Semizentral – Infrastrukturen für schnell wachsende Städte der Zukunft
Innerhalb des CLIENT-Verbundprojekts „SEMIZENTRAL: Ressourceneffiziente und flexible Ver- und Entsorgungsinfrastruktursysteme für schnell wachsende Städte der Zukunft – Phase 2“ unterstützt das ISOE die Umsetzung eines Vorhabens, das die semizentrale Frischwasserver- und Abwasserentsorgung in einem neuen Stadtteil von Qingdao/China erprobt.
Forschungsansatz
Das ISOE erarbeitet ausgehend von der aktuellen Situation in dem neuen Stadtteil eine naturwissenschaftliche Stoffstrommodellierung des SEMIZENTRAL-Konzepts: Nach einer Definition der Systemgrenzen werden die einzelnen Wasser- und Abwasserströme anhand ihrer Mengen und Zusammensetzungen erfasst und in ein Stoffstrommodell übertragen. Auf dieser Basis ist es möglich, die gegenüber konventionellen Infrastrukturen veränderten Teilströme zu simulieren: Es wird sowohl Trinkwasser bereitgestellt als auch Brauchwasser, das für andere Zwecke (z.B. zur Toilettenspülung) verwendet werden kann. Abwasser aus den Duschen und Waschbecken wird getrennt vom stärker belasteten Abwasser aus den Toiletten und Küchen erfasst und aufbereitet. Mit dem Modell lassen sich zudem tageszeitliche Änderungen und Schwankungen der Stoffströme abbilden und analysieren, um sie mit den Wasser- und Abwasserströmen herkömmlicher Infrastrukturlösungen zu vergleichen. Anschließend werden mit dem Modell Vulnerabilitäts- und Risikoanalysen durchgeführt. Dafür werden beispielsweise hydraulische Schwankungen, Extremwetterereignisse oder zu erwartende Störfalle, wie etwa die komplette Nichtbelegung des Hotels im Einzugsgebiet, simuliert. Neben der Stoffstrommodellierung berücksichtigen diese Analysen weitere Komponenten wie z.B. die sozialen Kosten.
Hintergrund
Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt heute in Städten und die Anzahl steigt wöchentlich um ca. eine Million. Viele der schnell wachsenden Städte in Schwellen- und Entwicklungsländern leiden unter Wasserknappheit. Bereits heute ist die Grundversorgung der Menschen mit Trinkwasser vielerorts gefährdet oder gar nicht gewährleistet. Um die Sanitärversorgung ist es noch schlechter bestellt. Hier ist auch häufig die fachgerechte Entsorgung der mit Krankheitserregern belasteten Abwässer ein Problem. Entsprechend groß ist der Handlungsbedarf. Gefragt sind daher nachhaltige Konzepte für die Wasser- und Sanitärversorgung, die Abwasserentsorgung, die Abfallwirtschaft sowie die Siedlungs- und Infrastrukturplanung. Erschwerend kommt hinzu, dass konventionelle Ver- und Entsorgungssysteme, wie sie heute üblicherweise in Industrieländern eingesetzt werden, den Nachteil haben, dass sie sich jeweils nur auf eine Aufgabe konzentrieren – also etwa die Entsorgung von Abwasser. Hier setzt das Projekt „China Semizentral“ an. Erprobt wird dieses Konzept nun in der nordchinesischen Hafenstadt Qingdao. Für die Weltgartenschau 2014 entsteht hier derzeit ein neuer Stadtteil für 12.000 Menschen. Um zu verhindern, was in vielen chinesischen Großstädten Realität ist, entsteht in Qingdao eine semizentrale Wasserinfrastruktur: Gemeint sind damit kleinteiligere Ver- und Entsorgungsstrukturen, die sich dem Bevölkerungswachstum flexibel anpassen können, indem sie „mitwachsen“. Zudem werden Abwasserteilströme nach ihrer Verschmutzung unterschieden und für eine Wiedernutzung aufbereitet.
Projektpartner
- Technische Universität Darmstadt, Institut IWAR, Fachgebiet Abwassertechnik, Geodätisches Institut, Fachgebiet Landmanagement, Fachbereich Architektur, Fachgebiet Entwerfen und Stadtentwicklung sowie Institut für Baubetrieb
- Cosalux, Offenbach Far Eastern mbH, Ludwigshafen
- Gebr. Heyl Vertriebsgesellschaft, Hildesheim
- Gummersbach Environment Computing Center, FH Köln
- Kocks Consult GMBH, Koblenz
- Endress+Hauser Conducta, Gerlingen
- Roediger Vakuum, Hanau
- Emscher Wassertechnik, Essen
- m+p consulting, München
Förderung
Semizentral wird innerhalb der BMBF-Fördermaßnahme CLIENT des Förderprogramms „Forschung für Nachhaltigkeit (FONA)“ gefördert.
