag findet in englischer Sprache statt. 
Aufzeichnung der Veranstaltung unter folgendem Link.

Über die ISOE-Lecture

Die jeweils im Wintersemester stattfindende Veranstaltungsreihe des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung widmet sich aktuellen Fragen der Nachhaltigkeitsforschung sowie konkreten Beispielen aus Wissenschaft und Forschung. Die Reihe möchte insbesondere Studierenden und jungen Wissenschaftler*innen, aber auch der interessierten Öffentlichkeit, Denkanstöße geben, wie Übergänge in eine nachhaltige Entwicklung gelingen können und welche Rolle der Hochschule und der Wissenschaft dabei zukommt. Mehr Informationen zur ISOE-Lecture.

Wissenschaftliche Ansprechpartnerin:

PD Dr. Diana Hummel
Tel. +49 69 707 6919-33
 
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Pressekontakt:

Melanie Neugart
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Pressemitteilung
news-634 Wed, 07 Dec 2022 16:59:01 +0100 Biodiversitätsforschung - DINA-Studie weist Verlust der Insektenvielfalt in Naturschutzgebieten durch umliegende Ackerflächen nach https://www.isoe.de/news/dina-studie-weist-verlust-der-insektenvielfalt-in-naturschutzgebieten-durch-umliegende-ackerflaechen/ Das Insektensterben schreitet auch in deutschen Naturschutzgebieten voran. Ein Grund dafür ist die Intensivierung der Landwirtschaft. In einer Studie, die jetzt in der Zeitschrift „Biodiversity and Conservation“ erschienen ist, zeigt ein Autorenteam um die Biodiversitätsforscher Florian Dirk Schneider vom ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung und Sebastian Köthe vom NABU – Naturschutzbund Deutschland, dass auch außerhalb von Schutzgebieten gelegene Ackerflächen einen negativen Einfluss auf die Insektenvielfalt in den Schutzzonen haben können. Für einen wirksamen Insektenschutz empfehlen die Autor*innen den lokalen Dialog zwischen Naturschutz und Landwirtschaft. Deutschland hat sich zum Schutz der Biodiversität verpflichtet. Um den Rückgang der biologischen Vielfalt zu stoppen und den Trend umzukehren, sind auch in den Naturschutzgebieten große Anstrengungen nötig: Studien zeigen, dass die Insektenbiomasse in Naturschutzgebieten seit den 1990er-Jahren um 75 Prozent gesunken ist. Für Biodiversitätsexpert*innen liegt der Zusammenhang zwischen landwirtschaftlicher Flächennutzung und Rückgang der Insektenbiomasse in den Schutzgebieten länger schon auf der Hand. Ein Forschungsteam hat nun erstmals bundesweit den Zusammenhang zwischen Insektenvielfalt und landwirtschaftlicher Aktivität in den Grenzbereichen zwischen Naturschutzgebieten und Ackerflächen untersucht. Dafür wurde im Forschungsprojekt „DINA – Diversität von Insekten in Naturschutz-Arealen“ an 21 repräsentativen Beobachtungsstandorten eine bisher einzigartige Erhebung von Daten zur Biodiversität und möglichen Schadursachen durchgeführt. Neben der Erfassung von Pflanzenvielfalt und Insektendiversität durch neuartige DNA-Analysen wurden auch Daten zu Landnutzung und Pestizidbelastung von Böden und Insekten erhoben.

Eine erste Auswertung des Datensatzes ist jetzt in der Fachzeitschrift „Biodiversity and Conservation“ erschienen. „Mit den neuen Daten können wir erstmals zeigen, dass landwirtschaftliche Aktivität im Umfeld von Naturschutzgebieten die Insektenvielfalt in Schutzgebieten negativ beeinflusst“, sagt ISOE-Forscher Florian Dirk Schneider. „Wir haben gesehen, dass es im Hinblick auf das weitere Umfeld der Schutzgebiete eine Korrelation zwischen einem hohen Anteil an Ackerflächen und niedriger Insektenvielfalt gibt“, sagt NABU-Experte Sebastian Köthe. Auch die Anzahl von Pflanzenschutzmitteln, mit denen Insekten in Kontakt kommen, sei abhängig vom Agrarflächenanteil. Die naturwissenschaftliche Analyse der Daten hat zudem gezeigt: „Selbst große Naturschutzflächen im Umfeld eines Beobachtungsstandorts können die negativen Einflüsse der landwirtschaftlichen Flächen nicht kompensieren“.

Enge Zusammenarbeit von Wissenschaft, Naturschutz und Landwirtschaft notwendig

Wie aber könnten Lösungen aussehen? „In den deutschen Naturschutzgebieten finden wir sehr unterschiedliche Situationen vor. Lösungen können deshalb nicht pauschal verordnet werden“, sagt Schneider. In Dialogreihen, die das ISOE mit Landwirt*innen und Naturschutzverantwortlichen durchgeführt hat, wurde deutlich: Die Vermittlung wissenschaftlicher Daten zum Zustand der Biodiversität und zu möglichen Schadursachen führt noch nicht automatisch zum Handeln für den Insektenschutz. Die Realisierung von Maßnahmen scheitere oft an unterschiedlichen Hürden. Zum einen würden die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Fördermöglichkeiten von den beteiligten Akteuren in der Praxis als unzureichend oder gar hinderlich empfunden. Zum anderen ließe sich aus den bundesweit erhobenen Datensätzen nicht immer erkennen, wie es tatsächlich um lokale Populationen und Schadstoffbelastungen steht. Das erschwere die Entscheidung für Insektenschutzmaßnahmen in Landwirtschaft und Naturschutz. 

„Wir sehen einen tiefergehenden Wissensbedarf bei allen Beteiligten über Ursachen und Zusammenhänge, etwa zur tatsächlichen Schädigung von Insekten im eigenen Schutzgebiet durch Pestizide oder andere Ursachen, auch außerhalb der Landwirtschaft, bis hin zur Frage, welche konkreten Maßnahmen tatsächlich wirksam für den Insektenschutz sind“, berichtet Schneider. Für die Autor*innen der Studie ist deshalb klar: Die Erhebung von ortsbezogenen Daten zur Insektendiversität ist für einen erfolgreichen Insektenschutz von ebenso großer Bedeutung wie die kooperative Ausgestaltung der Schutzmaßnahmen mit allen Interessengruppen. Die enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Landwirtschaft und Naturschutz müsse schon bei der Interpretation der Daten beginnen. „Wo die Akteure aus Landwirtschaft und Naturschutz direkt vor Ort konstruktiv miteinander ins Gespräch kommen, entsteht auch eine Bereitschaft für ein an gemeinsamen Zielen orientiertes Handeln und eine Entschlossenheit, die Insektenvielfalt im Schutzgebiet zu fördern“, sagt Schneider.

Über die Studie 

Die Studie „Improving insect conservation management through insect monitoring and stakeholder involvement“ ist in der Zeitschrift Biodiversity und Conservation erschienen und im Zuge des Forschungsprojektes „DINA – Diversität von Insekten in Naturschutz-Arealen“ entstanden. In dem transdisziplinären Forschungsprojekt, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird, arbeiten seit 2019 neun Partnerinstitute unter der Leitung des NABU zur Insektenvielfalt in Naturschutzgebieten. An repräsentativen Standorten wurden Fluginsekten mittels Malaisefallen durch den Entomologischen Verein Krefeld und Ehrenamtliche des NABU erfasst und dokumentiert. Die Auswertung mit modernen molekularen Methoden der Artbestimmung über DNA-Analysen (Metabarcoding) erfolgte durch das Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels in Bonn, Vegetationsanalysen durch die Universität Kassel, Spurenstoffanalytik durch die Universität Koblenz-Landau. Das IÖR (Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung) analysierte Geodaten rund um die Untersuchungsstandorte. Die sozialwissenschaftlichen Analysen wurden vom IZNE der Hochschule Bonn Rhein-Sieg vorgenommen. Das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung führte Dialogworkshops in drei Naturschutzgebieten in Deutschland durch.

Weitere Informationen unter www.dina-insektenforschung.de 

Bibliografische Daten der Studie:

Köthe, S., Schneider, F.D., Bakanov, N. et al. Improving insect conservation management through insect monitoring and stakeholder involvement. Biodivers Conserv (2022). doi.org/10.1007/s10531-022-02519-1   

Zur Pressemitteilung des NABU 

https://www.nabu.de/modules/presseservice/index.php?popup=true&db=presseservice&show=36342

Download Pressefoto: 

DINA_Riedensee_001.jpg

Bei Verwendung des Pressefotos bitte die Quelle kennzeichnen: NABU/Sebastian Hennigs
Bildbeschreibung: Mitglieder des NABU Regionalverbandes „Mittleres Mecklenburg“ e.V.  bei der Datenerhebung am DINA-Standort Riedensee  

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Florian Dirk Schneider
Biodiversitätsforscher ISOE
Tel. +49 (0)69 707 6919-71
 

Dr. Sebastian Köthe
Data Scientist NABU
Tel.: +49 (0)172 160 7894
  

Pressekontakt:
Melanie Neugart
Tel. +49 69 707 6919-51
 

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Pressemitteilung
news-633 Wed, 07 Dec 2022 12:45:27 +0100 UN-Biodiversitätskonferenz in Montreal - ISOE-Forschende unterstützen „Frankfurter Erklärung zum Weltnaturgipfel 2022“ https://www.isoe.de/news/isoe-forschende-unterstuetzen-frankfurter-erklaerung-zum-weltnaturgipfel-2022/ Ein breites Bündnis deutscher Wissenschafts- und Nichtregierungsorganisationen hat im Vorfeld der UN-Biodiversitätskonferenz in Montreal dazu aufgerufen, das Wirtschaften gegen die Natur zu beenden. Forscherinnen und Forscher des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung unterstützen diese und weitere Forderungen, die Ende November in der „Frankfurter Erklärung“ veröffentlicht wurden. Das Positionspapier macht zugleich konkrete Vorschläge, um eine naturverträgliche Wirtschaft zum Standard zu machen und damit die „Zwillingskrise“ aus Biodiversitätsverlust und Klimawandel zu entschärfen. Bei der UN-Biodiversitätskonferenz treffen sich vom 7. bis 19. Dezember Vertreter*innen der Vertragsstaaten des internationalen Umweltabkommens CBD (Convention on Biological Diversity – Konferenz zur Biodiversität) im kanadischen Montreal zu ihrer COP (Conference of The Parties). Die Hoffnung auf einen „Paris-Moment" sei groß, gab die Chefin der UN-Biodiversitätskonvention Elizabeth Maruma Mrema unlängst bekannt. Gemeint ist ein richtungsweisendes Abkommen für den Artenschutz, das global verbindlich wird. Die Zeit dafür drängt, denn der Verlust der Biodiversität schreitet ungebremst fort. 

In der „Frankfurter Erklärung“ haben nun Wissenschaftler*innen und Vertreter*innen von Nichtregierungsorganisationen einen grundlegenden Wandel im Wirtschaftssystem zum Schutz der Artenvielfalt gefordert. Denn bislang nehme das aktuelle Wirtschaftsmodell die Leistungen der Natur unbezahlt in Anspruch – die Natur stellt Nahrung und Rohstoffe, reguliert das Klima, Stoffkreisläufe sowie Erosion und bietet Raum für Erholung und Bildung. Der volkswirtschaftliche Gesamtwert dieser Leistungen wird auf eine Größenordnung von bis zu 190 Billionen US-Dollar pro Jahr geschätzt. Doch der Preis ist weitaus höher, denn es kommt zu Übernutzung und Vernichtung der natürlichen Ressourcen und somit der wichtigsten Lebensgrundlagen überhaupt. 

Mit verantwortlichem Unternehmenshandeln gegen Biodiversitätsverlust

Die Initiatoren und Unterzeichner*innen der „Frankfurter Erklärung“, zu denen auch Forschende des ISOE gehören, rufen deshalb zum Schulterschluss von Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit auf. Ziel ist eine Neubewertung der Leistungen der Natur und ein Umdenken hin zu einem naturverträglichen Unternehmenshandeln. Deutschland wird als viertgrößte Wirtschaftsnation der Welt und enormem „Biodiversitäts-Fußabdruck“ dabei als Vorreiter gesehen, um globale Wertschöpfungsketten neu zu organisieren und umweltschädliche Subventionen abzubauen. Das Bündnis erwartet ein verpflichtendes Biodiversitäts-Reporting von Unternehmen als ein konkretes Ergebnis der Konferenz. Die Politik müsse sicherstellen, dass Unternehmen und Finanzinstitutionen ihre Biodiversitäts-Auswirkungen und -Abhängigkeiten messen um entgegensteuern zu können. 

Die „Frankfurter Erklärung“ liefert zudem Vorschläge für veränderte Wettbewerbsbedingungen, Anreize und Sicherheiten, die etwa „Greenwashing“ verhindern, und für entwaldungsfreie Lieferketten und schlägt die Aufnahme des Themas Biodiversität in die Innovationsagenda der Bundesregierung vor. Zahlreiche ISOE-Forschende haben sich der Erklärung angeschlossen, die auf Initiative der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt, des Museums für Naturkunde Berlin und weiteren Einrichtungen entstanden ist. Das ISOE forscht im Schwerpunkt „Biodiversität und Bevölkerung“ an neuen Konzepten zur Bewertung und zum Schutz von Biodiversität. Mit seiner sozial-ökologischen Biodiversitätsforschung stellt sich das ISOE Fragen nach den gesellschaftlichen Prozessen, etwa dem demografischen Wandel oder veränderten Lebensstilen, die die Inanspruchnahme von Ökosystemleistungen sowie die Wahrnehmung und Bewertung von Biodiversität beeinflussen.

