Deutschland steht vor der Herausforderung, mit zunehmenden Wasserextremen wie Dürren, Starkregen und Hochwasser umzugehen. Diese Phänomene gefährden die Wasserverfügbarkeit, verschärfen Nutzungskonflikte zwischen Landwirtschaft, Industrie und Naturschutz und bedrohen Ökosysteme sowie die Versorgungssicherheit. Das Forschungsprojekt „Leitbilder für einen regionalen, naturnahen Landschaftswasserhaushalt“ bringt Wissenschaftler*innen und Praxisakteure zusammen, um eine Methode zur Entwicklung von Leitbildern zu erarbeiten. Diese beschreiben, wie ein funktionaler und naturnaher Wasserhaushalt in den verschiedenen Naturräumen Deutschlands aussehen soll. Die Leitbilder dienen als Grundlage für nachhaltige Entscheidungen und Maßnahmen, die die Resilienz von Ökosystemen stärken und die langfristige Verfügbarkeit von Wasser für Mensch und Natur sichern. Ziel des Projekts ist es, eine praxisnahe Handreichung zu erarbeiten, die es Akteuren in Fachbehörden, Kommunen und der Wasserwirtschaft ermöglicht, den aktuellen Zustand des Landschaftswasserhaushalts zu bewerten, Abweichungen vom naturnahen Ideal zu identifizieren und gezielte Maßnahmen zur Verbesserung umzusetzen – und so die Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel zu erhöhen.
Forschungsansatz
Das Projekt verfolgt einen transdisziplinären und partizipativen Forschungsansatz, der naturwissenschaftliche, hydrologische Modellierungen mit sozial-ökologischer Expertise und Praxiswissen verbindet. Das Forschungsteam des ISOE übernimmt dabei zentrale Aufgaben: Es identifiziert und bindet relevante Akteur*innen aus Wasserwirtschaft, Naturschutz, Landwirtschaft, Politik und Verwaltung ein – etwa durch Stakeholder-Analysen, strukturierte Befragungen und einen Fachexpert*innen-Workshop. Zudem erfassen die Wissenschaftler*innen des ISOE den aktuellen Stand und die in regionalen Wasserversorgungskonzepten identifizierten Wissensbedarfe. Außerdem entwickelt das Team einen Expert*innen-Fragebogen und analysiert die Ergebnisse der Befragung mit dem Ziel, die Leitbilder zielgruppengerecht und anwendungsorientiert zu gestalten. Besonders wichtig ist dabei die zielgruppengerechte Entwicklung von Darstellungsformen und Narrativen, die die Akzeptanz der Leitbilder fördern. Durch diese Schnittstellenfunktion stellt das ISOE sicher, dass die Methode nicht nur wissenschaftlich fundiert, sondern auch praxistauglich ist und die komplexen Interessenlagen der Beteiligten berücksichtigt. So wird die Grundlage für eine breite Umsetzung in regionalen Wasser- und Klimaanpassungsstrategien geschaffen.
Hintergrund
Das Konzept des Landschaftswasserhaushalts beschreibt das komplexe Zusammenspiel von Niederschlag, Verdunstung, Grundwasserneubildung, Abfluss und Speicherung von Wasser in Ökosystemen. Er ist die Grundlage für den Erhalt intakter Ökosysteme, eine sichere Trinkwasserversorgung, produktive Landwirtschaft und den Schutz vor Extremereignissen wie Dürren oder Hochwasser. Ein naturnaher Landschaftswasserhaushalt sorgt dafür, dass Wasser länger in der Landschaft zurückgehalten wird – etwa durch intakte Böden, Feuchtgebiete und natürliche Fließgewässer. Dadurch werden Grundwasservorräte aufgefüllt, Hochwasserspitzen gedämpft und Trockenperioden abgemildert. Doch durch Entwässerung, Versiegelung und intensive Landnutzung ist dieser Kreislauf in vielen Regionen gestört: Wasser fließt schneller ab, Grundwasserspiegel sinken, und Ökosysteme verlieren ihre regulierende Funktion. Die Folgen sind spürbar: sinkende Erträge in der Landwirtschaft, Konflikte um Wasserressourcen und zunehmende Schäden durch Extremwetter. Ein funktionsfähiger Wasserhaushalt ist daher nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich und sozial von zentraler Bedeutung – besonders im Kontext des Klimawandels, der diese Herausforderungen weiter verschärft.
Forschungs- und Projektpartner
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Förderung
Das Projekt „Leitbilder für einen regionalen, naturnahen Landschaftswasserhaushalt – Entwicklung einer Methode zur Ableitung“ wird gefördert durch das Umweltbundesamt (UBA) im Rahmen des Ressortforschungsplans (ReFo-Plan FKZ 3725 NK 201 0). Das ISOE ist dabei Unterauftragnehmer des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Halle.
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