Publikationen
Schramm, Engelbert/Martina Winker/Martin Zimmermann (2020): Gutes Management hilft, Fehlanschlüsse zu vermeiden. bbr Leitungsbau Brunnenbau Geometrie 71 (12), 22-27
Zimmermann, Martin/Engelbert Schramm/Björn Ebert/Christoph Meyer/Martina Winker (2020): Bewertung von Handlungsoptionen zur Minimierung von Fehlanschlüssen. Am Beispiel eines semizentralen Wasserver- und -entsorgungssystems in Qingdao, China. gwf-Wasser/Abwasser 161 (5), 68-76
Schramm, Engelbert/Björn Ebert/Bingxiang Wang/Martina Winker/Martin Zimmermann (2019): Keeping Flows Separate: Good Management Practices in Novel Urban Water Systems Derived from Error Analyses. Water 11 (12), 2597
Ebert, Björn/Engelbert Schramm/Bingxiang Wang/Martina Winker (2019): Governance instruments for optimising source separation in novel urban water systems: the case of cross-connections in urban water systems.Water Policy 21 (2), 412-427
Zimmermann, Martin/Martina Winker/Engelbert Schramm (2017): Die Vulnerabilität von Wasserinfrastrukturen. Transforming Cities (4), 48-53
Birzle-Harder, Barbara/Konrad Götz (2016): Wahrnehmung von neuartigen Wasserinfrastrukturen und Wassernutzung in der chinesischen Stadt Qingdao. Ergebnisse einer qualitativen empirischen Studie zur Wasserkultur im Rahmen des Projekts SEMIZENTRAL. ISOE-Materialien Soziale Ökologie, 48. Frankfurt am Main: ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung
Cheng, Yuanting/Konrad Götz (2016): Elemente der Wasserkultur in der chinesischen Region Qingdao. Eine Recherche im Rahmen des Projekts SEMIZENTRAL. ISOE-Materialien Soziale Ökologie, 47. Frankfurt am Main: ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung
Laufzeit
Ansprechpartnerin
Projektteam
Methoden
Empirische SozialforschungVerwandte Projekte
- Abschätzung des Potenzials für die Nutzung von Betriebswasser in Frankfurt am Main
- Anwendungsplattform zur automatisierten Prognose des Tageswasserbedarfs in Hamburg
- AQUA-Hub India – Water Innovation Hubs und smartes Wassermonitoring
- AquaticPollutantsTransNet – Wissenstransfer zur Reduzierung von Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf
- Begleitforschung für die Grundwassererschließung am Standort „Heiliger Born“
- BioFAVOR II – Recycling von Fäkalien aus dezentralen Quellen im Low-Tech-Verfahren
- CapTain Rain – Wassersammlung und -ableitung bei Starkregenereignissen in Jordanien
- CuveWaters – Integriertes Wasserressourcen-Management in Namibia
- Effizienter Einsatz von Mitteln aus der Hessischen Grundwasserabgabe
- Elimination von Spurenstoffen in Kläranlagen
- EPoNa – Wasserwiederverwendung im Norden Namibias
- Evaluation des International Water Stewardship Programms (IWaSP)
- gwTriade – Integratives Monitoring der Grundwasserqualität
- HypoWave – Neue Wege zur Abwasserwiederverwendung in der Landwirtschaft
- HypoWave+ – Implementierung eines hydroponischen Systems zur nachhaltigen Wasserwiederverwendung in der Landwirtschaft
- INTAFERE – Integrierte Analyse von mobilen, organischen Fremdstoffen in Fließgewässern
- Integriertes Wasserressourcen-Management in Isfahan/Iran
- IntenKS – Intensivierung der Klärschlammbehandlung zur energetischen und stofflichen Nutzung in China
- INTERESS-I – Integrierte Strategien zur Stärkung urbaner blau-grüner Infrastrukturen
- Klassifikation der Verbrauchsstellen im Versorgungsgebiet von HAMBURG WASSER
- Kompetenzatlas Wassertechnologie und Wassermanagement in Hessen
- KREIS – Innovative Stadtentwässerung in der Jenfelder Au