Zur „Frankfurter Erklärung“

www.frankfurter-erklaerung.eu 

Mehr über die sozial-ökologische Biodiversitätsforschung des ISOE 

www.isoe.de/forschung/forschungsschwerpunkte/fsp/biodiversitaet-und-bevoelkerung 

Wissenschaftliche Ansprechpartnerin:

Dr. Marion Mehring
Tel. +49 69 707 6919-39
 
www.isoe.de  

Pressekontakt:

Melanie Neugart
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news-631 Wed, 30 Nov 2022 14:25:47 +0100 Weltbodentag am 5. Dezember - Afrikanische Savannen: sozial-ökologische Forschung zum Schutz von Böden https://www.isoe.de/news/afrikanische-savannen-sozial-oekologische-forschung-zum-schutz-von-boeden/ Savannen sind unterschätzte und gefährdete Ökosysteme. Diese Trockengebiete nehmen fast die Hälfte der Landoberfläche ein und leisten einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt. Doch durch den Klimawandel und nicht nachhaltige Landnutzung sind schon bis zu 20 Prozent dieser Ökosysteme weltweit nicht mehr intakt. Am Beispiel Namibias untersuchen Forscher*innen des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung, wie ein nachhaltiges Beweidungsmanagement die voranschreitende Degradierung der Böden verhindern kann. Namibia ist das trockenste Land in Afrika südlich der Sahara und steht beispielhaft für die Verluste an savannentypischer Graslandschaft. Extreme Dürren, Bevölkerungswachstum, Urbanisierugngsprozesse und landwirtschaftliche Nutzung setzen den Böden zu. Wissenchaftler*innen sprechen von Übernutzung, wenn die Böden durch landwirtschaftliche Bewirtschaftung so stark strapaziert werden, dass sie unfruchtbar zu werden drohen.

Untersuchungen im Forschungsprojekt „NamTip“, an denen auch das ISOE beteilt ist, zeigen: Zentrale Ursache für die sogenannte Degradierung der Böden ist die Übernutzung. Sie führt nachweislich zu einer Verschlechterung und Ausdünnung der Graslandschaft. Für die Weidewirtschaft notwendige, höherwertige und mehrjährige Gräser werden dabei durch minderwertige, einjährige Gräser abgelöst. Neue Gräser wachsen nicht nach, weil sich auch das Reservoir an Samen zunehmend erschöpft. Bleibt dann der blanke Boden zurück, wird ein Kipppunkt erreicht, an dem die Verwüstung einsetzt. Dieser Prozess der „Desertifikation“ ist kaum noch umkehrbar. Unter bestimmten Bedingungen kann Übernutzung und die Verminderung der Grasvegetation auch mit einer stärkeren Verbuschung verbunden sein, die die Farmer ebenfalls vor große Herausforderungen stellt.

Besitzverhältnisse in Trockengebieten beeinflussen die Flächenproduktivität von Böden

An den namibischen Forschungsstandorten zeigt sich, dass die Degradierung der Böden unterschiedlich weit fortgeschritten ist. Weideland in kommunalem Besitz ist im Gegensatz zu privaten Flächen oft stärker betroffen. Gründe dafür liegen zum einen in einer diskriminierenden Politik während der Kolonialzeit, deren Folgen bis heute spürbar sind: Die Kommunalfarmer wurden in sogenannnte Homelands gezwungen, wo es im Vergleich zu privaten Farmgrundstücken zu Überbevölkerung und Überweidung gekommen ist. Dass die Kommunalfarmer in ihren Möglichkeiten eingeschränkt wurden, mit ihrem Vieh von Ort zu Ort zu ziehen, hat sich langfristig negativ auf die Weidequalität ausgewirkt.

Erschwerend hinzu kommen zum anderen jüngere gesetzliche Vorgaben, die den Dorfgemeinschaften in den letzten Jahren die Entbuschung verbieten. Sie ist aber notwendig, da Verbuschung die Flächenproduktivität empfindlich stört. Dichte Sträucher und Büsche verdrängen andere Pflanzen, insbesondere Gräser, die unter anderem dem Vieh als Nahrungsquelle dienen. Auch für Wildtiere stellt die Verbuschung ein Problem dar, da sie deren natürliche Beweglicheit erheblich einschränkt und zu abnehmenden Wildtierpopulationen führt. Um zu verhindern, dass weite Teile der Savannen mit ihren vielfältigen Funktionen für Mensch und Tier irreparabel zerstört werden, sind Konzepte für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Weideflächen gefragt. Aus Sicht der Wissenschaftler*innen des ISOE sind solche Konzepte elementar, denn Studien zeigen, dass der Klimawandel in naher Zukunft diese Entwicklung durch die Zunahme von CO2 in der Atmosphäre, höhere Temperaturen und veränderte Wasserverfügbarkeiten voraussichtlich verschärfen wird. Deswegen wird erwartet, dass sich in Namibia die für das Weidemanagement günstigen Zonen weiter nach Norden verschieben und immer größer werdende Savannenflächen an Produktivität verlieren.

Wissenstransfer entscheidend für erfolgreiche Transformationsprozesse 

Lösungen für das Ökosystem der namibischen Savanne sehen ISOE-Forscher*innen vor allem in der Abkehr von der bodenintensiven, konventionellen Viehhaltung. Nationale Policies sollten auf ein saisonal angepasstes Weidemanagement ausgerichtet sein und der Verbuschung vorbeugen, damit eine bodenschonendere Landwirtschaft zum Standard wird. Die Forscher*innen empfehlen zudem die als nachhaltiger geltenden Bewirtschaftungsstrategien mit heimischen Wildtieren, denn sie sind besser an die lokalen klimatischen und ökologischen Bedingungen angepasst. Doch diese Nutzungsform bringt viele Konflikte mit sich: Farmer, Dorfgemeinschaften, Naturschutz und Behörden blicken mit sehr unterschiedlichen Prioritäten, wirtschaftlichen Interessen und Wertvorstellungen auf die Nutzung von Böden. 

In den Forschungsprojekten „NamTip: Desertifikations-Kipppunkte verstehen und bewältigen – eine namibische Perspektive“ und „ORYCS – Wildtier-Managementstrategien in Namibia“ untersucht das ISOE deshalb zusammen mit den Projektpartnern, wie nachhaltige Lösungen vor Ort in die Praxis vermittelt werden können. Dafür ist es entscheidend, dass Wissenschaft und Forscher*innen mit den Akteuren aus der Praxis in den Dialog gehen. In einem englischsprachigen Policy-Brief zeigen Wissenschaftler*innen des ISOE, wie Ergebnisse aus der Forschung – idealerweise transdisziplinär – in die Praxis kommen, um dort Veränderungsprozesse anzustoßen.

Zum ISOE-Policy Brief:

How to reach people through knowledge transfer – Sustainability and conservation research: addressing Namibian land users. Deike U. Lüdtke, Verena Rossow, Nicola Schuldt-Baumgart, Stefan Liehr (2022). ISOE Policy Brief Nr. 9. Frankfurt am Main: ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung. Download: www.isoe.de/fileadmin/Edit/PDF/Publ/2022/isoe-policy-brief-09-2022.pdf 

Mehr über die Forschungsprojekte „ORYCS – Wildtier-Managementstrategien in Namibia“ und „NamTip: Desertifikations-Kipppunkte verstehen und bewältigen – eine namibische Perspektive“: 

www.orycs.org  
www.isoe.de/nc/forschung/projekte/project/orycs  
www.namtip.uni-bonn.de  
www.isoe.de/nc/forschung/projekte/project/namtip-2 

Wissenschaftlicher Ansprechpartner:

Dr. Stefan Liehr
Tel. +49 69 707 6919-36
 
www.isoe.de  

Pressekontakt:

Melanie Neugart
Tel. +49 69 707 6919-51
 
www.isoe.de 

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news-618 Tue, 15 Nov 2022 14:01:00 +0100 Biodiversität - Studie weist vielfältigen Nutzen von Wiesen- und Weideflächen für Ökosystemleistungen nach https://www.isoe.de/news/studie-weist-vielfaeltigen-nutzen-von-wiesen-und-weideflaechen-fuer-oekosystemleistungen-nach/ Ein Team aus Frankfurter Biodiversitätsforscher*innen hat in einer langangelegten Studie nachgewiesen, wie wichtig die Biodiversität von Wiesenflächen für ein breites Spektrum von Ökosystemleistungen und unterschiedliche Interessengruppen ist. Die nun in der Zeitschrift „Nature Ecology & Evolution“ erschienene Studie weitet dabei erstmals den Blick auf insgesamt 16 Ökosystemleistungen – von ökologisch bis kulturell – und betrachtet die Biodiversität landwirtschaftlich genutzter Wiesen- und Weideflächen im großen Maßstab. Das internationale Forschungsteam, zu dem auch ISOE-Biodiversitätsexpertin Sophie Peter gehört, zeigt: Von einer hohen Pflanzendiversität können lokale Akteur*innen von Tourismus bis zur Landwirtschaft profitieren.  Wo artenreiche Wiesenflächen Lebensraum für Bienen und andere Insekten bieten, profitiert neben der Natur auch die Landwirtschaft durch Ökosystemleistungen wie Bestäubung oder natürliche Schädlingsbekämpfung. Wie aber sieht es mit weniger offensichtlichen Ökosystemleistungen aus, die von Organismen unter der Erde erbracht werden und die Bodenqualität betreffen? Und wie genau wirkt sich eine hohe Biodiversität auf das Naturerlebnis aus, das als Freizeitaktivität und Erholungsmöglichkeit auch für den lokalen Tourismus eine wichtige Rolle spielt?

Um ein umfassendes Bild dieser Biodiversitätsdynamiken zu erhalten, hat ein internationales Forschungsteam um Gaëtane Le Provost und Peter Manning vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt landwirtschaftlich genutzte Wiesen- und Weideflächen in verschiedenen ländlichen Regionen Deutschlands untersucht. Dabei werteten sie Daten aus, die seit 2006 im Rahmen des Projekts „Biodiversity Exploratories“ kontinuierlich für Flächen in der Schwäbischen Alb, der mitteldeutschen Hainich-Dün-Region und dem Brandenburgischen Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin erhoben werden. 

Langzeitbeobachtung von Ökosystemleistungen

„Die Flächen unterscheiden sich in Klima und Topographie und sind gleichzeitig beispielhaft für unterschiedliche Arten typischer Wiesennutzung in Mitteleuropa“, erklärt Gaëtane Le Provost und fährt fort: „Wir haben insgesamt 150 Wiesenflächen über den Zeitraum von 2006 bis 2018 untersucht und dabei erstmals insgesamt 16 Ökosystemleistungen in den Blick genommen – von Futterqualität und Bestäubung über eine Vielzahl von Faktoren zur Bodenqualität wie Kohlenstoffspeicherung oder Grundwasserneubildung bis zu sogenannten kulturellen Ökosystemleistungen, die unser Naturerlebnis betreffen.

Dazu gehört zum Beispiel die Möglichkeit zur Vogelbeobachtung – oder schlicht der wohltuende Anblick einer üppig blühenden Wiese und der akustische Reichtum, den eine artenreiche Wiesenfläche durch Vogelgesang und andere Naturgeräusche bietet. Bei allen Ökosystemleistungen konnten wir einen positiven Effekt durch hohe Pflanzendiversität nachweisen“. 

Gewinn für Natur, Landwirtschaft und Tourismus

Erstmals nahmen die Forschenden für ihre nun im Journal „Nature Ecology & Evolution“ veröffentlichte Studie auch die Bedeutung der Ökosystemleistungen für verschiedene lokale Interessengruppen in den Blick: In Kooperation mit dem ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung Frankfurt wurden unter anderem Anwohner*innen sowie Vertreter*innen von Naturschutzorganisationen und der Agrar- und Tourismuswirtschaft zu Workshops eingeladen und repräsentativ befragt. „Wir haben festgestellt, dass ausnahmslos alle befragten Gruppen von einer hohen Biodiversität profitieren könnten – von Anwohner*innen bis zum Tourismus,“ berichtet ISOE-Biodiversitätsexpertin Sophie Peter.

Zuletzt konnte das Forschungsteam den Nutzen hoher Pflanzendiversität nicht nur für kleinere Flächen nachweisen, sondern es nahm auch die Biodiversitätsdynamiken in Bezug auf die weitere Umgebung in den Blick. „Dass die Pflanzendiversität der Umgebung Einfluss auf die Bereitstellung verschiedener Ökosystemleistungen hat, ist eine wichtige Grundlage für lokale Entscheidungsträger*innen,“ betont Peter Manning und fasst zusammen: „Politische Entscheidungen zur Landnutzung werden meist im großen Flächenmaßstab getroffen. Dass auch in diesen Dimensionen eine hohe Pflanzendiversität Vorteile für alle Beteiligten bringt – das ist mit unseren Daten nachweisbar.“

Link zur Studie: 

https://doi.org/10.1038/s41559-022-01918-5

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Sophie Peter
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news-617 Thu, 10 Nov 2022 10:42:28 +0100 Empfehlung der Ecornet-Institute - Bundesforschungsministerium sollte Zukunftsstrategie nachbessern https://www.isoe.de/news/bundesforschungsministerium-sollte-zukunftsstrategie-nachbessern/ Führende Institute der Nachhaltigkeits- und Zukunftsforschung begrüßen die Entwicklung einer „Zukunftsstrategie Forschung und Innovation“ des Bundesforschungsministeriums (BMBF). Die Institute des Ecological Research Network (Ecornet), zu denen auch das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung gehört, weisen jedoch darauf hin, dass der vorgelegte Entwurf trotz wichtiger Impulse den gesellschaftlichen Herausforderungen nicht vollständig gerecht werde. Die Bedeutung sozialer Innovationen müsse stärker ins Zentrum der Zukunftsstrategie gerückt werden. Um die Klimakrise zu mindern, Biodiversität zu schützen, globale Gerechtigkeit zu erreichen und den sozialen Zusammenhalt, Teilhabe und Daseinsvorsorge zu garantieren, brauche es auch partizipative Forschungsmethoden, die die Gesellschaft einbinden. Die Ecornet-Institute empfehlen dem BMBF daher, die Schwerpunktsetzung der Strategie nachzubessern.  Der Entwurf der Zukunftsstrategie fokussiere bislang auf technische Innovationen, wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und die Entwicklung neuer, marktbasierter Geschäftsmodelle. Diese seien aus Sicht der Ecornet-Institute zwar wichtig, reichen aber aufgrund der aktuellen Transformationsherausforderungen, die die Gesellschaft insgesamt betreffen, nicht aus. Der Entwurf sollte partizipativer ausgerichtet werden, meint Camilla Bausch, Direktorin des Ecologic Instituts und Sprecherin von Ecornet. „Wir brauchen ein Forschungs- und Innovationssystem, das der Notwendigkeit des Wandels noch stärker gerecht wird. Noch ist unklar, wie die Strategie weiter ausgearbeitet werden soll. Wir empfehlen einen transparenten Prozess und eine öffentliche Debatte unter Einbindung von Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. In die Gestaltung einer Zukunftsstrategie müssen alle relevanten Gruppen eingebunden werden,“ so Klima- und Energieforscherin Bausch.

