Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) hat in einer Meldung auf seiner Homepage vom 24.06.2025 methodische Kritikpunkte zur Studie über Grundwasserstress in Deutschland veröffentlicht, die das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) im Auftrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) angefertigt hat. Wir begrüßen die methodische Auseinandersetzung zum Thema Grundwasserstress mit dem Ziel, die Bilanzierung von Grundwasser in Deutschland voranzutreiben, und möchten die fachspezifischen Hauptkritikpunkte des DVGW im Folgenden beantworten und einordnen.
Die am 16.06.2025 veröffentlichte Überblicksstudie des ISOE hat zum Ziel, mit öffentlich verfügbaren Daten ein Gesamtbild zum Grundwasserstress in Deutschland zu erzeugen. Grundwasserstress ist dabei nicht gleichbedeutend mit Grundwasserknappheit, sondern ist als Vorwarnung zu verstehen, dass in den identifizierten Regionen bei steigender Grundwasserentnahme und/oder klimatischen Veränderungen mit Ökosystemschäden zu rechnen sein kann. In diesem Sinne zeigen unsere Ergebnisse strukturellen und/oder akuten Grundwasserstress in 201 von 401 Landkreisen an. Für diese Regionen empfiehlt die ISOE-Grundwasserforschung Detailstudien, wie sie teilweise auch schon durchgeführt werden.
Wir betonen, dass Detailstudien notwendig sind, um den Verdacht auf Grundwasserstress, wie er in der ISOE-Überblicksstudie ausgewiesen wird, zu bestätigen oder zu widerlegen. Konkret werden detaillierte Untersuchungen einer regional spezifischen Grundwassersituation etwa für die Planung neuer Brunnen relevant oder für die Ermittlung eines Sachstandes in Wasserrechtsverfahren. Auch für regionale Wasserversorgungskonzepte oder landesweite Masterpläne, die den nachhaltigen Umgang mit verfügbaren Grundwasserressourcen steuern sollen, sind entsprechende Detailstudien notwendig und werden bereits durchgeführt.
Wir sehen uns mit der Kritik konfrontiert, dass die Grundwasserstudie des ISOE solche Detailangaben nicht enthalte und deshalb keine Hinweise auf Grundwasserstress ermitteln könne. Wir begrüßen den Diskurs über Methodik und die Möglichkeiten, deutschlandweite Indikatoren zum Zustand der Wasserressourcen zu entwickeln. Grundsätzlich hat die ISOE-Grundwasserstudie nicht den Anspruch, die oben genannten Detailstudien zu ersetzen, da schlicht die Datenverfügbarkeit dies bundesweit nicht zulässt. Ziel der Studie ist es, auf Basis öffentlich verfügbarer Daten eine übergeordnete Diagnose für ein Nachhaltigkeitsproblem anzubieten.
Grundwasserstudie dient der Früherkennung von Grundwasserstress
Wie können trotz der begrenzten öffentlich zugänglichen Datenlage im Sinne des Vorsorgeprinzips erste Hinweise auf einen möglichen akuten oder strukturellen Grundwasserstress generiert werden? Diese Frage beantwortet die Überblicksstudie des ISOE, indem sie die neuesten konsistent für Deutschland verfügbaren Daten zur Grundwasserneubildung mit statistischen Daten der Landkreise zur Grundwasserentnahme verschneidet (1991–2020) und die Entwicklung von Grundwasserständen auswertet (2012–2021). Die Gesamtschau verstehen wir als eine Art Früherkennung, in welchen Regionen eine als nachhaltig angenommene Entnahmemenge der Grundwasserneubildung überschritten wird bzw. wo klimatische Entwicklungen insbesondere der letzten Dürre zu sinkenden Grundwasserständen geführt haben.
