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Gemeinsam gegen Wüstenbildung – NamTip-Projekt stärkt den Wissenstransfer in Namibia

Forschungsprojekt NamTip in Namibia: Wie Wüstenbildung im Savannenökosystem Namibias verhindert werden kann und wissenschaftliche Erkenntnisse vor Ort wirksam werden.
Wie lässt sich Wüstenbildung aufhalten? Und wie können wissenschaftliche Erkenntnisse lokal wirksam werden? Diesen Fragen ist das deutsch-namibische Forschungsteam im Projekt NamTip nachgegangen und hat die Ursachen für sozial-ökologische Kipppunkte im Savannenökosystem in Namibia untersucht. Im Juli fanden eine Winterschool und Stakeholder-Workshops mit den lokalen Partnern in Namibia statt. 

Wenn sich die Savanne in eine unfruchtbare Wüste verwandelt, gehen biologische Vielfalt und Produktivität des Ökosystems verloren. Damit wird den Wildtieren wie auch dem Vieh die Nahrungsgrundlage entzogen – mit weitreichenden Folgen bis hin zum Zusammenbruch ganzer Ökosysteme und deren Nutzung durch den Menschen. Ein Kipppunkt wird erreicht. Gemeint ist ein Moment in der ökologischen aber auch sozialen Entwicklung, ab dem ein Prozess unumkehrbar wird. Verantwortlich dafür sind vor allem der Klimawandel und eine nicht nachhaltige Nutzung von Weideflächen. Besonders in Namibia, wo Weideflächen für den Lebensunterhalt und die nationale Wirtschaft zentral sind, geraten viele Regionen zunehmend unter Druck.
 

Forschung für ein besseres Verständnis der Degradierung von Landschaften

Im Rahmen des NamTip-Projekts hat ein Team des ISOE Kipppunkte der Wüstenbildung und deren Triebkräfte untersucht – zusammen mit Partnern der Universitäten Bonn, Köln und Tübingen, dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, der University of Namibia und Namibia University of Science and Technology und unter der Leitung der Universität Potsdam. Ziel ist es zu verstehen, wie durch ein gezieltes Management die Widerstandsfähigkeit der Savannen gestärkt oder ein schon degradiertes Ökosystem bestenfalls sogar wiederhergestellt werden kann. Praxispartner im Projekt, das vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) gefördert wird, sind die Namibia National Farmers Union sowie die Bildungsinitiative EduVentures, die sich für den Wissenstransfer an namibische Schulkinder einsetzt.

Um die Mechanismen der Degradierung besser zu verstehen, baute das Team zu Beginn des NamTip-Projekts ein groß angelegtes Feldexperiment in der Waterberg-Region Namibias auf. Über mehrere Jahre wurde untersucht, wie sich das Ökosystem unter Stress verändert. Die Forscher*innen fanden heraus, dass vor allem die Kombination aus extremer Dürre und Überweidung rasch zu messbaren Veränderungen führten. Zunächst ging die Vitalität der mehrjährigen Gräser deutlich zurück – ein Dominoeffekt, der weitere Prozesse der Degradierung auslöste. Eine solche detaillierte Beobachtung ist besonders wertvoll für die Forschung. 
 

Wissenstransfer als Projektziel: praxisrelevantes Wissen für lokale Akteure

Eines der wichtigsten Projektziele in NamTip ist es, praxisrelevantes Wissen für lokale Akteure bereitzustellen. Dazu entwickeln die Forschenden eine Reihe von Factsheets, die sich mit zentralen Fragen der Weidewirtschaft beschäftigen – von Drohnentechnologie zur flächenspezifischen Bewirtschaftung von Weideland bis hin zu einem Maßnahmenkatalog, mit dem kommunale Farmer die ökologischen Kipppunkte auf gemeinschaftlich genutzten Weideflächen aktiv managen können. Weitere Themen sind der Schutz der mehrjährigen Gräser und des Reservoirs von Samen im Boden durch eine Rotationsbeweidung und eine Kombination verschiedener Maßnahmen zur Wiederherstellung degradierter Savannen.

Zu den Transferveranstaltungen in der aktuellen Abschlussphase des Projekts kamen Forschende, Praxispartner, politische Entscheidungsträger und Vertreter der Landwirtschaft zu zwei Workshops in der Waterberg-Region und einer Presseveranstaltung in Windhoek zusammen. Einer der Workshops rückte beispielsweise die Perspektive kommunaler Landnutzungssysteme der OvaHerero in den Fokus. Die Gemeinschaften sind zunehmend mit dem Problem konfrontiert, dass in ihren Weidegebieten durch das Überhandnehmen von Büschen immer weniger Futtergräser wachsen. Bis vor Kurzem waren sie staatlicherseits stark eingeschränkt, in diesen Prozess selbst aktiv einzugreifen. Im Workshop präsentierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daher konkrete, lokal angepasste Maßnahmen zur Wiederherstellung dieser degradierten Flächen – darunter selektive Buschausdünnung, zeitlich optimierte Schonung sowie die Wiederansiedlung standorttypischer Futtergräser. 

Für den Wissenstransfer im Forschungsprojekt fand zudem eine einwöchige Winterschule in der Waterberg-Region statt. Daran nahmen 15 Studierende aus Namibia teil. In theoretischen und praktischen Einheiten sowie bei Exkursionen zu Forschungsstandorten und in den Waterberg-Plateau-Nationalpark erhielten sie Einblicke in die ökologischen und sozialwissenschaftlichen Ansätze des Projekts. Ein Online-Tagebuch gibt Eindrücke der Winterschool wieder: Unterwegs in Namibia – Ökologische Kipppunkte in Trockenlandökosystemen erkennen und managen.

Zum Projekt

Kontakt:

Dr. Stefan Liehr

Mitglied der Institutsleitung, Leiter des Bereichs Sozial-ökologische Systeme Zum Profil

Melanie Neugart

Stellvertretende Leitung Wissenskommunikation und Wissenstransfer, Schwerpunkt Medienarbeit Zum Profil
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