Zukunftsorientierung ist mehr als Fokus auf Technologie und Innovation

„Die Zukunftsstrategie sollte stärker auf Innovationen fokussieren, die zur Lösung aktueller und zukünftiger gesellschaftlicher Herausforderungen beitragen. Denn nicht jede Innovation ist auch ein Fortschritt. Dafür sollte die Strategie konsequent an der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie und den Anforderungen des Pariser Klimaschutzabkommens ausgerichtet sein“, sagt Ecornet-Sprecher Thomas Korbun, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). „Der Entwurf der Strategie sollte dem innovativen Potenzial von Zivilgesellschaft, öffentlichen Institutionen oder Nutzer*innen stärkeres Gewicht geben. Denn Innovationen entstehen nicht nur in Wissenschaft und Wirtschaft.“ 

Dies betont auch Flurina Schneider. Die wissenschaftliche Geschäftsführerin des ISOE vermisst im gegenwärtigen Entwurf der BMBF-Zukunftsstrategie zudem eine grundlegende Auseinandersetzung mit der Frage, welche Zukunft eigentlich angestrebt und gestaltet werden soll. „Es gibt zwar ein klares Bekenntnis zu den Sustainable Development Goals. Dies steht aber unverbunden neben den Schlüsselthemen der Strategie, nämlich Fortschritt und Innovationen.“ Größere Aufmerksamkeit müsse auch den Krisen und Konflikten gewidmet werden, die in breit angelegten Veränderungsprozessen unvermeidbar seien. Hier brauche es deutlich mehr Forschung. „Zu begrüßen ist zwar, dass die Ausgaben für Forschung und Entwicklung bis 2025 auf 3,5 Prozent steigen sollen. Doch das allein reicht nicht. Es fehlen Antworten auf die Frage, wie sich das Wissenschafts- und Innovationssystem insgesamt ändern muss, um die neuen Wissensbedarfe aufnehmen zu können.“ 

Mehr systemisches Denken und Perspektivenvielfalt

Die Beschäftigung mit diesen grundlegenden Fragen rücke aus Schneiders Sicht auch das Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft stärker in den Blick. Die Konzentration auf Technologietransfer greife zu kurz. Vielmehr sei ein breiteres Verständnis von Transfer notwendig. Dieses stelle gesellschaftliche Lernprozesse in den Mittelpunkt und damit auch soziale Innovationen. Zudem sei der Aufbau langfristiger und stabiler Partnerschaften wichtig, um Wissensbedarfe unmittelbarer aufgreifen und umgekehrt neues Wissen schneller in die Praxis bringen zu können. Schließlich sollten gesellschaftlich Akteur*innen viel stärker als bislang in Forschungs- und Innovationsprozesse eingebunden werden. Zwar finden sich nach Einschätzung der Ecornet-Institute im Entwurf gute Ansätze, wie gesellschaftliche Akteur*innen in Forschungs- und Innovationsprozesse eingebunden werden sollen. Doch zielt das Verständnis von Beteiligung häufig allein darauf, Akzeptanz zu schaffen und Risikoaversionen in der Gesellschaft zu überwinden.

„Um die komplexen und verwobenen gesellschaftlichen Krisen zu lösen, braucht es mehr vernetztes, systemisches Denken," sagt Camilla Bausch. „Technologische und soziale Innovationen sollten als Teil eines gesellschaftlichen Gestaltungsprozesses verstanden werden. Daher sollte in der Zukunftsstrategie der Aspekt der transdisziplinären Forschung deutlich gestärkt werden.“ Das heißt für Flurina Schneider vor allem: Perspektivenvielfalt und die Integration unterschiedlicher Akteur*innen und Wissensformen von Anfang an. Nur so könne es gelingen, den bestehenden Herausforderungen gerecht zu werden und den notwendigen gesellschaftlichen Rückhalt zu bekommen. Noch sei aber genau diese transdisziplinäre Forschung, die zivilgesellschaftliche Akteur*innen frühzeitig und umfassend in den Forschungsprozess einbindet, in der Zukunftsstrategie kaum präsent.

Vorhandenes Wissen berücksichtigen

Im Rahmenprogramm zur Forschung für Nachhaltigkeit (FONA) und insbesondere im Förderschwerpunkt Sozial-ökologische Forschung (SÖF) wurden in den letzten Jahrzehnten international herausragende Erfahrungen bei der Erforschung sozial-ökologischer Krisen und Transformationspfade erarbeitet. Diese betreffen auch das Forschungs- und Innovationssystem selbst. Der Strategieentwurf greift jedoch kaum auf diese Erfahrungen zurück. Im Gegenteil: Das Forschungsministerium hat in diesen Programmen seine Förderung deutlich gekürzt.

Um die Leistungsfähigkeit der deutschen Innovationslandschaft langfristig abzusichern und Fehlentwicklungen zu vermeiden, sei es deshalb aus Sicht der Ecornet-Institute wichtig, technologische Schwerpunkte der Strategie mit den Erkenntnissen aus FONA und SÖF anzureichern – zum Beispiel in Bezug auf nachhaltige Mobilitätskonzepte. Auch sollte die Strategie bestehendes Wissen zu methodischen Zugängen, zur Integration unterschiedlicher disziplinärer Zugänge, zu Prozessdesign und Zielorientierung im Innovationsprozess stärker verankern und für Förderformate nutzbar machen. Dazu zählen insbesondere transdisziplinäre Forschungsansätze, die sozialwissenschaftliche Perspektiven und gesellschaftliche Praxis in Innovationsprozesse integrieren sowie technische Entwicklungen kritisch und konstruktiv begleiten.

Neues Innovationsverständnis für den sozial-ökologischen Wandel

Die Ecornet-Institute betonen: Sozial-ökologischer Wandel erfordert, dass technische und soziale Innovationen Hand in Hand gehen, um angemessen auf die multiplen Krisen reagieren zu können. Sie begrüßen deshalb, dass soziale Innovationen stärker gefördert werden sollen. Doch damit diese wirkungsvoll werden können, sollte der Strategieentwurf noch konkreter aufzeigen, wie sie mit gesellschaftlichen Herausforderungen oder technologischen Innovationen zusammenhängen. Die Strategie sollte technische und soziale Fragen stärker zusammendenken.

Um bestehende Pfadabhängigkeiten aufzubrechen und bereits in Nischen existierenden sozialen und technischen Innovationen zum Durchbruch zu verhelfen, sei es wichtig, dass die Förderung sozialer Innovationen auch institutionelle Innovationen in den Blick nimmt. Ecornet empfiehlt dem Bundesforschungsministerium, in der Strategie ein Innovationsverständnis zu entwickeln, das erfolgreiche Innovationen nicht allein am Markterfolg misst. Die Institute weisen zudem darauf hin, dass nicht nur Wissen fehlt, sondern auch Know-how darüber, wie Fähigkeiten und Kompetenzen auch im Sinne einer „transformative literacy“ verbessert werden können. Hier brauche es weitergehende Ansätze, als sie die Zukunftsstrategie bislang mit Bezugnahme auf die Bildungskampagne „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ beschreibt.

Über das Ecological Research Network (Ecornet)

Ecornet ist ein Netzwerk aus acht Forschungseinrichtungen mit zusammen über 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Institute forschen praxisnah an der Lösung gesellschaftlicher Probleme, mit dem Ziel, eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. Sie teilen einen konsequent transdisziplinären Forschungsansatz: Sie verbinden das Wissen und die Werkzeuge verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen zu neuen Erkenntnissen und Forschungsmethoden und beziehen von Beginn an Akteure aus Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft in den Forschungsprozess ein.

Mitglieder im Ecornet sind:

  • Ecologic Institut
  • ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg
  • ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung
  • Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW)
  • IZT – Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung
  • Öko-Institut e.V.
  • Unabhängiges Institut für Umweltfragen (UfU)
  • Wuppertal Institut

Kontakt für Presseanfragen:

www.ecornet.eu | Ecornet auf Twitter

Wissenschaftliche Ansprechpartnerin:

Prof. Dr. Flurina Schneider
Tel. +49 69 707 6919-0
 
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news-614 Mon, 07 Nov 2022 08:18:00 +0100 Allianz zur Abfallvermeidung - ISOE unterstützt Zero Waste Lab in Frankfurt https://www.isoe.de/news/isoe-unterstuetzt-zero-waste-lab-in-frankfurt/ Städte kämpfen mit immer mehr Abfall auf öffentlichen Plätzen, Straßen und in Parks. Viele entwickeln daher Strategien gegen das „Littering“ – das Wegwerfen von Pizzakartons, benutzten Kaffeebechern oder Altglas. Doch Kontrollen durch Müll-Scouts oder extra Stadtreinigungsschichten lösen das Problem nur zum Teil. Am Ende bleibt zu viel Müll, vor allem Plastikverpackungen, die unter hohem Energie- und Kostenaufwand entsorgt oder recycelt werden müssen. Frankfurt am Main geht deshalb einen anderen Weg. Die Mainmetropole hat sich vorgenommen, „Zero Waste City“ zu werden. Das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung unterstützt die Stadt dabei.  Dazu hat die Stadt Frankfurt das Zero Waste Lab gegründet, eine Denkfabrik, deren Mitglieder eine Allianz zur Abfallvermeidung geschmiedet haben. Auf Einladung von Frankfurts Klima- und Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne) kamen am 1. November 2022 alle Partner zusammen, die die Stadt bei der Umsetzung ihrer Null-Müll-Strategie unterstützen wollen. Dazu soll zunächst bis 2035 die Restabfallmenge pro Kopf im Jahr von derzeit 205 auf 120 Kilo gesenkt werden. Für dieses ehrgeizige Ziel setzt die Allianz auf eine rege Bürgerbeteiligung. Vorschläge aus der Zivilgesellschaft sind erwünscht und werden auf ihre Machbarkeitspotenziale überprüft.

Engagierte Frankfurter*innen können auf der Internetseite www.zerowaste-lab.de ihre Anregungen und Ideen zum Vermeiden von Abfall einreichen. Zudem dient dieses Online-Laboratorium dazu, bereits vorhandenes ehrenamtliches Engagement zum Thema Sauberkeit unter einem Dach zu vernetzen. So greift etwa das Entsorgungsunternehmen FES bereits auf ein Netzwerk von mehr als 400 Freiwilligen zurück, die als Multiplikator*innen den Zero Waste-Gedanken in die Gesellschaft tragen.

Ideen für Transformationsprozesse – Alltagspraktiken verändern

Für das ISOE beteiligt sich Konsumforscher Lukas Sattlegger in der Allianz. Der Soziologe hat gerade in der ISOE-Forschungsgruppe PlastX zum Thema Verpackungen und nachhaltiger Konsum promoviert und dabei „Schwierigkeiten und Potenziale der Verpackungsvermeidung“ – so der Titel seiner Dissertation – ausgelotet. Es sei aus seiner Sicht eine große Chance, mit dem Zero Waste Lab die kreativen Ideen der Bürger*innen für Müllvermeidung und Müllentsorgung zusammenzubringen mit den infrastrukturellen Anforderungen und Möglichkeiten der Entsorgungsbetriebe. „Es wird spannend zu sehen, welche Ideen aus der Gesellschaft tatsächlich das Potenzial haben, Alltagspraktiken zu verändern und langfristige Transformationsprozesse hin zu Zero Waste zu unterstützen“, sagt Sattlegger. Und er betont, dass neben dem zivilgesellschaftlichen Engagement auch die Verpackungsindustrie und der Handel in der Verantwortung seien, noch schneller Strategien für Müllvermeidung umzusetzen.

Das Beratungsgremium, das die eingegangenen Vorschläge auf ihre Müllvermeidungspotenziale und Alltagstauglichkeit hin prüfen wird, setzt sich neben dem ISOE, der Stadt Frankfurt mit Umweltamt und Entsorgungsunternehmen FES aus der IHK Frankfurt am Main, der Frankfurt University of Applied Sciences, der Stiftung Polytechnische Gesellschaft sowie dem Ernährungsrat Frankfurt zusammen. Die FES, die mehrheitlich der Stadt gehört, finanziert und organisiert die Arbeit des Waste Zero Lab.

Wissenschaftlicher Ansprechpartner:

Lukas Sattlegger
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news-604 Fri, 14 Oct 2022 09:17:30 +0200 Wintersemester 2022/23 - Lehrveranstaltungen des ISOE zur Sozialen Ökologie https://www.isoe.de/news/lehrveranstaltungen-des-isoe-zur-sozialen-oekologie-1/ Wissenschaftler*innen des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung bieten auch im Wintersemester 2022/2023 wieder Lehrveranstaltungen zu Themen aus der Nachhaltigkeitsforschung und zur Sozialen Ökologie an. Mit der Professur für Soziale Ökologie und Transdisziplinarität ist das ISOE an der Frankfurter Goethe-Universität (GU) vertreten, Studierende können dort verschiedene Seminarangebote im Umweltmaster wahrnehmen. Weitere ISOE-Lehrveranstaltungen finden an der TU Darmstadt, der Leuphana Universität Lüneburg sowie der Uni Trier statt. Flurina Schneider, wissenschaftliche Geschäftsführerin des ISOE und Professorin für Soziale Ökologie und Transdisziplinarität an der GU, bietet zusammen mit Immanuel Stieß das Seminar „Sozial-ökologische Problemanalyse und Gestaltungsoptionen an Fallbeispielen“ an. In diesem Seminar werden sozial-ökologische Gestaltungsmöglichkeiten in den Themenfeldern Biodiversität, Klimawandel und nachhaltige Entwicklung sowie deren Wechselwirkungen in Form von Synergien und Trade-offs thematisiert. Die Studierenden befassen sich mit forschungspraktischen Problemen der transdisziplinären sozial-ökologischen Forschung. 