Mit Blick auf den strukturellen Grundwasserstress haben sich die Autoren für eine Methodik entschieden, der folgende Annahme zugrunde liegt: Die Sicherung der Grundwasserressourcen ist eng mit dem ökologischen Zustand abhängiger Ökosysteme verbunden. Ist das Verhältnis zwischen Grundwasserentnahmen und Grundwasserneubildung unausgewogen, besteht die Möglichkeit, dass Ökosysteme langfristig nicht intakt bleiben. Insbesondere in trockenen Sommer- oder Herbstmonaten können höhere Entnahmen zu erheblichen negativen Auswirkungen auf Ökosysteme führen. Um anzuzeigen, wann diese Unausgewogenheit dazu führt, dass möglicherweise Ökosystemschäden zu erwarten sind, nehmen die Autoren an, dass nicht mehr als 20 Prozent der Menge an Grundwasser entnommen werden sollte, als sich jährlich neu bilden kann.
Mit der ISOE-Grundwasserstudie liegt somit ein aktueller Überblick zu potentiell grundwassergestressten Regionen in Deutschland vor, der mit neuesten bundesweit konsistent vorliegenden Daten möglich ist. Sie zeigt aber auch, welche Limitationen es derzeit in der Generierung eines solchen Überblicks gibt, die vor allem in der limitierten öffentlichen Datenverfügbarkeit liegen.
Kritikpunkte des DVGW an der Grundwasserstudie
Die methodische Auseinandersetzung zum Thema Grundwasserstress begrüßen wir ausdrücklich – mit dem Ziel, die Bilanzierung von Grundwasser in Deutschland voranzutreiben. Deshalb gehen wir auf die fachspezifischen Hauptkritikpunkte des DVGW im Folgenden im Einzelnen ein. Die Kritikpunkte werden dabei entsprechend der Veröffentlichung des DVGW zitiert.
Kritikpunkt 1: „Etablierter Wassernutzungsindex wird falsch interpretiert (GW-Neubildung aus Niederschlag statt erneuerbare Wasserressourcen aus Oberflächen- und Grundwasser)“
Unsere Antwort: Der in der Kritik angesprochene Wassernutzungsindex stellt der Gesamtwasserentnahme die erneuerbaren Wasserressourcen aus Oberflächen- und Grundwasserkörpern gegenüber. In der vorliegenden Überblicksstudie wenden wir diesen Wassernutzungsindex bewusst nicht an, sondern blicken ausschließlich auf das Grundwasser und Grundwasserentnahmen. Bei solchen Studien ist es üblich, dass Grundwasserentnahmen der Grundwasserneubildung gegenübergestellt werden (z.B. Wada et al. 2010, Richey et al. 2015, Herbert & Döll 2019, Akbar et al. 2022, Tabarmayeh et al. 2022). Nach dem Ansatz der „überschlägigen Wasserbilanz“ (Berthold et al. 2011: 7) kann für eine erste Bewertung eines Grundwasserkörpers (bei uns die Landkreisebene, siehe Antwort zu Kritikpunkt 2) die langjährigen Entnahmemengen und die langjährige mittlere Grundwasserneubildung gegenübergestellt werden. Nach der Arbeitshilfe der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA 2019: 18) kann als Eingangskriterium zur Feststellung einer potenziellen Gefährdung überprüft werden, ob mehr als zehn Prozent der Grundwasserneubildung entnommen werden.
Den Schwellenwert dieser Bilanzierung setzen wir in unserer Überblicksstudie auf 20 Prozent und folgen damit unter anderem dem sogenannten Grundwassergewinnungsindex aus dem Projekt WADKlim (Stein et al. 2024: 133ff.). Wir verstehen eine Entnahme von mehr als 20 Prozent der Grundwasserneubildung jedoch nicht als Wasserknappheit, sondern als Hinweis auf strukturellen Grundwasserstress. Das heißt, ab diesem Schwellenwert können Ökosysteme Schaden nehmen. Damit bewegen wir uns zwischen der oben genannten zehn Prozent Empfehlung der LAWA und dem Richtwert von 30 Prozent laut Wasserrahmenrichtlinie (Berthold et al. 2011: 9, siehe Antwort zu Kritikpunkt 3). Wir erweitern diese Perspektive auf den strukturellen Grundwasserstress in der Überblicksstudie zusätzlich noch durch den sogenannten „akuten Grundwasserstress“, in dem wir uns die Entwicklung von Grundwasserständen zwischen 2012 und 2021 ansehen, was vorrangig witterungsbedingte Einflüsse zeigt.
