„I don’t hear Bugs in the City“ – Eine choreografische Erinnerung an die kleinen Lebewesen unter uns

Wie können Kunst und Wissenschaft zusammenarbeiten, um das Beziehungsgefüge von Insekt und Mensch neu ausrichten?

Inspiriert von den Zwischentönen alltäglicher Begegnungen zwischen Insekt und Mensch schafft die Solo-Performance von Anno Bolender eine außergewöhnliche visuelle und klangliche Erfahrung. Bolenders künstlerische Forschung nutzt das Medium Tanz, um die Frage der Ko-Existenz mit der Insektenwelt durch das Prisma der Körperlichkeit zu betrachten. Die Performance ist im Rahmen des transdisziplinären Projektstipendiums „Insectopolis“ entstanden, das vom ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung an Anno Bolender vergeben wurde.

Die Tanzperformance wird an folgenden Terminen zu sehen sein:

  • Premiere: Freitag, 28. Juni 2024, 18:30 Uhr, Campus Bockenheim
    Jügelstraße, zentraler Platz zwischen Mensa und Juridicum, 60325 Frankfurt a.M. (bei schlechtem Wetter im Festsaal im Studierendenhaus)
  • Montag, 8. Juli 2024, 17:30 Uhr, Grüneburgpark, Wiese am Parkcafé
    August-Siebert-Straße
    , 60323 Frankfurt a.M. (Die Performance wird im Rahmen der Bürger-Universität gezeigt mit anschließendem Publikumsgespräch)
  • Mittwoch, 10. Juli, 18:00 Uhr, Bornheimer Fünffingerplätzchen,
    60385 Frankfurt a.M.                                              
  • Samstag, 13. Juli, 21:30 Uhr, Hugenottenplatz, 63065 Offenbach

Flyer zum Download 
 

Credits

Anno Bolender, 2024
Künstlerische Kuration: Nina Queissner
Wissenschaftliche Kuration: Florian D. Schneider
Kostüm: Isabella Koeters
Soundkomposition: Cat Woywod
Medien- und Öffentlichkeitsarbeit: Verena Rossow, Dominik Opalka, Nicola Schuldt-Baumgart, Melanie Neugart, Pia Ditscher
Fotografie: Christin Picard
Video: Balduin Mund
Dramaturgie: Nicole Berns
Titelmotiv: Nina Queissner, Frithjof Mohr
Schriftmarke ‚Insectopolis‘: Christoph Tim Schneider
Gestaltung/Farbkonzept Flyer: Iris Dresler

Wir danken den Jurymitgliedern Ellen Wagner, Brigitte Franzen, Patricia Germandi, Nina Reichert, Carolin Sommer, Bina Perl, Marion Mehring, Lukas Sattlegger, Melina Stein, Deike Lüdtke, Nicola Schuldt-Baumgart, Verena Rossow und allen übrigen Forschenden im Projekt SLInBio; Bina Perl, Carolin Sommer, Nikolai Ignatev und Massimo Terragni für die spannende Führung durch die entomologischen Sammlungen von Senckenberg; Lasse-Marc Riek für die Beratung zur Klangwelt der Insekten und für die Bereitstellung von Insektengeräuschen; Hilke Steinecke für Einblicke in die Insektenvielfalt im Palmengarten Frankfurt.


Weiterhin bedanken wir uns beim Offenen Haus der Kulturen und dem AStA Frankfurt für die Zusammenarbeit; Dörthe Krohn und der Naxos Halle zur Bereitstellung von Räumen und dem Immobilienservice der Universität.

Herzlichen Dank an alle Workshop-Teilnehmer*innen und an die Kinder der Klasse Flex-C und ihrer Lehrerin Lisa Hagenauer von der Freiherr-vom-Stein Schule in Rodgau-Dudenhofen für den Diskurs und die Inspiration.

Dank auch an alle Künstler*innen für die Einsendungen ihrer Projektskizzen für das Projektstipendium ‚Insectopolis‘.

Gefördert vom Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main


 


Künstler*in Anno Bolender erhält das „INSECTOPOLIS“-Projektstipendium

Anno Bolender entwickelte die Performance im Rahmen des Projektstipendiums „Insectopolis“, das im Frühjahr 2024 vom ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung für die Entwicklung und Umsetzung einer künstlerischen Arbeit für den öffentlichen Raum in Frankfurt am Main vergeben wurde. Das Stipendium ist eingebunden in das Forschungsprojekt „SLInBio – Städtische Lebensstile und die Inwertsetzung von Biodiversität“.

Mit dem Projekt-Entwurf „I don’t hear Bugs in the City – Eine choreografische Erinnerung an die kleinen Lebewesen unter uns“ konnte Anno Bolender die Jury überzeugen.