Diana Hummel wird im Umweltmaster der Goethe-Universität wieder mit einem Seminar zur Einführung in die Soziale Ökologie vertreten sein. Charakteristisch für dieses Wissenschaftsgebiet ist eine inter- und transdisziplinäre Vorgehensweise, die die wechselseitigen Beziehungen zwischen Gesellschaft und Natur und krisenhafte Entwicklungen gesellschaftlicher Naturverhältnisse untersucht. Im Seminar werden zentrale theoretische Ansätze, methodische Konzepte und Anwendungsfelder der Sozialen Ökologie behandelt. Beispiele aus der Forschungspraxis reichen von der Risikoforschung und -kommunikation zu Mikroplastik über Klimawandel und Energienutzung bis hin zu sozial-ökologischer Wasserforschung. 

Ebenfalls an der Goethe-Universität startet Robert Lütkemeier mit einem zweiteiligen Seminar für Studierende im Bachelor Physische Geographie. Der erste Teil legt im Wintersemester die Grundlagen für Projektarbeiten, die dann im Sommersemester folgen. Studierende erarbeiten an Fallbeispielen, wie wissenschaftliche physisch-geographische Erkenntnisse in der Praxis umgesetzt werden und für Planungsfragen genutzt werden. 

Lehre an der TU Darmstadt, der Leuphana Universität Lüneburg und der Universität Trier

Martin Zimmermann, Leiter des Forschungsschwerpunkts Wasserinfrastruktur und Risikoanalysen, bietet für Studierende im Masterstudium Bauingenieurwesen und Umweltingenieurwesen der Technischen Universität Darmstadt eine kombinierte Lehrveranstaltung aus Seminar und Vorlesung an. Hier geht es um Integriertes Wasserressourcenmanagement (IWRM). Zimmermann vermittelt ökologische, wirtschaftliche und rechtliche Aspekte von Wassertechnik und Wassermanagement für aride Zonen und stellt neben Methoden auch Beispiele aus aktuellen Forschungsprojekten vor.

An der Leuphana Universität in Lüneburg führt ISOE-Forscher Matthias Bergmann mit Masterstudierenden der Nachhaltigkeitswissenschaft ein transdisziplinäres Forschungsprojekt durch. Unter dem Titel „Nachhaltige Kommunalentwicklung in den Biosphärenreservaten der Metropolregion Hamburg“ entwickeln die Studierenden Visionen und konkrete Maßnahmen für interkommunale Nachhaltigkeitsprozesse und Initiativen. Als Grundsage hierfür ist im vorausgegangenen Sommersemester bereits eine Beschreibung der Biosphärenregion erarbeitet worden. 

An der Universität Trier bietet Fanny Frick-Trzebitzky das Seminar „Socio Hydrology/Soziale Hydrologie“ an. Das Seminar begleitet die gleichnamige Vorlesung für Studierende im Master Angewandte Humangeographie, Environmental Sciences und sonstiger Fachrichtungen.

Alle Lehrveranstaltungen des ISOE im Überblick:
www.isoe.de/lehre/lehrveranstaltungen

Wissenschaftliche Ansprechpartnerin:

PD Dr. Diana Hummel
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news-602 Thu, 13 Oct 2022 11:23:00 +0200 Studie zur Betriebswassernutzung - Wie Frankfurt am Main künftig Trinkwasser ersetzen könnte https://www.isoe.de/news/wie-frankfurt-am-main-kuenftig-trinkwasser-ersetzen-koennte/ Die öffentliche Trinkwasserversorgung gerät insbesondere in Städten durch Bevölkerungswachstum und den Klimawandel immer stärker unter Druck. Lang anhaltende Trockenzeiten und große Hitze bringen auch in Frankfurt am Main das komplexe Wasserversorgungssystem in Phasen des Spitzenbedarfs an seine Grenzen. Im Auftrag des Wasserbeschaffungsunternehmens Hessenwasser hat das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung untersucht, in welchem Umfang Trinkwasser in der Metropole durch Betriebswasser aus alternativen Ressourcen ersetzt werden könnte. In zwei Szenarien zeigen Forscher*innen die Potenziale häuslicher Betriebswassernutzung bis zum Jahr 2050. Wie könnten die vorhandenen Ressourcen in Frankfurt am Main so genutzt werden, dass der absehbar zusätzliche Wasserbedarf – durch Bevölkerungswachstum und klimatische Veränderungen – künftig gedeckt wird? Welcher Anteil der Trinkwassermenge könnte beispielsweise im Bereich der Haushalte durch Betriebswasser, auch als Brauchwasser bezeichnet, ersetzt werden? Welche Maßnahmen wären dafür nötig? Das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung hat das unter anderem am Beispiel eines Bestands- und eines Neubaugebiets in Frankfurt untersucht. Die Studie „Abschätzung theoretischer Trinkwasser-substitutionspotenziale in Frankfurt am Main“ basiert auf umfangreichen Erhebungen und vorhandenen Gutachten und umfasst zwei Szenarien mit einem zeitlichen Horizont bis 2050.

Häuslicher Trinkwassertagesbedarf pro Kopf: Rechnerisch 39 Liter ersetzbar

Ausgehend vom durchschnittlichen Trinkwasserbedarf der Haushalte einschließlich Kleingewerbe von täglich 118 Litern pro Einwohner*in haben ISOE-Wasserexpert*innen untersucht: Wie viel davon könnte durch Wasser ersetzt werden, das zwar keine Trinkwasserqualität aufweist, für eine Verwendung im Haushalt aber dennoch unbedenklich ist? Gemeint ist Betriebs- bzw. Brauchwasser, das sich aus Regen- oder Flusswasser gewinnen lässt. Dazu zählt auch gereinigtes Grauwasser oder Grundwasser, das etwa beim Bau von Hochhäusern abgepumpt werden muss und für bestimmte Bedarfe im Haushalt, insbesondere für Toilettenspülung, Raumreinigung und Gartenbewässerung genutzt werden kann. „Rein rechnerisch lassen sich mit alternativen Wasserressourcen in Frankfurt am Main 33 Prozent des Trinkwassers im häuslichen Bereich ersetzen“, sagt ISOE-Wasserexperte und Erstautor der Studie Engelbert Schramm. „Das sind 39 Liter des durchschnittlichen häuslichen Tagesverbrauchs einer Person in der Stadt.“ In welchem Umfang sich diese grundsätzlich mögliche Substitutionsmenge bis zum Jahr 2050 erreichen lässt, zeigen die beiden Szenarien „Trend“ und „Besondere Anstrengung“.

Szenario „Besondere Anstrengung“ – Betriebswasser kann Mehrbedarf ersetzen

Im Szenario „Besondere Anstrengung“ ließen sich durch eine konsequente Betriebswassernutzung bis 2050 etwa 13 Prozent an Trinkwasser im häuslichen Bereich ersetzen. Das entspricht einem Einsparvolumen von 5,5 Millionen Kubikmeter im Jahr. Mit einer erweiterten Betriebswassernutzung auch in anderen Bereichen ließe sich das Substitutionspotenzial in diesem Szenario sogar auf 6,6 Millionen Kubikmeter erhöhen. „Theoretisch ist es möglich, den bis 2050 prognostizierten Mehrbedarf an Trinkwasser mit allen derzeit möglichen Maßnahmen durch Betriebswasser zu ersetzen“, sagt Schramm. Dafür müsse die Stadt auf einen Ressourcenmix aus Mainwasser, Grundwasser, Grau- und Regenwasser zurückgreifen und den Umbau der vorhandenen Infrastrukturen angehen. „Dieses Szenario setzt vonseiten der Kommune eine politische Entscheidung für eine öffentliche Betriebswasserversorgung durch lokale Betriebswassernetze insbesondere auch im Wohnungsbestand und deren Mitgestaltung voraus“, betont Schramm. Für die Haushalte seien durch die Betriebswassernutzung keine Komforteinbußen verbunden. Mit Blick auf die untersuchten Quartiere zeige sich, dass die Kosten von der gewählten Betriebswasservariante abhingen und sich in etwa im Rahmen der Kosten des bestehenden Wasser- und Abwassersystems bewegten. 

Szenario „Trend“ – Ersetzbare Trinkwassermenge gering

In einem zweiten Szenario hat das ISOE untersucht, was passiert, wenn bis 2050 nur solche Betriebswassernutzungen umgesetzt werden, die ohne größere Anstrengungen realisierbar sind. „Die ersetzbare Trinkwassermenge bleibt im Szenario, das sich am gegenwärtigen Trend orientiert, mit 0,5 Millionen Kubikmeter Wasser sehr gering und bringt deshalb keinen Entlastungseffekt“, sagt Schramm. Eine naheliegende Schlussfolgerung aus der Untersuchung sei vielleicht wenig überraschend, meint Mitautor Martin Zimmermann, der am ISOE den Forschungsschwerpunkt Wasserinfrastruktur und Risikoanalysen leitet. „Die Stadt Frankfurt muss mittel- und langfristig neue Wege bei der Trinkwasserversorgung gehen, auch um den Druck auf die Wasservorkommen im Umland möglichst gering zu halten. Deshalb muss die Stadt jetzt dringend prüfen, welche Angebote sie zum Ersetzen von Trinkwasser machen kann.“ 

Nachhaltige Transformation der Wasserversorgung

Die ISOE-Studie im Auftrag von Hessenwasser bietet der Stadt Frankfurt eine Grundlage, um kommunalpolitische Entscheidungen über die künftige Strategie bei der Wasserversorgung vorzubereiten. „Ein nachhaltiges Wasserversorgungssystem setzt die Betriebswassernutzung als akzeptierten Standard voraus“, sagt Zimmermann. Dafür sei eine Kombination aus Technik, Ordnungs-, Preis- und Anreizpolitik notwendig. „Die Nutzung von Betriebswasser ist juristisch, technisch und ökonomisch realisierbar und sozioökonomisch denkbar, insofern sich Bewohner*innen für den Ersatz von Trinkwasser durch alternative Wasserressourcen offen zeigen“, so Zimmermann. „Die Studie zeigt, dass die wichtigsten Voraussetzungen für die Transformation der Wasserversorgung in Richtung Nachhaltigkeit und hin zu einer Betriebswasserkultur in Frankfurt am Main gegeben sind.“ 

Zur Studie 

Die Studie „Abschätzung theoretischer Trinkwassersubstitutionspotenziale in Frankfurt am Main“ ist im Auftrag der Wasserbeschaffungsgesellschaft Hessenwasser entstanden und steht als Download zur Verfügung.

Schramm, Engelbert/Martina Winker/Michaela Rohrbach/Martin Zimmermann/Christian Remy (2022): Abschätzung theoretischer Trinkwassersubstitutionspotenziale in Frankfurt am Main. Optionen der Betriebswassernutzung und deren ökonomische und ökologische Auswirkungen im Betrachtungshorizont bis 2050. Unter Mitarbeit von Christoph Meyer. ISOE-Studientexte, 26. Frankfurt am Main: ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung

Wissenschaftlicher Ansprechpartner:

Dr. Martin Zimmermann
Tel. +49 69 707 6919-44

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Pressemitteilung
news-603 Tue, 11 Oct 2022 14:46:23 +0200 Auszeichnung der Goethe-Universität - Frankfurter Preis für Umwelt und Nachhaltigkeit geht an ISOE-Forschende https://www.isoe.de/news/frankfurter-preis-fuer-umwelt-und-nachhaltigkeit-geht-an-isoe-forschende/ Die Goethe-Universität Frankfurt zeichnet auch 2022 junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für herausragende Qualifikationsarbeiten im Feld der Umwelt- und sozial-ökologischen Nachhaltigkeitsforschung aus. Die beiden Hauptpreise gehen dieses Jahr an Lisa Zimmermann und Lukas Sattlegger aus der ISOE-Forschungsgruppe „PlastX – Kunststoffe als systemisches Risiko für sozial-ökologische Versorgungssysteme“. Die Preisverleihung findet am 21. November 2022 statt. Lisa Zimmermann und Lukas Sattlegger nehmen den Hauptpreis für ihre Dissertationen in den Fachbereichen Biowissenschaften beziehungsweise Gesellschaftswissenschaften der Goethe-Universität entgegen. Beide haben ihre Arbeiten im Zuge der Forschungsarbeiten in „PlastX“ realisiert. Diese vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte SÖF-Nachwuchsgruppe war von 2015 bis 2021 am ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung in Frankfurt verankert und wurde von Johanna Kramm und Carolin Völker geleitet. Die Projektforschung in PlastX war interdisziplinär angelegt, um die Risiken, die mit dem Material Plastik durch die Herstellung, Verwendung und Entsorgung verbunden sind, aus unterschiedlichen Perspektiven zu untersuchen.

Lukas Sattlegger hat sich in seiner Dissertation im Fach Soziologie mit Schwierigkeiten und Potenzialen der Verpackungsvermeidung beschäftigt. Aus praxistheoretischer Perspektive hat er sich mit der Frage befasst, wie im Lebensmittelhandel mit und an Verpackungen gearbeitet wird. Sattlegger hat dafür in verschiedenen Bereichen des Lebensmittelhandels ethnografisch geforscht und eine Vielzahl von Verpackungsfunktionen insbesondere im Supermarkt identifiziert, die bei einer Transformation hin zu einer nachhaltigeren Verpackung berücksichtigt werden müssen. Seine Analyse zeige, dass nicht einfach auf Plastik verzichtet werden kann, sondern erst neue Praktiken für den Umgang mit dem Plastikersatz entwickelt werden müssen, so die Gutachter*innen der Goethe-Universität.