Kritikpunkt 2: „Bezug auf Verwaltungsgrenzen (Landkreise) passt nicht bei Bilanzierungen für Einzugsgebiete von Grundwasserfassungsanlagen“
Unsere Antwort: Für Bilanzierungsfragen ist eine räumliche Einheit notwendig. Im Idealfall handelt es sich dabei um hydrologisch relevante Raumeinheiten wie Einzugsgebiete oder Grundwasserkörper. Entnahmedaten stehen jedoch öffentlich nicht punktgenau zur Verfügung, sondern lediglich auf Landkreisebene. Nun können entweder Entnahmedaten aus den Landkreisen auf beispielsweise Grundwasserkörper oder hydrologische Informationen (z. B. Grundwasserneubildung) auf Landkreisebene übertragen werden. Beide Wege sind zwangsläufig mit Informationsverlusten verbunden.
Wir folgen in der Überblicksstudie dem Ansatz, der auch in ähnlicher Weise im WADKlim-Projekt angewendet wurde und nutzen die Landkreise als Bilanzierungsräume. Die durchaus berechtigte Kritik an dieser Ebene wird im Diskussionskapitel der Überblicksstudie benannt. Die Datenverarbeitung auf Landkreisebene ermöglicht uns jedoch den deutschlandweiten Überblick über mögliche Grundwasserstressregionen, sodass Hotspot Regionen identifiziert werden können. Wünschenswert für die Grundwasserforschung sind aus unserer Sicht aber genauere und bundesweit konsistente Datengrundlagen, um hydrogeologische Bilanzierungsräume nutzen zu können. Daran wirken wir gern mit.
Kritikpunkt 3. „Grundwasserbilanzierung erfolgt nur für die obersten GW-Leiter auf Basis der GW-Neubildung durch Niederschlag; notwendige Grundlagen einer Bilanzierung sind aber die Parameter nutzbares GW-Dargebot und GW-Entnahmen in den zu betrachtenden GW-Leitern, dabei ist zwischen dem obersten GW-Leiter und den tieferen GW-Leitern zu unterscheiden“
→ Aspekte beim nutzbaren GW-Dargebot, wie laterale und vertikale Zu- und Abflüsse, Uferfiltratanteil, künstliche GW-Anreicherung, GW-Neubildung durch Influenz und Seihwasser werden nicht betrachtet“
Unsere Antwort: Im Falle konkreter Gewinnungsanlagen ist das nutzbare Grundwasserdargebot gemäß DIN 4049-3 zu bestimmen. Dies erfordert Detailstudien (z.B. im Rahmen von Wasserrechtsverfahren) zur Berechnung der in der Kritik angesprochenen Parameter. Deutschlandweit ist dieser Vorgang aufgrund von Datenmangel jedoch nicht konsistent durchführbar: „Es liegen jedoch für Deutschland weder eine flächendeckend anwendbare Methodik zur Bestimmung des nutzbaren Grundwasserdargebots vor, noch kann die Verteilung aus Regionalstudien lückenlos und konsistent zusammengesetzt werden.“ (Stein et al. 2024: 67). In der Folge dieses Datenmangels bedeutet das, dass sich ein Überblick zum Grundwasserstress nur gewinnen lässt, indem man vereinfachende Annahmen trifft. Dabei stützen wir uns auf kürzlich veröffentlichte Daten zur Grundwasserneubildung, die mit dem Wasserhaushaltsmodell mGROWA generiert wurden, das relevante hydrogeologische Interaktionen berücksichtigt (Herrmann 2025). Diese Daten stehen konsistent für ganz Deutschland zur Verfügung. Die Annahme der Überblicksstudie ist, dass wir uns mit dem 20-Prozent-Schwellenwert der Grundwasserneubildung (siehe Antwort zu Kritikpunkt 1) dem nutzbaren Grundwasserdargebot annähern.
