Umweltverträgliche Mobilität

Forschungsergebnisse aus der Schweiz zu nachhaltigem Mobilitätsverhalten

Die Schweiz gilt als vorbildlich in Sachen „multioptionales Verkehrsverhalten“. Das heißt, viele Menschen setzen dort schon jetzt auf einen umweltfreundlichen Verkehrsmittelmix. Die flexible Kombination aller Fortbewegungsformen mit Auto, Bus und Bahn sowie zu Fuß oder mit dem Fahrrad spielt eine wichtige Rolle bei der Transformation des Verkehrssektors. In dem Verkehrsmittelmix steckt ein großes Potenzial für eine energieeffizientere und nachhaltige Mobilität. Aber noch ist auch in der Schweiz der Energieverbrauch im Verkehrssektor zu hoch. Im Zuge des Nationalen Forschungsprogramms zur Energieeinsparung hat der Schweizer Bundesrat deshalb in zahlreichen Projekten untersuchen lassen, welche Maßnahmen für eine Verringerung des Energieaufwandes im Verkehrsbereich sinnvoll und praktikabel sind. Als Mitglied der Leitungsgruppe dieses Programms hat ISOE-Mobilitätsexperte Konrad Götz die Forschungsarbeiten viele Jahre intensiv begleitet. Zusammen mit Koautor Prof. Ueli Haefeli von Interface, Luzern, hat Götz Handlungsempfehlungen entwickelt und die „Synthese Mobilitätsverhalten“ publiziert. 

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Modern cityscape and various transportation network (©chombosan/Thinkstock)
Modern cityscape and various transportation network (©chombosan/Thinkstock)

Mehr als ein Drittel des Energiekonsums der Schweiz entfällt auf den Verkehr. Maßnahmen, die das Schweizer Mobilitätsverhalten energieeffizienter gestalten können, sind deshalb für die Transformation des Energiesystems besonders wichtig. Aber wie genau kann das Mobilitätsverhalten beeinflusst werden? Im Zuge der Nationalen Forschungsprogramme zur Energieeinsparung (NFP 70/71) der Schweiz wurde dies in mehreren Projekten untersucht. Dabei wurde deutlich, dass es zwar längst viele attraktive Sharing- und Pooling-Konzepte gibt, die sich positiv auf die Energieeffizienz auswirken. Sie beruhen jedoch alle auf einer freiwilligen Teilnahme und werden deshalb zu selten praktiziert. 

„Wir haben gesehen, dass Freiwilligkeit nur bedingt zu den großen Veränderungen führt, die notwendig sind, um den Verkehrssektor energieeffizienter zu gestalten“, sagt ISOE-Mobilitätsforscher Konrad Götz. „Damit sich das Mobilitätsverhalten in eine energiesparende Richtung ändert und die neuen Konzepte und Produkte unter dem Strich auch tatsächlich zu Energieeinsparungen führen, kommt man um eine entsprechende Regulation nicht herum.“ Neben der Weiterentwicklung attraktiver Mobilitätsangebote mit zielgruppenspezifischer Ansprache müsse es deshalb intelligente flankierende Maßnahmen geben, die mit Anreizen und Sanktionen auf das Verkehrsverhalten wirken. Der Staat müsse die neuen Entwicklungen aktiv begleiten und bisherige Fehlanreize etwa bei der Besteuerung des Flugverkehrs überdenken.

Stellschrauben für Energieeffizienz bei der Wahl der Verkehrsmittel

Eine weitere Stellschraube für Energieeffizienz ist nach Meinung der Experten Götz und Haefeli die Nutzung neuer Technologien. „Die digitalen Möglichkeiten, die wir heute haben, sind noch nicht konsequent auf Energieeinsparung ausgerichtet.“ Dabei könnten sie weitaus mehr dazu beitragen, dass Mobilität als Service verstanden wird, mit dem das individuelle Mobilitätsverhalten energiesparender gestaltet werden kann. „Indem ich via App alle für die bevorstehende Strecke sinnvollen Fortbewegungsformen klug miteinander kombiniere, entstehen neben einem umweltfreundlicheren Verkehrsverhalten auch mehr Freiheitsgrade der Verkehrsmittelnutzung im Vergleich zur Fixierung auf das eigene Auto.“ Die Energieeinsparung stehe bei der Gestaltung und Nutzung der digitalen Hilfsmittel derzeit aber nur selten im Zentrum. Das Gleiche gelte für eine energieeffiziente Logistik. Auch hier seien digitale Automatisierungstechnologien der Schlüssel zum Erfolg, doch hilfreiche Energiespartools gibt es nur wenige.

Eine weitere Empfehlung zum Mobilitätsverhalten in der Schweiz bezieht sich auf Rebound-Effekte. Damit ist gemeint, dass Einsparungen bei den Energiekosten an anderer Stelle, z.B. durch das Zurücklegen längerer Strecken oder durch vermehrte Freizeitreisen, überkompensiert werden. So entsteht statt der beabsichtigten Einsparung ein Mehrverbrauch. „Es ist wichtig, dass alle Programme und Angebote, die auf eine energiesparende Mobilität zielen, regelmäßig auf Rebound-Effekte überprüft werden“, sagt Mobilitätsexperte Götz. 

Die vollständige Synthese zum Themenschwerpunkt „Mobilitätsverhalten“ ist auf dem Webportal www.nfp-energie.ch verfügbar.