Risiken des Plastikkonsums: sozial- und naturwissenschaftliche Perspektive

Lisa Zimmermann erhält den Hauptpreis für ihre naturwissenschaftliche Untersuchung von Plastikprodukten im Fach Aquatische Ökotoxikologie. Die Gutachter*innen verweisen auf die umfassende toxikologische und chemische Charakterisierung der chemischen Gemische, die Zimmermann in einem Großteil von Alltagskunststoffen nachweisen konnte. In den von ihr untersuchten Alltagsprodukten aus herkömmlichem Plastik ließen sich ebenso wie in den Produkten aus biobasierten und bioabbaubaren Materialien mehr als 1400 Chemikalien nachweisen. Die PlastX-Forscherin konnte nachweisen, dass diese mehrheitlich nicht mit chemischer Analytik identifizierbar sind und somit in Risikobewertungen nicht berücksichtigt werden. Ihre Untersuchung zeigt, dass auch die als nachhaltiger geltenden „Bio-Alternativen“ mit problematischen Ersatzstoffen versehen sind. 
Die Umweltpreise der Goethe-Universität werden am 21. November 2022 ab 14 Uhr im Renate von Metzler-Saal (Casino) auf dem Campus Westend verliehen. 

Mehr über die Forschungsgruppe PlastX

www.isoe.de/forschung/nachwuchsgruppe-plastx  

Wissenschaftliche Ansprechpartnerin:

Dr. Johanna Kramm
Tel. +49 69 707 6919-16
 
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Tel. +49 69 707 6919-51
 
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news-596 Tue, 20 Sep 2022 09:12:27 +0200 Biodiversität - Insektenvielfalt in der Stadt – Stadtspaziergang, Science Slam und Kinoreihe im Forschungsprojekt SLInBio https://www.isoe.de/news/slinbio-stadtspaziergang-science-slam-kinoreihe/ Für den Erhalt der Insektenvielfalt sind auch Stadtbewohner*innen gefragt. Ihr Wissen über Insekten, ihr Umgang mit Libellen, Hummeln und Artverwandten und ihre Wertschätzung haben einen erheblichen Einfluss auf deren Biodiversität. Im Forschungsprojekt SLInBio untersuchen Frankfurter Forschungs- und Praxispartner unter der Leitung des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung diesen Zusammenhang am Beispiel der Mainmetropole genauer. Sie bieten zudem zahlreiche Gelegenheiten zum Mitmachen, Lernen und Erleben an. Zum umfangreichen Programm gehören unter anderem ein Stadtspaziergang, ein Science Slam und eine Kinoreihe.  Die Insektenvielfalt ist weltweit bedroht. Gleichzeitig werden Städte immer häufiger zu Rückzugsorten für Insekten. Da ihre Vielfalt trotz aller Bemühungen weiter abnimmt, ist es von großer Bedeutung, das Potenzial von Städten als Lebensraum für Insekten noch besser zu nutzen. Eine vielfältige Insektenwelt ist essenziell für den Erhalt der Ökosysteme. Doch nicht alle Insekten sind den Menschen gleich willkommen. Welche Rolle spielen Insekten für Frankfurter Gärtner*innen? Wie lassen sich neuartige Stechmücken auf umweltfreundliche Art bekämpfen? Und was ist zu beachten, wenn man im eigenen Garten einen Beitrag leisten möchte zum Schutz der Insektenvielfalt?

Insektenvielfalt in der Stadt – gemeinsamer Stadtspaziergang mit Wissenschaftler*innen 

Während des etwa zweistündigen Stadtspaziergangs durch den Botanischen Garten und den Grüneburgpark geben Wissenschaftler*innen des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung Einblicke in aktuelle Projekte der Biodiversitätsforschung – unter anderem in Frankfurt. Die Teilnehmenden erfahren dabei, was sie für den Erhalt der Insektenvielfalt in Städten konkret tun können. Der Stadtspaziergang ist ein Beitrag im Rahmen des 7. Hessischen Tages der Nachhaltigkeit am 29. September 2022.

Science Slam „No bees no Bembel“ im Palmengarten 

Warum Insektenvielfalt überhaupt wichtig sind und wo die Potenziale und Grenzen von Städten dafür liegen, sind Fragen, denen sich auch der Science Slam „No bees no Bembel“ im Musikpavillion des Palmengartens am 1. Oktober 2022 widmet. Er findet im Rahmen der Spätsommerschau und Aktionswochenende „Halt den Sommer fest“ des Frankfurter Palmengartens statt und wird von einem Wissenschaftsgespräch eröffnet. Daran nimmt neben  der Palmengarten-Direktorin Katja Heubach und der Autorin Frauke Fischer („Was hat die Mücke je für uns getan“) auch ISOE-Forscherin Marion Mehring teil und berichtet über die sozialwissenschaftliche Perspektive zum Stand der Biodiversitätsforschung. 

Kleine Insekten ganz groß – auf der Leinwand 

Eine ganz andere Form der Auseinandersetzung mit dem Thema Insekten bietet das ISOE mit einer Filmreihe an. Ob als instinktiver Schocker im Horror-Genre oder als Projektionsfläche für das „Fremde“ im SciFi-Film: Insekten mussten in der Filmgeschichte schon für vieles herhalten. Angesichts des Insektensterbens ist es nun höchste Zeit für einen neuen Blick, zu dem Interessierte an drei Terminen im Oktober in das Kino Orfeo‘s Erben eingeladen sind. Gezeigt werden die Klassiker und Arthouse-Filme „Starship Troopers“, „Tagebuch einer Biene“ und „Hmyz/Insects“. Im Anschluss besteht die Möglichkeit zum Austausch mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.

Zu den Terminen: 

www.insektenvielfalt-frankfurt.org/termine 

Mehr zum Forschungsprojekt:

www.insektenvielfalt-frankfurt.org/das-projekt 
 

Wissenschaftliche Ansprechpartnerin:

Dr. Marion Mehring
Tel. +49 69 707 6919-39
 
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Melanie Neugart
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news-595 Mon, 12 Sep 2022 15:47:43 +0200 ISOE-Diskussionsveranstaltung - Wo ist das Wasser? – Wege aus der Wasserkrise https://www.isoe.de/news/wo-ist-das-wasser-wege-aus-der-wasserkrise-1/ Anhaltende Dürren und extreme Hitzewellen: Was im Süden Europas schon länger Realität ist, bekommt auch der Westen Europas in diesem Sommer zu spüren. Flüsse und Seen fallen trocken, Trinkwasserquellen versiegen, weil zu viel Wasser verbraucht wird, während wenig Regen fällt. In vielen Regionen wird die Wassernutzung deshalb rationiert. In einer Online-Diskussionsveranstaltung des ISOE ‒ Institut für sozial-ökologische Forschung zeigen Wasserexpert*innen am 20. September 2022, welchen Einfluss der Klimawandel auf den Wasserkreislauf hat und welche Anpassungen notwendig sind, um die Wasserversorgung nachhaltig zu sichern. Es ist der trockenste und sonnenreichste Sommer Westeuropas seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die Niederschlagsmuster haben sich großräumig verändert, das heißt:  Hitze und Dürre drohen in den kommenden Jahrzehnten in unseren Sommern zur Normalität zu werden. Gleichzeitig werden in anderen Teilen der Erde Sturzfluten Tausende von Menschenleben kosten und Millionen Menschen obdachlos machen, ein aktuelles Beispiel ist Pakistan. 

Was passiert da genau? Der Klimawandel beeinflusst den globalen Wasserkreislauf und verändert damit lokal die hydrologischen Bedingungen. Unsere über Jahrhunderte gewachsenen Traditionen und Strategien im Wassermanagement sind an solch massive Änderungen nicht angepasst und stoßen immer häufiger an Grenzen. Deshalb sind dringend Anpassungen notwendig. Aber wie sehen Maßnahmen aus, die gezielt einen (klima-)gerechten Umgang mit Wasser ermöglichen? 

Der Einfluss des Menschen auf den natürlichen Wasserkreislauf 

In der Online-Veranstaltung des ISOE zeichnen die Wissenschaftler*innen Fanny Frick-Trzebitzky und Robert Lütkemeier den Einfluss des Menschen auf den natürlichen Wasserkreislauf in einem kurzen Impulsvortrag nach und stellen aktuelle Ergebnisse ihrer Wasserforschung zur Diskussion. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie eine nachhaltige Nutzung der Wasserressourcen in Deutschland und Europa unter neuen Bedingungen von Trockenheit aussehen kann. Welche konkreten Gestaltungsmöglichkeiten und -aufträge gibt es – für jeden Einzelnen, aber auch für die Politik und Unternehmen.

Dr. Fanny Frick-Trzebitzky und Dr. Robert Lütkemeier leiten die Nachwuchsgruppe „regulate zu nachhaltigem Management von Grundwasser unter Beachtung neuer räumlicher Zusammenhänge“. Das Projektteam untersucht aktuelle Herausforderungen im Management von Grundwasser in Europa vor dem Hintergrund akuter Trockenheit, qualitativer Belastungen, zunehmender Konflikte und komplexer institutioneller Rahmenbedingungen. Das Team aus Wissenschaftler*innen der Natur- und Sozialwissenschaften erarbeitet Strategien für einen nachhaltigen Umgang mit Grundwasser. Der Fokus liegt dabei auf sogenannten Telekopplungen, also Fernwirkungen, die lokal zu Problemen von Qualität und Verfügbarkeit führen, ihren Ursprung allerdings in sozioökonomischen und politischen Verflechtungen in anderen Regionen haben. Mehr unter: https://regulate-project.eu/

ISOE-Diskussionsveranstaltung

„Wo ist das Wasser? – Wege aus der Wasserkrise“

20. September 2022, 19.00 – 20.00 Uhr (online)
Anmeldungen unter https://isoe.clickmeeting.com/wasser

Ansprechpartnerin: 

Dr. Nicola Schuldt-Baumgart

Veranstalter:

ISOE  Institut für sozial-ökologische Forschung

Veranstaltungstyp: Online-Veranstaltung
Mitdiskutieren: #Wasser #Wasserkrise #Klimawandel

Wissenschaftliche*r Ansprechpartner*in:

Dr. Fanny Frick-Trzebitzky 
+49 69 707 6919-55
 

Dr. Robert Lütkemeier
+49 69 707 6919-55

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Melanie Neugart
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news-588 Thu, 01 Sep 2022 16:56:46 +0200 Sozial-ökologische Transformationen - Forschungsprojekt netWORKS 4 virtuell auf Tournee  https://www.isoe.de/news/forschungsprojekt-networks-4-virtuell-auf-tournee/ Wie soll die Stadt der Zukunft aussehen? Wie werden unsere Städte lebenswert, CO2-neutral, klimaangepasst, energie- und ressourceneffizient? Dazu haben rund 50 Forschungsteams aus unterschiedlichen Disziplinen praxisnahe Strategien und Produkte entwickelt. In einer virtuellen Deutschland-Tour werden schon seit Juni exemplarisch Ergebnisse aus dieser Zukunftsstadt-Forschung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) für die beteiligten Städte vorgestellt. Nun macht die Tour virtuell in Berlin halt, unter anderem mit dem Projekt netWORKS 4, das das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) leitet. Quer durch die Berliner Bezirke wird in Reallaboren auf vielfältige Weise erforscht, wie Berlin nachhaltig in die Zukunft reisen kann. So bringt etwa Charlottenburg-Wilmersdorf die urbane Wärmewende mit einer nachhaltigen Wärmeversorgung voran und sorgt für innovative Logistiklösungen. In Reinickendorf wird das Zusammenleben in städtischen Quartieren neu gedacht, und in Pankow entstehen neue Verkehrs- und Mobilitätskonzepte. Ebenfalls in Pankow werden Ideen für eine klimaangepasste Wasserbewirtschaftung aus dem Forschungsprojekt netWORKS 4 erprobt.

Mit Regenwasser gegen den Klimawandel

Der Klimawandel ist auch in Berlin zu spüren: Überflutete Straßen, vertrocknete Wiesen – Starkregen und Hitze- sowie Trockenperioden wechseln sich stetig ab. Im Forschungsprojekt netWORKS 4 hat deshalb ein Wissenschaftsteam unter der Leitung des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung und des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) untersucht, wie Klimaanpassung in Kommunen mithilfe einer klugen Wasserinfrastrukturplanung gelingen kann. Die Zukunftsstadt*Tour zeigt das am Beispiel des Stadtumbaugebiets Greifswalder Straße. Hier entwickelte netWORKS 4 gemeinsam mit dem Bezirksamt Pankow ein Konzept zur Wasserbewirtschaftung für die Sanierung und Erweiterung einer Kindertagesstätte.

Die frühzeitige integrative Planung der blau-grün-grauen Infrastrukturen lohne sich nicht nur für die Stadt Berlin gleich mehrfach, sind sich die Projektleitenden von netWORKS 4, Martina Winker (ISOE) und Jan Hendrik Trapp (Difu), sicher. Die Projektergebnisse hätten gezeigt, dass Ressourcen geschont und eine optimale, flächenschonende Anpassungsstrategie ermöglicht würde. Im Zuge des Projekts konnte auch die Zusammenarbeit des Bezirksamtes mit der Berliner Regenwasseragentur intensiviert werden, um künftig Regenwasserbewirtschaftung in den Stadtplanungsprozess zu integrieren.

Lösungen für die Zukunftsstadt als Vorbild für andere Kommunen

Die virtuelle Zukunftsstadt*Tour ist im Juni 2022 gestartet und zeigt nach und nach ausgewählte Konzepte und Produkte aus Forschungsprojekten unterschiedlicher Standorte in Deutschland. Die Online-Tournee zeigt damit exemplarisch innovative Lösungen, auf die Kommunen schon jetzt angewiesen sind, um zukünftigen Herausforderungen zu begegnen. Bis Dezember 2023 werden Projekte aus mehr als 20 Kommunen auf der Tour-Website www.nachhaltig-zukunftsstadt.de vorgestellt, um Erfahrungen mit interessierten Städten zu teilen. Podcasts, Leitfäden, Videos und Tool-Boxen geben dabei Einblicke in die wissenschaftlichen Ergebnisse.