Kritikpunkt 4: „Schlussfolgerungen passen zum Teil nicht mit bisherigen Erkenntnissen aus der Praxis zusammen (z. B. Übernutzung von Ressourcen, Entwicklung Wasserbedarf in Industrie)
→ Eine Übernutzung der GW-Ressourcen findet in Deutschland nicht statt, weil dies seit Jahrzehnten durch die wasserrechtlichen genehmigten Entnahmen und den Vollzug der rund 400 Wasserbehörden sichergestellt wird.
→ GW-Körper befinden sich zu einem Großteil in einem mengenmäßig guten Zustand
→ Datenlage des Statistischen Bundesamtes zeigt eine Konstanz bis leichten Rückgang bei den Wasserbedarfen der Industrie“
Unsere Antwort: Die wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren für Grundwasserentnahmen haben sich über Jahrzehnte hinweg bewährt – eine effektive Übernutzung mit dem Resultat eines schlechten mengenmäßigen Zustandes nach Wasserrahmenrichtlinie fand bisher in Deutschland in ca. fünf Prozent der Grundwasserkörper statt (siehe Folgepunkt). Die jüngere Vergangenheit zeigt jedoch insbesondere seit Beginn der 2000er Jahre in vielen Regionen Deutschlands unterdurchschnittliche Grundwasserneubildungsraten. Insbesondere die Dürre 2018–2022 hat gezeigt, dass bspw. einzelne Wasserversorger durchaus mit Engpässen in der Ressourcenverfügbarkeit zu kämpfen hatten (Niehues 2023). Diese Ereignisse führen zu der aus unserer Sicht berechtigten Diskussionen darüber, inwiefern z.B. 30-jährige Mittelwerte der Vergangenheit als Grundlage für zukünftige Wasserrechte genutzt werden können (Stationarität vs. Instationarität, Kluge & Treskatis 2022). Auch etablierte wasserrechtliche Genehmigungsverfahren werden daher von den Aufsichtsbehörden kontinuierlich bewertet und bei Bedarf angepasst, um neuen Entwicklungen Rechnung zu tragen.
Der von uns berechnete Grundwasserstress ist nicht gleichzusetzen mit einer Verfehlung des „guten mengenmäßigen Zustandes“ nach Maßgabe der Wasserrahmenrichtlinie, da sowohl eine andere Definition, als auch Datengrundlage verwendet wird. Ein guter mengenmäßiger Zustand eines Grundwasserkörpers ist erreicht, wenn beispielsweise die Entnahmen 30 Prozent der Grundwasserneubildung nicht übersteigen und weniger als ein Drittel der Messstellen einen negativen Trend aufweisen (Berthold et al. 2011: 9). Wenn diese Kriterien nicht eingehalten werden, erfolgen detailliertere Prüfungen u.a. der Wasserbilanz, sodass letztlich dennoch ein Grundwasserkörper als mengenmäßig gut ausgewiesen werden kann. Europaweit sind weiterhin Anstrengungen notwendig, um die angewendeten Methoden in den Mitgliedsstaaten zu verfeinern und zu harmonisieren, um insbesondere die Saisonalität der Wasserverfügbarkeit und ihre Folgen für abhängige aquatische und Landökosysteme sowie die Folgen des Klimawandels stärker zu berücksichtigen (Europäische Kommission 2025: 14). Im Grundsatz sind solche grundwasserkörperspezifischen Analysen mit öffentlich zugänglichen Daten nicht zu reproduzieren (siehe dazu Antwort auf Kritikpunkt 3). Aufgrund der dünneren öffentlich verfügbaren Datenlage verwendet die Überblicksstudie dem Vorsorgeprinzip folgend eine striktere Annahme zur nachhaltigen Grundwasserentnahme (20-Prozent-Schwelle) und betrachtet zudem die Änderungen der Grundwasserstände in einem kürzeren Zeitraum, um akute Signale herauszuarbeiten. Daher soll der berechnete Grundwasserstress als Vorwarnstufe fungieren. Er zeigt an, in welchen Regionen sich gegebenenfalls durch Entnahmen und/oder klimatische Veränderungen Gefährdungen des „guten mengenmäßigen Zustandes von Grundwasserkörpern“ entwickeln können.