Portrait: Anno Bolender

Anno Bolender ist Performance- und Tanzkünstler*in, Produzent*in und Aktivist*in und beschäftigtsich mit sozialen und politischen Belangen von Communities, die von Marginalisierung betroffen sind. Bolender verbindet Theorie und Praxis, um die Entwicklung einer solidarischeren Gesellschaft voranzutreiben. Bolenders Arbeiten wurden unter anderem in Frankfurt, Offenbach, Porto, Madrid, Bochum, Stuttgart sowie im Maxim Gorki Theater in Berlin gezeigt.

Wie hast Du dich als Tänzer*in und Choreograph*in dem Thema Insekten in der Stadt angenähert?

“Tanzen ist ja zunächst einmal Bewegung. Der Contact-Improvisations-Tänzer Steve Paxton prägte den Begriff des “Small Dance” – und meint damit Bewegungen, die dein ganzer Körper macht, selbst wenn du denkst, dass du ganz still stehst. Aber ein lebender Körper steht nie still. Unsere Körper sind immer in Bewegung, sie tanzen immer und jederzeit. Und so ist es bei unserer lebendigen Umwelt auch: Überall um uns herum sind kleine Bewegungen. Was mich an diesem Gedanken fasziniert, ist, dass es ein schöner Zugang zur Welt ist. Alles um uns herum ist die ganze Zeit am leben, am tanzen. Nur vergessen wir das viel zu häufig. Wir nehmen in der ganzen Überflut an Dingen in unserer vollgepackten Welt nur noch das Größte, das Lauteste wahr. Dabei ist jede Bewegung, mag sie noch so leise und klein sein, unheimlich wichtig. Meine Idee ist daher, choreografisch diese kleinen, unscheinbaren Bewegungen, die nicht weniger wichtig sind, sondern vielleicht sogar viel basaler und profunder sind, zu vergrößern und ihnen Gehör zu verschaffen. Denn wenn mensch ganz genau hinhört und hinsieht kann mensch so wahnsinnig viel Schönheit erleben.” 

Wie können Menschen und Insekten zu einer besseren Co-Existenz finden? 

„Ich glaube, wir – also wir Menschen – müssen wieder über und mit unseren Körpern lernen, dass wir nur ein Teil unseres Ökosystems sind. Ich habe das Gefühl, wir benehmen uns, als könnte uns das alles nichts anhaben; die Klima- und Biodiversitätskrise, die Fluten, das Insektensterben. Und natürlich wissen wir, dass das nicht stimmt. Und das ist der Punkt, wo ich eben nicht sage: Wir müssen das wieder lernen und dieses Wissen in verkörpertes Wissen transformieren. Und: Wir müssen wieder lernen, dieses Wissen auch tatsächlich zu fühlen. Wir müssen wütend werden, wenn wir hören, dass in nur drei Jahrzehnten 75% der Insekten verschwunden sind. Wir müssen trauern, wenn es darum geht, was das für uns bedeutet. Wir müssen Faszination, Begeisterung, Dankbarkeit wieder lernen, die wir diesen Wesen entgegenbringen. Nur so werden wir auch wirklich etwas an dieser Situation verändern wollen.“

Welche Erkenntnisse verspricht deine künstlerische Forschung, die sich ja vor allem mit der Geräuschwelt von Insekten befasst? Welche Rolle spielt dabei der eigene Körper? 

„Der eigene Körper ist ein Resonanzraum für das, was wir tagtäglich erleben, für die Beziehung zu anderen Menschen und unserer Umwelt. Adrienne Maree Brown spricht von „fractals“ – also Mustern, die im Kleinen das widerspiegeln, was auch im Größeren geschieht. Natürlich kann ich mit meiner performativen Forschung nicht das Insektensterben aufhalten. Aber meine Forschung entsteht immer in einer kollektiven Auseinandersetzung mit anderen Körpern und Entitäten (diesmal werden es eben auch Klangkörper sein). Gemeinsam werden wir in den vorbereitenden Workshops im kleinen Rahmen erproben, was im größeren Rahmen vielleicht benötigt wird: Wirklich hinhören, Bewegungen nachvollziehen, Kategorien wie „klein“ und „groß“ auflösen – und das alles mit dem eigenen Körper. Mit ihm beginnen, zu verstehen, einzutauchen und unser Wissen, unsere Erfahrungen und Erinnerungen in verkörpertes Wissen zu transformieren.“


SLInBio wird vom BMBF in der Fördermaßnahme „BiodiWert – Wertschätzung und Sicherung von Biodiversität in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft“ als Teil der BMBF-Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt (FEdA) gefördert

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