Das Synthese- und Vernetzungsprojekt SynVer*Z initiiert die Zukunftsstadt*Tour und begleitet die Zukunftsstadt-Forschung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Es wird gemeinsam getragen vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu), dem ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung sowie Gröschel Branding. Eine Besonderheit: Alle Projekte in diesem Verbund sind transdisziplinär angelegt und orientieren sich an zentralen Themen und Herausforderungen wie Klimaanpassung und urbane Resilienz, städtische Grünflächen und Freiräume, urbane Mobilität und Logistik, sozialer Zusammenhalt und Teilhabe, urbane Produktion sowie städtische Infrastrukturen. Dazu arbeiten Wissenschaftsteams, Kommunalpolitik und -verwaltung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft in Reallaboren vor Ort zusammen.

Mehr zum Forschungsprojekt netWORKS 4

netWORKS 4 – Resilient networks: Beiträge städtischer Versorgungssysteme zur Klimagerechtigkeit 

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Dr. Martina Winker
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news-586 Fri, 26 Aug 2022 16:04:44 +0200 Forschungsprojekt AQUA-Hub - Wissenstransfer zu nachhaltigen Wasserinfrastrukturen in Indien https://www.isoe.de/news/wissenstransfer-zu-nachhaltigen-wasserinfrastrukturen-in-indien/ Indiens schnell wachsende Städte benötigen eine leistungsfähige Infrastruktur für die Versorgung mit Wasser und für die Entsorgung von Abwasser. Doch der Ausbau der Wasserinfrastrukturen kann mit dem Bevölkerungswachstum kaum mithalten. Eine Forschungskooperation, an der auch das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung beteiligt ist, unterstützt deshalb mit dem Projekt „AQUA-Hub“ den Aufbau einer nachhaltigen Wasserinfrastruktur in der südindischen Stadt Coimbatore. Im Zentrum steht dabei eine Anlaufstelle für den deutsch-indischen Technologie- und Wissenstransfer, der sogenannte Water Innovation Hub. Aktuelles dazu berichtet das Forschungsteam nun regelmäßig im neuen Format „HubPost“. Mit ihren 1,7 Millionen Einwohnern auf einer Fläche von knapp 260 Quadratkilometern ist die südindische Industriestadt Coimbatore eine typische schnell wachsende Metropole. Ihr wird in den nächsten 30 Jahren ein Bevölkerungszuwachs von einer weiteren Million Menschen prognostiziert. Doch schon jetzt gilt die Sicherstellung der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung als eines der dringendsten Probleme. Die Konkurrenzen um die Wasserressourcen sind vielfältig, vielerorts ist die Trinkwasserversorgung auf nur wenige Stunden alle fünf bis zehn Tage beschränkt. Auch fehlen Abwassersysteme und Kläranlagen, und die weitreichende Seenlandschaft um die Stadt ist ebenso durch Abwässer belastet wie der Noyyal-Fluss, der durch das Stadtgebiet fließt.

Wie konnte es dazu kommen, dass die für ihre besondere Wassertradition bekannte Stadt Coimbatore mit ihrer jahrhundertalten, effizienten Wasserableitung heute vor so gewaltigen Problemen steht? In dem neuen Format für Wissenschaftskommunikation im Forschungsprojekt AQUA-Hub berichtet das deutsch-indische Team über die Hintergründe dieser Entwicklung. Hub-Managerin Sreya Prakash widmet sich im ersten und zweiten Teil der Reihe „HubPost“ der Geschichte Coimbatores und ihrem Ruf als „Manchester Südindiens“. Prakash zeichnet nach, wie die Ökosysteme der ausgedehnten Seenlandschaft durch Übernutzung seit dem Beginn der 1970er-Jahre zerstört wurden. „Die Seen haben sich um 50 Prozent verkleinert und sind im Wesentlichen zu Abwassertanks geworden“, berichtet Prakash im HubPost No. 2 „The Slow Death of the Lakes”.

Innovationen im Wassersektor: Deutsch-indisches Forschungsprojekt für Technologie- und Wissenstransfer

„Die Herausforderungen, die sich für die Stadt Coimbatore aus dem Missmanagement von Wasserressourcen in der Vergangenheit ergeben, sind beispielhaft für indische Metropolen“, sagt ISOE-Wasserforscher Stefan Liehr. Die Zeit dränge. „Wirksame Maßnahmen, um die Verschmutzung der städtischen Gewässer zu stoppen und die Wasserqualität zu verbessern, zu sichern und zu überwachen, müssen nicht nur in Coimbatore so schnell wie möglich umgesetzt werden.“ Als eine der hundert sogenannten „Smart Cities“ Indiens habe Coimbatore tatsächlich die Chance, beispielhafte Lösungen für eine innovative Wasserversorgung und Wasserentsorgung umzusetzen und damit die Weichen für eine nachhaltige Stadtentwicklung zu stellen.

Im Zuge des vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten Vorgängerprojekts Smart Water Future India (SWF India) hatte ein deutsch-indisches Forschungsteam dafür zunächst den Wassersektor von Coimbatore analysiert und den Bedarf an Umwelttechnologien und intelligenten Wassermanagementstrategien für eine nachhaltige Wasserver- und -entsorgung herausgearbeitet. Für den Wissens- und Technologietransfer der Ergebnisse wurde im aktuellen Projekt „AQUA-Hub“ nun an zwei Pilotstandorten das Konzept der Water Innovation Hubs als Netzwerk- und Projektzentren entwickelt. Neben Coimbatore ist auch in Solapur ein solches Zentrum eröffnet worden. Die Hubs verbinden das Angebot innovativer Wasserinfrastrukturlösungen mit der entsprechenden Nachfrage. Sie ermöglichen zudem Unternehmen und Forschungsinstituten aus Deutschland, ihre innovativen Technologien vor Ort bekannt zu machen, Pilotanlagen gemeinsam mit indischen Partnern zu testen und unter den spezifischen Bedingungen in Indien weiterzuentwickeln.

Das Forschungsprojekt AQUA-Hub wird im Rahmen des Programms „Exportinitiative Umweltschutz“ (EXI) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) gefördert. Das Projekt wird vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnologie IGB geleitet. Forschungspartner sind das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung, die Landesagentur Umwelttechnik BW (UTBW) sowie indische Partner und deutsche Unternehmen.

Zum Projekt AQUA-Hub auf der ISOE-Homepage

www.isoe.de/nc/forschung/projekte/project/aqua-hub/

Zu den beiden ersten Ausgaben der Reihe „HubPost“

Prakash, Sreya/Stefan Liehr/Marc Beckett/Marius Mohr (2022): Coimbatore's Lakes - An Introduction. Water Innovation Hub Coimbatore - HubPost, 1. Coimbatore, Frankfurt am Main, Stuttgart

Prakash, Sreya/Stefan Liehr/Marc Beckett/Marius Mohr (2022): The Slow Death of the Lakes. Water Innovation Hub Coimbatore - HubPost, 2. Coimbatore, Frankfurt am Main, Stuttgart

Wissenschaftlicher Ansprechpartner:

Dr. Stefan Liehr
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news-585 Thu, 18 Aug 2022 09:34:00 +0200 Befragung zu Klimaanpassung - Hessens Kommunen im Klimawandel https://www.isoe.de/news/hessens-kommunen-im-klimawandel/ Die Folgen des Klimawandels spüren auch Hessens Kommunen immer deutlicher. Mit dem derzeit aktuellen „Integrierten Klimaschutzplan 2025“ zielt das Land deshalb auf umfangreiche Maßnahmen zur Klimaanpassung. Doch bei der Umsetzung stehen Mitarbeitende in Städten und Gemeinden vor großen Herausforderungen. Welche Expertise haben oder benötigen sie, um Maßnahmen zur Klimaanpassung erfolgreich umzusetzen? Für eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme wendet sich das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung noch bis September 2022 mit einer Online-Befragung an kommunale Akteure in Hessen. Die Herausforderungen für Kommunen sind gewaltig, was die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen betrifft – nicht nur in Hessen. Der Aufgabenkatalog ist weitreichend. Er reicht von kleinräumigen Anpassungsmaßnahmen über umfassende Risikobewertungen bis hin zu fachübergreifenden Querschnittsaufgaben. Je nach Größe und Lage der Kommunen gestalten sich die Herausforderungen und die Wissensbedarfe daher sehr unterschiedlich. Oft fehlen in der kommunalen Alltagspraxis auch Zeit und Kapazitäten, um das breite Informationsangebot zu sichten. Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel werden mithin für viele Städte und Gemeinden zum Kraftakt.

Mit der Frage, wie kommunale Akteure bei der Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen noch besser unterstützt werden können, beschäftigt sich das Forschungsprojekt WissTransKlima. „Wir wollen besser verstehen, wie es in den hessischen Städten und Gemeinden um das Thema Klimaanpassung bestellt ist, um speziell für Kommunen zugeschnittene Informations- und Beratungsangebote zu entwickeln“, sagt Nicola Schuldt-Baumgart, Leiterin des Forschungsprojekts.

WissTransKlima: Forschungsprojekt zur Unterstützung hessischer Kommunen

Das Forschungsteam ruft deshalb jene Mitarbeitende in den hessischen Kommunen zur Teilnahme an einer wissenschaftlichen Befragung auf, die sich mit dem Thema Klima und Klimaanpassung befassen. Die anonyme Umfrage wird online durchgeführt. Noch bis Mitte September können Mitarbeitende aus der kommunalen Verwaltungspraxis an der 10- bis 15-minütigen Umfrage teilnehmen. „Die Ergebnisse der Umfrage werden im kommenden Jahr mit Vertreterinnen und Vertretern einzelner Kommunen in moderierten Workshops diskutiert, um dann gemeinsam Lösungsstrategien und Maßnahmen zu erarbeiten“, erklärt ISOE-Klimaexperte Thomas Friedrich. „Die an der Befragung Teilnehmenden können uns im Rahmen der Befragung ihr Interesse an diesen Workshops sehr gern mitteilen.“

Das Forschungsprojekt „Wissenstransfer in Kommunen – Voraussetzungen und Möglichkeiten für eine gelingende Klimaanpassung (WissTransKlima)“ wird durch das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) gefördert und als Leitlinienprojekt umgesetzt. Das ISOE führt die transdisziplinäre Forschungs- und Praxisarbeit in dem dreijährigen Projekt zusammen mit dem Fachzentrum Klimawandel und Anpassung (FZK) noch bis September 2024 durch.

Mehr zum Projekt

WissTransKlima – Wissenstransfer für eine bessere Klimaanpassung in Kommunen
 

Wissenschaftlicher Ansprechpartner:

Dr. Thomas Friedrich 
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news-579 Fri, 05 Aug 2022 15:57:57 +0200 Leseempfehlung - Perspektiven sozialwissenschaftlicher Klimaforschung https://www.isoe.de/news/perspektiven-sozialwissenschaftlicher-klimaforschung/ Lange galten die Naturwissenschaften als „zuständig“ für die Klimaforschung. Entsprechend unterrepräsentiert waren die Sozialwissenschaften im Klimadiskurs. Doch inzwischen hat die Wahrnehmung vom Klimawandel als zentrales gesellschaftliches Problem zu einer Vielzahl an sozialwissenschaftlichen Publikationen geführt – und zu einer wachsenden Unübersichtlichkeit. Der Sammelband „Schlüsselwerke der sozialwissenschaftlichen Klimaforschung“ will Orientierung geben und thematisiert zentrale Texte dieses Forschungsfeldes. Die ISOE-Forscher*innen Alexandra Lux, Lena Theiler und Thomas Friedrich haben sich für den Band mit Transdisziplinarität und Ethnologie in der Klimaforschung beschäftigt. Der Klimawandel ist ein komplexes gesellschaftliches Problem. Zu seiner Erforschung haben verschiedene wissenschaftliche Disziplinen bereits viel Wissen beigetragen. „Die naturwissenschaftliche Klimaforschung kann erklären, warum der Klimawandel entsteht und welche Auswirkungen er auf Ökosysteme hat. Die sozialwissenschaftliche Klimaforschung kann zeigen, wie fossile Rohstoffe gesellschaftliche Entwicklungen prägen, aber auch, wie Klimawandel als soziales Konstrukt in unterschiedlichen gesellschaftlichen Sphären gerahmt und verhandelt wird“, schreiben Alexandra Lux und Lena Theiler im ihrem Beitrag über Transdisziplinarität als Forschungsmodus für integrative Klimaforschung. 

Es gehe beim Klimawandel nicht allein darum, das Problem wissenschaftlich zu verstehen, sondern auch um Lösungen für Politik und Gesellschaft. „Solche Fragen kann keine Disziplin allein beantworten, und für eine gute Umsetzung braucht es zusätzlich praktisches Wissen,“ betonen die Autorinnen und verweisen auf den transdisziplinären Forschungsmodus, der für solche komplexen Fragestellungen entwickelt wurde. In ihrem Beitrag skizzieren Lux und Theiler einen idealtypischen transdisziplinären Forschungsprozess und verweisen zugleich auf wissenschaftliche Schlüsseltexte, die für das Verständnis dieses integrativen Forschungsmodus hilfreich sind. 

Umweltethnologie eröffnet neue Forschungsperspektiven im Klimawandeldiskurs

ISOE-Forscher Thomas Friedrich konzentriert sich in seinem Beitrag für den Sammelband auf eine Unterdisziplin der sozialwissenschaftlichen Klimaforschung, die Umweltethnologie, und deren frühe Prägung durch die Ethnologinnen Margaret Mead und Mary Douglas. Insbesondere Douglas Sichtweise habe dazu beigetragen, „dass ökologische Risiken heute nicht nur als objektiv-messbare Tatsachen erforscht werden, sondern auch als soziale Konstruktionen“. Damit seien neue Forschungsperspektiven im Klimawandeldiskurs eröffnet worden, die zur Entwicklung einer Klimawandelethnologie geführt haben. Diese Entwicklung zeichnet Friedrich in seinem Beitrag mit Hinweisen auf entscheidende wissenschaftliche Texte nach. 