Die Überblicksstudie betrachtet lediglich den Ist-Zustand und macht keine Aussagen über sinkende oder steigende Bedarfe. Die betreffende Textstelle zur Entwicklung der Wasserbedarfe seitens der Industrie liegt im Vorwort, das nicht von den Autoren formuliert wurde.
Kritikpunkt 5: „einseitige Analyse von Studien, wobei deren systematische Schwachstellen nicht bewertet werden (z.B. WADKlim, Correctiv)“
Unsere Antwort: Die beiden Quellen (WADKlim für Grundwasserneubildung und CORRECTIV für Grundwasserstände) sind die einzigen bundesweit öffentlich verfügbaren Datensätze, die im Rahmen der Überblicksstudie ausgewertet werden konnten. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Datengrundlage erfolgt in der Überblicksstudie. Sie weist beispielsweise darauf hin, dass die Modellierungsdaten zur Grundwasserneubildung lediglich eine Näherung an die Realität darstellen und weitere Wasserhaushaltsmodelle zu entwickeln beziehungsweise heranzuziehen sind, um einem Multi-Modell-Ansatz folgend ein besseres Verständnis der Grundwasserneubildung und weiterer hydrologischer Parameter zu erhalten. Mit Blick auf die CORRECTIV-Daten weist die Studie unter anderem darauf hin, dass diese den Zeitraum die rezenten Nassjahre nicht beinhalten und daher vor allem die Dürre zwischen 2018 und 2022 in den Daten erkennbar ist. Die von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) betriebene GRUVO-Plattform bildet hier eine sehr gute Möglichkeit, um deutschlandweite Informationen zur Entwicklung der Grundwasserstände bereitzustellen und vor allem maschinenlesbar auszuwerten.
Kritikpunkt 6: „keinerlei Bezugnahme auf aktuelle DVGW-Studien (UFZ-Studie, WatDEMAND, factsheets zu Klimawandel und Wasserbedarf)“
Unsere Antwort: Der DVGW hat mit seinen rezenten Studien einen wertvollen Beitrag zur Diskussion um Wasserbedarf und Wasserverfügbarkeit geleistet. Die angemerkten Dokumente nehmen jedoch nicht explizit Bezug zur Fragestellung zum Ist-Zustand des Grundwasserstresses, welcher Gegenstand der Überblicksstudie ist. Die sogenannte UFZ-Studie macht Projektionen zur Entwicklung der Grundwasserneubildung auf Basis verschiedener Szenarien des Klimawandels, doch die vorliegende Überblicksstudie bezieht sich nur auf Daten aus der Vergangenheit. Das Projekt WatDEMAND hat die Wasserbedarfe einzelner Sektoren analysiert und ebenfalls in die Zukunft fortgeschrieben. Auch hier liegt der Fokus auf der Projektion in die Zukunft und ist deshalb trotz ihrer wertvollen Informationen für Fragen von Wassernutzung und -verfügbarkeit nicht von zentralem Interesse für die vorliegende Überblicksstudie. In einem umfangreicheren Literaturüberblick hätten die Beiträge des DVGW sicher genannt werden können.
