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Wie Umwelt- und Klimapolitik gerecht ausgestaltet werden kann

Wie kann Politik dazu beitragen, dass die notwendigen umwelt- und klimapolitischen Maßnahmen gemeinschaftlich und gerecht getragen werden? Eine aktuelle Studie stellt Eckpunkte für eine sozial gestaltete Umwelt- und Klimapolitik vor.
Soziale Umweltpolitik kann den Zugang zu öffentlichen Infrastrukturen erleichtern, Gesundheit und Lebensqualität verbessern oder den Energieverbrauch und damit verbundene Energiekosten senken. Mögliche Kosten und Einnahmen von Umweltpolitik etwa aus der CO2-Bepreisung sollten so verteilt werden, dass benachteiligte Gruppen in der Gesellschaft gezielt unterstützt werden. Nicht zuletzt sollte die Teilhabe aller am Umweltschutz gestärkt und Beteiligungsmöglichkeiten auch für tendenziell unterrepräsentierte Gruppen erleichtert werden. Eine aktuelle Studie stellt diese und weitere Eckpunkte einer sozial gestalteten Umweltpolitik vor.

Umwelt- und Klimapolitik sind unmittelbar mit sozialen Fragen verknüpft: So treffen etwa Umweltbelastungen wie Lärm oder Luftverschmutzung oder auch die Auswirkungen der Klimakrise sozial benachteiligte Menschen oft besonders stark. Umwelt- und klimapolitische Maßnahmen können aber selbst problematische soziale Folgen haben – zum Beispiel indem ärmere Menschen finanziell überproportional belastet werden. Eine ambitionierte Umwelt- und Klimapolitik muss deshalb möglichst gerecht ausgestaltet sein und sich an dem Ziel orientieren, dass es allen Menschen möglich ist, grundlegende Bedürfnisse wie Ernährung und Wohnen auf umweltfreundliche Weise zu erfüllen.

In einer gemeinsamen Studie von Öko-Institut, dem Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) und des Instituts für sozial-ökologische Forschung (ISOE) im Auftrag des Umweltbundesamtes beschreiben die Autor*innen anhand zahlreicher Beispiele, wie umweltpolitische Maßnahmen positive soziale Wirkungen entfalten können. Zugleich plädieren sie dafür, noch stärker darauf zu achten, dass die Maßnahmen allen Teilen der Bevölkerung zugutekommen. 
 

Kosten und finanzielle Unterstützung fair verteilen

Die Studie, an der ISOE-Forscher Immanuel Stieß beteiligt war, diskutiert zunächst eine Reihe von analytischen und normativen Eckpunkten wie: Welche sozialen Wirkungen und Verteilungsfragen sind zu berücksichtigen oder welche politisch-rechtlich verankerten Anforderungen bestehen überhaupt? Zudem werden praxisnahe Ansätze für die Entwicklung sozialer Umweltpolitik vorgestellt, insbesondere Verfahren der Politikintegration sowie konkrete Handlungsansätze und beispielhafte Politikinstrumente. Abschließend reflektiert die Studie Herausforderungen und Grenzen bei der Umsetzung sozialer Umweltpolitik – und wie man mit ihnen umgehen kann.

Die Studie erkennt an, dass manche umweltpolitischen Maßnahmen vor allem kurzfristig Kosten oder andere Belastungen mit sich bringen können, etwa durch CO2-Preise auf fossile Brennstoffe. Entscheidend sei aber, die Kosten und finanziellen Mittel zur Unterstützung möglichst gerecht zu verteilen und unterschiedliche Belastbarkeit und Anpassungsmöglichkeit der Menschen zu berücksichtigen. Effekte eines solchen Vorgehens seien gleich doppelt positiv: Für eine klimapolitische Sozialpolitik und eine mögliche größere gesellschaftliche Unterstützung für klima- und umweltpolitische Maßnahmen. In die Gesamtbewertung von Umweltschutzmaßnahmen sollten deshalb ihre soziale Ausgestaltung und ihre Einbettung in den Maßnahmenmix einfließen. Dies ermögliche es auch Menschen mit wenig Einkommen und Vermögen, von den Vorteilen des Klimaschutzes zu profitieren.
 

Drei Wege für finanzielle Entlastungen

Kostenbelastungen durch Umweltpolitik können laut der Studie auf drei Wegen reduziert werden: Erstens und am besten durch Maßnahmen, die am Energieverbrauch oder CO2-Ausstoß ansetzen. Ein Beispiel sind Fördermaßnahmen für Energieeffizienz – sie sparen Energie und Geld gleichzeitig und haben auch ökologisch eine positive Wirkung. Sie lassen sich auf solche Gruppen fokussieren, für die solche Investitionen am schwierigsten zu bewältigen sind.

Vor allem zur kurzfristigen Unterstützung kommen zweitens einkommensstützende Maßnahmen in Frage, die darauf abzielen, das verfügbare Einkommen von Personen oder Haushalten abzusichern. Das kann zum Beispiel die Erhöhung von Transferzahlungen wie dem Bürgergeld sein, um kurzfristig höhere Lebensmittelkosten abzufedern.

Eine dritte Möglichkeit sind preisdämpfende Maßnahmen, die direkt an den Energie-, Material- oder Wasserpreisen ansetzen. Dazu gehören Entlastungen bei Energiepreisen oder die Absenkung der Mehrwertsteuer auf pflanzliche Produkte. Geht es allerdings um Preise von umweltschädlichen Produkten oder Verbräuchen, so besteht ein hohes Risiko von ökologisch kontraproduktiven Wirkungen. Zudem ist es in der Regel schwierig, diese Maßnahmen auf Haushalte mit Unterstützungsbedarf zuzuschneiden. Preisdämpfende Maßnahmen sind daher tendenziell teurer und ineffizienter als die fokussierte Entlastung vulnerabler Gruppen.
 

Weiterführende Links

Studie „Eckpunkte einer sozialen Umwelt- und Klimapolitik“ von Öko-Institut, FÖS und ISOE https://www.oeko.de/publikation/eckpunkte-einer-sozialen-umwelt-und-klimapolitik/

Wissenschaftlicher Beipackzettel „Eckpunkte einer sozialen Umweltpolitik“ des Öko-Instituts https://www.oeko.de/fileadmin/oekodoc/PM_Eckpunkte-soziale-Umweltpolitik_Beipackzettel.pdf

Übersicht über alle Veröffentlichungen aus dem UBA-Projekt „Soziale Aspekte von Umweltpolitik“ https://www.oeko.de/projekte/detail/soziale-aspekte-von-umweltpolitik-teilvorhaben-1-analyse-und-umweltpolitische-implikationen

Soziale Aspekte von Umweltpolitik
Transformation

Soziale Aspekte von Umweltpolitik

Das Projekt analysiert Zielkonflikte und Synergien sozial gerechter Umweltpolitik und erstellt Handlungsempfehlungen für nachhaltige und akzeptierte Maßnahmen.

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Kontakt:

Dr. Immanuel Stieß

Mitglied der Institutsleitung, Leiter des Bereichs Praktiken und Infrastrukturen Zum Profil

Melanie Neugart

Stellvertretende Leitung Wissenskommunikation und Wissenstransfer, Schwerpunkt Medienarbeit Zum Profil
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