Friedrich zeigt auch den Ursprung der noch jungen Disziplin in der Umweltethnologie auf. Hier waren Mensch-Umwelt-Beziehungen, die die Ethnologie traditionell in kleinen, oft isolierten Gesellschaften untersucht, von Beginn an zentraler Forschungsgegenstand. Der Blick auf gegenseitige Einflüsse von Wetter, Klima und Gesellschaften ebenso wie auf globale Zusammenhänge öffnete sich jedoch erst Ende des 20. Jahrhunderts durch die Katastrophenforschung. Friedrich zeigt, wie die Globalisierung zunehmend den Analyserahmen ökologischer Ethnographien auf lokale Kontexte sprengte und sich das Verständnis einer globalen Ökologie entwickelte, die Ursachen und Wirkungen berücksichtigte. Daran knüpfte die ethnologische Klimaforschung an, zu deren besonderen Herausforderungen es bis heute gehört, lokale, geografische und disziplinäre Grenzen zu überwinden, „da nur so die komplexen Verflechtungen, die der Klimawandelthematik innewohnen, angemessen berücksichtigt werden können.“

Friedrich, Thomas (2022): Ethnologische Klimawandelforschung. In: Ibrahim, Youssef/Simone Rödder (Hg.): Schlüsselwerke der sozialwissenschaftlichen Klimaforschung. Bielefeld: transcript Verlag, 317-324

Theiler, Lena/Alexandra Lux (2022): Transdisziplinarität als Forschungsmodusfür integrative Klimaforschung. In: Ibrahim, Youssef/Simone Rödder (Hg.): Schlüsselwerke der sozialwissenschaftlichen Klimaforschung. Bielefeld: transcript Verlag, 407-414

Wissenschaftliche Ansprechpartnerin:

Dr. Alexandra Lux
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news-578 Fri, 29 Jul 2022 10:32:28 +0200 ISOE-Interview zum Stopp der BMBF-Fördermaßnahme „BioTip“ - Konsequenzen für die internationale Biodiversitätsforschung https://www.isoe.de/news/konsequenzen-fuer-die-internationale-biodiversitaetsforschung/ In der Fördermaßnahme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) „BioTip – Kipppunkte, Dynamik und Wechselwirkungen von sozialen und ökologischen Systemen“ forschen rund 130 Wissenschaftler*innen seit 2019 in sieben internationalen Projekten zu den Wirkungsketten, die Ökosysteme zum Kippen bringen können. An zwei dieser Projekte ist auch das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung beteiligt. Im Juni hat das BMBF das vorzeitige Ende der Fördermaßnahme angekündigt. Im ISOE-Blog sprechen Flurina Schneider, wissenschaftliche Geschäftsführerin des ISOE, und Marion Mehring, Leiterin des Forschungsschwerpunkts Biodiversität und Bevölkerung, über die Konsequenzen dieser Entscheidung – für die Projekte, die Forschenden sowie für die internationale Biodiversitätsforschung.  Der voranschreitende Verlust der Artenvielfalt und ganzer Ökosysteme ist – neben dem Klimawandel – eine zentrale Herausforderung der Gegenwart. Um die Lebensgrundlage künftiger Generationen zu bewahren, ist es entscheidend, die Funktionsweise von Kipppunkten in Ökosystemen besser zu verstehen und zu erforschen, wie sozial-ökologische Systeme intakt bleiben. Dieser Forschung haben sich die internationalen Biodiversitätsprojekte der BMBF-Fördermaßnahme BioTip seit 2019 gewidmet. Das Ende der Förderung aller BioTip-Projekte kurz vor der Ergebnisphase kam auch für das ISOE überraschend. 

„Im ISOE erforschen wir gemeinsam mit nationalen und internationalen Partnern unter anderem das Problem der Bodendegradation, also der Verschlechterung von Böden bis hin zur Unfruchtbarkeit, in der mongolischen Steppe und in der namibischen Savanne“, berichtet Marion Mehring im ISOE-Interview. „Diese Graslandschaften sind Beispiele für die letzten intakten Ökosysteme ihrer Art mit traditioneller Landnutzung und bedeutender Biodiversität.“ Folgenschwer sei das nicht nur für die in den beiden Projekten NamTip und MORESTEP arbeitenden Nachwuchswissenschaftler*innen, sondern auch für alle Forschungs- und Praxispartner in Namibia und der Mongolei. 

Große Forschungslücken in der Kipppunktforschung

„Besonders gravierend ist es aber für die Biodiversitätsforschung selbst“, sagt Mehring. Denn nach der mehrjährigen Vorbereitung stehe jetzt in der zweiten Förderphase, die ausdrücklich von Anfang an durch das BMBF vorgesehen gewesen sei, der Transfer der entwickelten Handlungsstrategien in die Praxis an. Dabei sollten valide Forschungsergebnisse für die Kipppunktforschung erarbeitet werden.

Auch Flurina Schneider sieht in dem Stopp der Fördermaßnahmen schwerwiegende Konsequenzen: „Es gibt in der Biodiversitätsforschung tatsächlich noch große Wissenslücken, gerade in Bezug auf die Kipppunkte“, berichtet die Geografin. Die Forschung dazu sei auch deshalb so komplex, weil es viele Wechselwirkungen mit zum Teil negativen Rückkoppelungen auf die anderen Ökosysteme oder das globale Klima gebe. „Und es gibt keine Lösungen, die von einem auf das andere Ökosystem eins zu eins übertragen werden könnten“, sagt Flurina Schneider. „Deshalb hat es natürlich Konsequenzen für die internationale Biodiversitätsforschung, wenn wegen des drohenden Förderstopps keine konkreten Ergebnisse zu den gewählten Standorten gewonnen, ausgewertet und zusammengeführt werden können.“

„Der Kollaps der Ökosysteme pausiert nicht“

Die am ISOE beteiligten Forscherinnen und Forscher hoffen zur Schadensbegrenzung nun wenigstens auf eine Abschlussfinanzierung, damit sie ihre Forschungsarbeiten an den Standorten einigermaßen geregelt abschließen können. Eine gute Lösung sei das aber noch nicht, mahnt Biodiversitätsforscherin Marion Mehring, denn „der Kollaps der Ökosysteme pausiert nicht“. Und auch Flurina Schneider betont im ISOE-Interview: „Die Zeiten, in denen wir wie selbstverständlich Ökosysteme bedenkenlos nutzen konnten, sind endgültig vorbei. Wir benötigen daher unbedingt eine langfristige Perspektive für die sozial-ökologische Biodiversitätsforschung.“

Das vollständige ISOE-Interview mit Flurina Schneider und Marion Mehring finden Sie in unserem Blog Soziale Ökologie: 
„Der Impact ist zum Greifen nah“ – Warum der Förderstopp für „BioTip“ auch Konsequenzen für die internationale Biodiversitätsforschung hat

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Prof. Dr. Flurina Schneider
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news-577 Fri, 22 Jul 2022 12:05:50 +0200 Nachhaltige Mobilität - Der Bahnhof der Zukunft als Mobilitätsplattform https://www.isoe.de/news/der-bahnhof-der-zukunft-als-mobilitaetsplattform/ Reisen beginnen und enden nicht an Bahnhöfen. Wie können diese daher so gestaltet werden, dass Reisende zum Beispiel noch einfacher die „erste“ und „letzte“ Meile bewältigen können? Die intelligente Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln, aber auch die Steigerung der Attraktivität von Bahnhöfen als Aufenthaltsorte, sind wichtige Bausteine der Verkehrswende. Mit dem Projekt „Bahnhof der Zukunft“ hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) über das Deutsche Zentrum für Schienenverkehrsforschung (DZSF) beim Eisenbahn-Bundesamt ein Konsortium unter der Leitung des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung beauftragt, einen modularen Maßnahmenkatalog dafür zu entwickeln. Dem Verkehrsmittel Bahn kommt bei der Verkehrswende eine Schlüsselrolle zu. Im Fokus steht insbesondere die Verknüpfung des Schienenverkehrs mit anderen umweltfreundlichen Verkehrsmitteln, wie Straßenbahn, Bus, Rad oder Sharing-Angeboten. „Anschlussmobilität ist ein entscheidendes Kriterium für die Attraktivität der Bahnmobilität, die sogenannte „erste“ und „letzte“ Meile bilden das Nadelöhr zum Ziel- und Ankunftsort“, sagt Jutta Deffner, Leiterin des Forschungsschwerpunkts Mobilität und Urbane Räume am ISOE. Für Akteure wie die Deutsche Bahn, Verkehrsunternehmen, Mobilitätsanbieter und Kommunen sei die komfortable, einfache und verlässliche Verknüpfung mit dem Verkehrsmittel der Wahl zum Bahnhof und zum Ziel eine echte Herausforderung. „Mit Blick auf den Erhalt von Bahnhöfen und ihre Modernisierungen sollten unterschiedliche Reiseansprüche berücksichtigt und Mobilitätsmöglichkeiten mit bedacht und für eine nachhaltige Mobilität umgesetzt werden.“ 

Nachhaltige Mobilitätsplattform und Ort mit mehr Aufenthaltsqualität

Im Projekt „Bahnhof der Zukunft“ untersucht ein Forschungs- und Praxisteam unter der Leitung des ISOE im Auftrag des Deutschen Zentrums für Schienenverkehrsforschung (DZSF), wie Bahnhöfe so gestaltet werden können, dass sie zu Knotenpunkten für eine nachhaltige Mobilität werden. „Wir forschen für einen konsequenten Wandel vom Bahnhof als Station des Schienenverkehrs hin zu einer Mobilitätsplattform, die einen Gewinn für Reisende und Gäste darstellt,“ sagt Mobilitätsexpertin Deffner. Ein Ziel im Projekt sei es deshalb auch, Maßnahmen zu identifizieren, wie die Attraktivität von Bahnhöfen und ihrem Umfeld erhöht werden können – indem sie zugleich Treffpunkte und Orte für Kultur, Gastronomie und Freizeit werden. 

Studie ermittelt Nutzerfreundlichkeit von Bahnhöfen 

Für die Studie werden sozial-empirische Erhebungen durchgeführt, um die Bedürfnisse von Reisenden an Bahnhöfen als multimodale Schnittstellen zu erheben. Darauf aufbauend werden Maßnahmen entwickelt, die nicht nur die technische Seite der Mobilitätsfunktion von Bahnhöfen in den Blick nehmen, wie zum Beispiel Wegweisung, Sicherheit oder Barrierefreiheit. „Es geht uns auch darum, symbolisch-emotionale Aspekte der Mobilität zu berücksichtigen,“ sagt Deffner. „Wir wollen auch die Bedeutung von Design und Anmutung, Sicherheit und Sauberkeit systematisch in die Maßnahmen aufnehmen“.

Machbarkeit durch Virtual-Reality-Simulationen

In einer Machbarkeitsanalyse wird die Umsetzbarkeit der möglichen Maßnahmen abgeschätzt und durch Befragungen potenzieller Nutzer*innen in Virtual-Reality-Simulationen sowie anhand von 2D-Visualisierungen von Bahnhofsbereichen geprüft. So soll ein modularer Maßnahmenkatalog entstehen, eine Art Werkzeugkasten aus unterschiedlichen Möglichkeiten, der es den beteiligten Akteuren – Bahnhofsbetreibern und Kommunen – ermöglicht, flexibel die für ihre Situation geeigneten Lösungen zu wählen. „Je nach Art, Ausstattung und Lage des Bahnhofs können spezifische Maßnahmen dann auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Nutzer*innen zugeschnitten werden, um die Bahnhöfe im Sinne einer Mobilitätsplattform zukunftssicher machen zu können,“ so Jutta Deffner.

Forschungspartner 

Das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung leitet das Projekt „Bahnhof der Zukunft als Kern multimodaler Mobilitätsplattformen in Kommunen – Entwicklung eines Maßnahmenkatalogs“. Das Projekt wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) durch das Deutsche Zentrum für Schienenverkehrsforschung (DZFS) beim Eisenbahn-Bundesamt (EBA) vergeben. Forschungs- und Praxispartner sind das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH, die Hochschule für Gestaltung Offenbach (HfG) mit dem Designinstitut für Mobilität und Logistik (DML), Nuts One GmbH, Berlin, Gateways, Amsterdam sowie aproxima Gesellschaft für Markt- und Sozialforschung Weimar GmbH. Die Laufzeit endet im Februar 2025.

Mehr zum Forschungsprojekt

Wissenschaftliche Ansprechpartnerin:

Dr. Jutta Deffner
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Pressemitteilung
news-519 Mon, 11 Jul 2022 15:36:00 +0200 ISOE-Workshop - Making the Invisible Touchable – Neue Wege in der Wissenschaftskommunikation https://www.isoe.de/news/making-the-invisible-touchable-neue-wege-in-der-wissenschaftskommunikation/ Die Weltgemeinschaft sieht sich nicht erst seit Beginn der Covid-19-Pandemie mit großen Herausforderungen konfrontiert. Allein der Klimawandel, der Artenverlust oder die Verschmutzung der Meere erfordern weltweit ebenso rasche wie umfassende sozial-ökologische Transformationen. Doch dafür muss ein möglichst großer Teil der Gesellschaft zum Mitmachen gewonnen werden. Könnte Wissenschaftskommunikation neue Wege gehen, um noch mehr Menschen für nachhaltige Lebens- und Konsumformen zu erreichen? Eignen sich künstlerische Konzepte dafür? In einem Workshop in Kooperation mit der Schader-Stiftung und der bildenden Künstlerin Merja Herzog-Hellstén fragt das ISOE nach der Rolle der Kunst und diskutiert mit den Teilnehmenden über geeignete Kooperationsformen mit der Wissenschaftskommunikation. Der Workshop „Making the Invisible Touchable – Neue Wege in der Wissenschaftskommunikation“ findet am 27. September 2022 in den Räumen der Schader-Stiftung in Darmstadt statt. Das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung realisiert auch in 2022 wieder in Kooperation mit der Schader-Stiftung eine Veranstaltung zum Schwepunktthema Wissenschaftskommunikation. Der Workshop  „Making the Invisible Touchable – Neue Wege in der Wissenschaftskommunikation“ fragt nach der Bedeutung ästhetisch-visueller Kommunikation für die Vermittlung wissenschaftlichen Wissens. Hintergrund ist der laut vernehmliche Ruf nach notwendigen Transformationen, die die Beschaffenheit unserer Gesellschaft, Institutionen und Prozesse ganz grundlegend berühren. Um als Gesellschaft gemeinsam diese nachhaltige Entwicklung anzugehen, spielt es eine wichtige Rolle, auf welche Weise Wissen an Menschen kommuniziert wird. Denn erst, wenn wir alle wissen, wie genau eine sozial-ökologische Transformation auch für uns persönlich aussehen kann, wächst auch unsere Bereitschaft, Teil dieses Veränderungsprozesses zu sein. 