Die Grundwasserstressstudie im Forschungskontext
Abschließend möchten wir noch kurz den Forschungskontext erläutern, in dem wir die Grundwasserstudie des ISOE sehen: Um wissenschaftliche Grundlagen für die Lösung von Nachhaltigkeitsproblemen zu entwickeln, ist zunächst Orientierungswissen notwendig. Es ermöglicht uns, in einem ersten Schritt allgemeine Zusammenhänge sehr grundsätzlich zu verstehen, bevor Detailfragen erforscht werden können. Die Kritikpunkte des DVGW verweisen auf die Schwierigkeiten bei der Generierung von Orientierungswissen auf übergeordneter Ebene. Uns ist bewusst, dass es diese Schwierigkeiten selbstverständlich auch mit Blick auf wasserwirtschaftliche und naturschutzfachliche Fragestellungen gibt. Wir betonen nochmals, dass es lokal klare Vorgaben in der Ableitung nachhaltiger Grundwasserentnahmevolumina gibt, die im Einzelfall jedoch immer detailliertere Informationen benötigt - die häufig erst erhoben werden müssen. Auf höherer räumlicher Ebene dünnen sich gewissermaßen öffentlich verfügbare Daten aus. Das bedeutet, dass hier Abstriche im Detailgrad notwendig werden, um überhaupt übergeordnete Aussagen treffen zu können. Diese Vereinfachung basiert auf Annahmen (z.B. strikte 20-Prozent-Schwelle), die eine übergeordnete Einschätzung erlauben (z.B. Identifizierung von Regionen). Aus diesem Grund arbeiten wir insbesondere mit Blick auf die Herausforderungen in der Umsetzung der Nationalen Wasserstrategie mit wissenschaftlichen Partnern und Praxisakteuren daran, Indikatoren zum Zustand der Wasserressourcen in Deutschland weiterzuentwickeln.
ISOE-Grundwasserstudie
Grundwasserstress in Deutschland. Überblicksstudie: Struktureller und akuter Grundwasserstress durch öffentliche und nichtöffentliche Entnahmen auf Ebene der Landkreise. Erarbeitet für den BUND - Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
Autoren: Robert Lütkemeier, David Kuhn. Unter Mitarbeit von Linda Söller.
Weiterführende Links
Zur Pressemitteilung des ISOE anlässlich der Veröffentlichung der Studie vom 16.06.2025: https://www.isoe.de/aktuelles/grundwasserstress-in-deutschland-ueberblicksstudie-zeigt-regionale-hotspots
Unsere FAQ „Grundwasser in Deutschland unter Stress – Was heißt das?“: https://www.isoe.de/aktuelles/faq-grundwasserstress-in-deutschland
„In eigener Sache: Berichterstattung über Grundwasserstress“: https://www.isoe.de/aktuelles/in-eigener-sache-berichterstattung-ueber-grundwasserstress
Quellen zur Stellungnahme
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Kluge, Thomas, und Christoph Treskatis. 2022. „Warten und zusehen trotz beunruhigender Signale? Ein Weckruf für eine Neubetrachtung der Grundwasserbewirtschaftung im Zeichen des Klimawandels“. gwf Wasser-Abwasser, Nr. 06 (Juni), 59–66.
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Niehues, Berthold 2023: Ergebnisse der DVGW Online-Umfrage zur Resilienz und Versorgungssicherheit der öffentlichen Wasserversorgung 2022. DVGW Wasser-Event „Lunch & Learn“, 21. Juni 2023 (https://www.dvgw.de/medien/dvgw/forschung/events/dvgw-wasser-lunch-learn-20230621-versorgung-resilienz-bniehues.pdf.pdf)
Richey, Alexandra S., Brian F. Thomas, Min-Hui Lo, John T. Reager, James S. Famiglietti, Katalyn Voss, Sean Swenson, und Matthew Rodell. 2015. „Quantifying Renewable Groundwater Stress with GRACE“. Water Resources Research 51 (7): 5217–38. https://doi.org/10.1002/2015WR017349
Stein, Ulf, Jenny Tröltzsch, Rodrigo Vidaurre, Hannes Schritt, Benedict Bueb, Johanna Reineke, Martina Flörke, u. a. 2024. „Auswirkung des Klimawandels auf die Wasserverfügbarkeit - Anpassung an Trockenheit und Dürre in Deutschland (WADKlim)“. 134. Texte. Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt (UBA). https://www.ecologic.eu/sites/default/files/publication/2024/50031-Auswirkungen-Klimawandel-auf-Wasserverfuegbarkeit-web.pdf
Tabarmayeh, Mehri, Mehdi Zarei, und Okke Batelaan. 2022. „A New Approach to Quantification of Groundwater Resource Stress“. Journal of Hydrology: Regional Studies 42 (August):101161. https://doi.org/10.1016/j.ejrh.2022.101161
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