Aktuell dominieren jedoch noch abstrakte Ziele und Konzepte, die oft von unserem Lebensalltag sehr entfernt scheinen. Kunst und Kultur können hier neue Wege für die Wissenschaftskommunikation eröffnen. Eine Reflektion der realen Welt, aber auch der Zukunft, auf künstlerischem Wege bietet einen anderen Zugang zu Fragen der nachhaltigen Entwicklung. Diese Öffnungen abseits traditioneller Wege der Wissenschaftskommunikation können so auch komplexe Fragestellungen und Themen an Menschen vermitteln und verschiedene Zukunftsvorstellungen erfahrbar machen. 

Welche Rolle kann Kunst in der Wissenschaftskommunikation übernehmen? 

Wie kann eine solche Wissenschaftskommunikation aussehen, die nicht nur Elemente aus Kunst und Kultur für ihre Zwecke nutzt, sondern sich ganz gezielt einer ästhetisch-visuellen Kommunikation widmet? Welche transdisziplinären Möglichkeiten eröffnen sich zu Fragen der nachhaltigen Entwicklung, wenn Künstler*innen in den Prozess der Wissenschaftskommunikation miteinbezogen werden? Welche Rolle kann Kunst hier übernehmen? Wie kann sie die vorherrschenden Narrative in der Gesellschaft in Frage stellen oder sogar verändern? Gibt es aber auch ethische und ästhetische Grenzen für den Einsatz von Kunst in der Vermittlung von Wissenschaft? 

All diese Fragen sollen in dem vierstündigen Workshop „Making the Invisible Touchable“, wenn nicht komplett geklärt, aber auf jeden Fall beleuchtet und diskutiert werden. „Der Workshop selbst ist gewissermaßen schon ein neuer Weg in die Wissenschaftskommunikation,“ sagt Nicola Schuldt-Baumgart, Leiterin der Wissenskommunikation am ISOE. „Wir gehen mit der Veranstaltung schon direkt in die Kooperation mit der bildenden Künstlerin Merja Herzog-Hellstén, um schon in der Konzeption des Workshops Perspektiven aus der Wissenschaftskommunikation und der Kunst zu betrachten und zu erproben.“ So werden Beiträge aus der Wissenschaft und der Kunst in drei inhaltlichen Blöcken erarbeitet und besprochen. Zusammen mit den Teilnehmenden des Workshops werden exemplarische Wege und Ansätze zur Einbindung von Kunst in der Wissenschaftskommunikation erarbeitet. 

Workshop
„Making the Invisible Touchable – Neue Wege in der Wissenschaftskommunikation“

Datum und Uhrzeit: 27. September 2022, 13:00 – 17:00 Uhr

Anmeldung unter: www.schader-stiftung.de/veranstaltungen

Ansprechpartnerin:

Dr. Nicola Schuldt-Baumgart 
Tel. +49 69 707 6919-30
schuldt-baumgart(at)isoe.de 
www.isoe.de  

Pressekontakt:

Melanie Neugart
Tel. +49 69 707 6919-51
neugart(at)isoe.de 
www.isoe.de  

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Nachricht
news-571 Wed, 22 Jun 2022 08:00:00 +0200 ISOE Policy Brief - Wissenstransfer als Schlüssel für nachhaltige Landnutzung in Namibia https://www.isoe.de/news/wissenstransfer-als-schluessel-fuer-nachhaltige-landnutzung-in-namibia/ Nachhaltige Entwicklung und Naturschutz sind komplexe und sehr dynamische Themen: Der Stand der Forschung wird durch neue Erkenntnisse aus ganz unterschiedlichen Disziplinen ständig erweitert und verändert. Das macht den zielgerichteten Wissenstransfer zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft zu einer besonderen Herausforderung, denn für Transformationsprozesse ist es entscheidend, dass alle beteiligten Akteure gut ausgebildet und informiert sind. Im aktuellen ISOE-Policy Brief zeigen Forscher*innen am Beispiel der Weidelandbewirtschaftung in Namibia, wie der Prozess eines Transfers aus der Wissenschaft zu gesellschaftlichen Akteuren strukturiert aufgebaut werden kann. Klimawandel, Landmanagement, demografische und wirtschaftliche Entwicklungen erhöhen weltweit den Druck auf die natürlichen Ressourcen. Dies führt häufig zu Nutzungskonflikten. Vielerorts sind sogenannte integrierte Managementstrategien notwendig, um diesen Konflikten zu begegnen – auch mit dem Ziel, das Verhältnis zwischen Natur und Gesellschaft nachhaltiger zu gestalten. Dies gilt insbesondere für die semi-ariden Regionen im südlichen Afrika. Hier nehmen die Herausforderungen für die Sicherung der Lebensgrundlagen aus verschiedenen Gründen zu, etwa durch die Folgen des Klimawandels. 

„Ein Beispiel ist das Ökosystem der namibischen Savanne, das durch die veränderten Klimabedingungen und eine Übernutzung der Böden zunehmend gefährdet ist“, sagt Ökologin Deike Lüdtke. Einer der Gründe ist, dass die Viehhaltung die am weitesten verbreitete Form der Landnutzung ist. Dies führt häufig zu einer Übernutzung der Weideflächen. Neue Bewirtschaftungsstrategien, die das Potenzial, das in der Nutzung von Wildtieren liegt, einbeziehen, etwa die Fleischproduktion oder der Tourismus, werden in der Regel als geeignete Ansätze angesehen, um diese negativen Auswirkungen abzumildern. Dabei wird davon ausgegangen, dass einheimische Wildtiere besser an die lokalen Klimabedingungen angepasst sind als die eingeführten Nutztiere. „Wie jedoch geeignete Lösungen in die Praxis vermittelt werden können, ist alles andere als trivial“, sagt Lüdtke. „Zur komplexen Dynamik zwischen Klimawandel, Landnutzung und Ökosystem kommt hinzu, dass wissenschaftliche Erkenntnisse in einen produktiven Austausch mit Farmern und anderen Akteuren der Savannenbewirtschaftung gebracht werden müssen, die jeweils sehr eigene Motivationen, Erfahrungen und Lebenswelten mitbringen“, sagt Lüdtke. 

Wissenstransfer entscheidend für erfolgreiche Transformationsprozesse 

Für erfolgreiche Anpassungsstrategien an den Klimawandel ist es deshalb entscheidend, dass sich Wissenschaft und Forscher*innen mit den Akteuren aus der Praxis – Farmer, Dorfgemeinschaften und Behörden – in Dialog befinden. In einem englischsprachigen Policy-Brief zeigen Wissenschaftler*innen des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung, wie Ergebnisse aus der Forschung – idealerweise transdisziplinär – in die Praxis kommen, um dort Veränderungsprozesse anzustoßen. Hierfür greifen sie auf Erfahrungen im Forschungsprojekt ORYCS zurück und stützen sich auch auf Interviews mit Akteuren vor Ort zum Thema eines für ihre Bedarfe angepassten Wissenstransfers. Die Autor*innen sind sich sicher, dass Transfermaßnahmen an den Wissensbedarfen der Praxisakteure ansetzen müssen und auf die jeweiligen Akteure und ihren Alltag zugeschnitten sein sollten. Damit haben Lösungen für eine nachhaltige Landnutzung, insbesondere auch im herangezogenen Fallbeispiel in Namibia, bessere Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung. 

Zum ISOE-Policy Brief:

How to reach people through knowledge transfer – Sustainability and conservation research: addressing Namibian land users. Deike U. Lüdtke, Verena Rossow, Nicola Schuldt-Baumgart, Stefan Liehr (2022). ISOE Policy Brief Nr. 9. Frankfurt am Main: ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung Download

Mehr über das Forschungsprojekt ORYCS – Wildtier-Managementstrategien in Namibia: 

www.orycs.org  
www.isoe.de/nc/forschung/projekte/project/orycs 

Wissenschaftlicher Ansprechpartner:

Dr. Stefan Liehr
Tel. +49 69 707 6919-36
liehr(at)isoe.de  
www.isoe.de

Pressekontakt:

Melanie Neugart
Tel. +49 69 707 6919-51
neugart(at)isoe.de
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Pressemitteilung
news-566 Tue, 14 Jun 2022 15:33:39 +0200 Suffizienz - Effiziente Wohnraumnutzung entlastet den Wohnungsmarkt und schützt das Klima https://www.isoe.de/news/effiziente-wohnraumnutzung-entlastet-den-wohnungsmarkt-und-schuetzt-das-klima/ Die Suche nach einer passenden, auch bezahlbaren Wohnung ist vor allem für Familien inzwischen ein Problem, nicht nur in Großstädten. Die Nachfrage ist groß, das Angebot begrenzt. Gleichzeitig ist zu beobachten, dass immer weniger Personen in einem Haushalt leben. Nicht immer ist dies eine bewusst getroffene Entscheidung. Bei manchen hat es sich vielmehr so ergeben, etwa im Alter: Die Kinder sind ausgezogen, und sie bleiben alleine in einer oft nicht altersgerechten und sanierungsbedürftigen großen Wohnung zurück. Wie könnten Lösungen aussehen? Mit einer speziell konzipierten Orientierungsberatung können Kommunen eine sogenannte Wohnraummobilisierung anstoßen, indem Menschen beispielsweise ihre zu groß gewordenen Häuser in der Nachfamilienphase durch einen Umbau teilen, so dass eine neue zusätzliche Wohnung entsteht. Dadurch können vorhandene Wohnflächen nachhaltiger genutzt werden. Denn weniger Wohnfläche pro Person bedeutet beispielweise auch weniger Bedarf an Raumwärme pro Person. Auf diese Wiese wird auch das Klima geschützt. Im Forschungsprojekt „Lebensräume“ hat ein Forschungsteam von ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung, Öko-Institut und ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung schon 2021 gemeinsam mit dem Kreis Steinfurt in Nordrhein-Westfalen ein Beratungs- und Unterstützungskonzept entwickelt, das es Kommunen ermöglicht, ältere Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer gezielt für eine Wohnraummobilisierung anzusprechen.

In 60 Prozent der Eigenheime wohnen eine oder zwei Personen

Die Forschungsarbeit des ISOE zur demografischen Entwicklung und zu den Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner im Kreis Steinfurt zeigte: Viele Menschen sind nicht abgeneigt, anders zu wohnen. Etwa drei Viertel der Befragten mit Eigenheim können sich grundsätzlich einen Umzug in eine altersgerechte barrierefreie Wohnung oder in ein kleineres Haus vorstellen. Im Jahr 2018 besaßen mehr als ein Drittel der deutschen Haushalte ein Ein- oder Zweifamilienhaus. 60 Prozent dieser Eigenheime werden von einer oder zwei Personen bewohnt, fast immer von Menschen in der Nachfamilienphase. Ihre Wohnflächen sind überdurchschnittlich groß und der energetische Standard niedrig.

Gleichzeitig entstehen an den Ortsrändern Neubaugebiete. Diese Gebiete benötigen neue Infrastruktur, verbrauchen neue Flächen und bringen Erschließungskosten mit sich. Etwas mehr als die Hälfte der Befragten im Alter ab 55 Jahren gab an, über ungenutzte Räume im eigenen Haus zu verfügen. Etwa ein Drittel der Befragten wohnen in einem Haus, das über eine abgeteilte weitere Wohnung verfügt – 60 Prozent dieser Wohnungen sind nicht vermietet. Daraus ergibt sich ein großes Potenzial für den Klima- und Ressourcenschutz, denn damit kann ein Neubau eingespart werden und somit Energie und Ressourcen.

Die Orientierungsberatung und Öffentlichkeitsarbeit

Im Forschungsprojekt Lebensräume hat das Team deshalb ein Konzept zur Wohnraummobilisierung in Kommunen entwickelt: Erfolgreich erprobt wurde eine Orientierungsberatung, bei der auf Wunsch eine Beraterin oder ein Berater einen Hausbesuch macht, den Zustand des Gebäudes einschätzt und mit den Ratsuchenden Wohnwünsche und Wohnkriterien für das Alter ermittelt. Darauf aufbauend werden verschiedene Wohnmöglichkeiten vorgestellt, priorisiert und erste Schritte dorthin festgelegt.

Damit Kommunen erfolgreich eine Wohnraummobilisierung anstoßen können, ist zudem eine intensive Öffentlichkeitsarbeit notwendig, die Orientierungsberatung sollte von den Kommunen beworben und von weiterführenden Angeboten, wie einer Finanzierungs- oder Umbauberatung, begleitet werden.

Handreichung erklärt praktische Umsetzung – Erklärfilm zeigt Zusammenhänge

Das gesamte Konzept ist in der Handreichung „Wohnraummobilisierung – gut für Menschen, Kommune und Klima“ dargestellt. Sie zeigt in sechs Schritten, wie geeignete Zielgruppen auf ihr vorhandenes Wohnraumpotenzial angesprochen werden können und richtet sich an alle, die einen kommunalen Beratungsprozess initiieren und institutionalisieren können: an die Kommunalpolitik, an die Verwaltung, an Beratungsinstitutionen und beispielsweise Verbände. Auch ein Erklärfilm, den das ISOE entwickelt hat, damit die Zusammenhänge hinter einer bedürfnisorientierten Wohnraumnutzung deutlich werden können, steht Interessierten zur Verfügung.

Wissenschaftlicher Ansprechpartner:

Dr. Immanuel Stieß
Tel. +49 69 707 6919-19

www.isoe.de

Pressekontakt:

Melanie Neugart
Tel. +49 69 707 6919-51 

www.isoe.de

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