- Leitbild IWRM – Wasserressourcenmanagement für die Metropolregion Rhein-Main
- LiveSewer – KI-basiertes Abwassermonitoring
- Marktöffnung in der Trinkwasserversorgung
- Masterplan „Zukunftssichere Trinkwasserversorgung im Saarland 2040“
- MORE STEP – Mobilität im Wandel: Nachhaltige Entwicklung des mongolischen Steppenökosystems (Phase II)
- MULTI-ReUse – Modulares Aufbereitungssystem zur Wasserwiederverwendung
- Nachhaltigkeitsleistungen von Wasserversorgungsunternehmen
- NaCoSi – Nachhaltigkeitscontrolling in der Siedlungswasserwirtschaft
- netWORKS – Sozial-ökologische Regulation netzgebundener Infrastruktursysteme
- netWORKS 2 – Transformationsmanagement für eine nachhaltige Wasserwirtschaft
- netWORKS 3 – Nachhaltige Konzepte für die kommunale Wasserwirtschaft
- netWORKS 4 – Resilient networks: Beiträge städtischer Versorgungssysteme zur Klimagerechtigkeit
- netWORKS 4 – Resilient networks: Beiträge städtischer Versorgungssysteme zur Klimagerechtigkeit (Anschlussprojekt)
- Neue Perspektiven für die Renaturierung von Bächen und Flüssen
- NiddaMan – Nachhaltiges Wasserressourcen-Management im Einzugsgebiet der Nidda
- P-Net – Regionales Netzwerk für ein ressourceneffizientes Phosphormanagement
- PLASTRAT – Verminderung von Plastikeinträgen in Seen und Fließgewässer
- PlastX – Mikroplastik in Fließgewässern
- PlastX – Plastikabfälle in Meeren und Ozeanen
- Privatisierung in der Wasserwirtschaft
- Regenwassertransfer vom Gewerbegebiet in die Landwirtschaft in Fellbach
- Regenwasserversickerung in Wiesbaden
- Regionale Nachhaltigkeit in Wasserwirtschaft und Landschaftsgestaltung
- regulate – Nachhaltiges Management von Grundwasser in Europa
- SASSCAL – Forschungsinfrastruktur in Afrika
- SASSCAL – Wasserbezogene Risiken im südlichen Afrika
- SAUBER+ Innovative Konzepte für Abwasser aus Einrichtungen des Gesundheitswesens
- SCIP Plastics – Die Abfallvermeidung in Khulna stärken und die marine Plastikverschmutzung reduzieren
- Smart Water Future India: Intelligentes Wassermanagement für Indiens Städte
- start – Strategien zum Umgang mit Arzneimittelwirkstoffen im Trinkwasser
- start2 – Strategien zum Umgang mit hormonell wirksamen Agrarchemikalien
- Stoffflüsse umweltrelevanter chemischer Stoffe: Produktliniencontrolling
- Strukturkonzept Trinkwasserversorgung Magdeburg
- TransRisk – Schadstoffe als Risiko im Wasserkreislauf
- TRAPA India – Transitionswege zur Lösung der Abwasserproblematik in indischen Städten
- Trinkwassertagesbedarf – Prognosemodell für Hamburg
- Umweltrisiken und Arzneimittel: Schlüsselrolle der Apotheken
- WaReNam – Mehrskalige Wasserwiederverwendungsstrategie für Namibia
- Wasser 2050 – Chancen für die deutsche Wasserwirtschaft
- Wasserbedarfsprognose 2030 (Basisjahr 2005) für Hamburg
- Wasserbedarfsprognose 2045 (Basisjahr 2011) für Hamburg
- Wasserbedarfsprognose 2050 (Basisjahr 2017) für Hamburg
- Wasserbedarfsprognose 2050 (Basisjahr 2019) für den WBV Harburg
- Wasserbedarfsprognose 2050 (Basisjahr 2020) für Hamburg
- Wasserkreislauf und urban-ökologische Entwicklung
- Wasserwirtschaftliche Proxies und Szenarien für die Entwicklung des Wasserbedarfs
- Weschnitz Dialog: Kommunikation und Beteiligung beim Management von Renaturierungsmaßnahmen entlang der Weschnitz
- Wissenschaftliche Begleitung der Umfrage 2021 zum Wasserverbrauch in Hamburg
- Wissenschaftliche Begleitung des Projekts „Smartes Wassermanagement“ in Frankfurt
- Zustand unserer Wasserressourcen heute und in Zukunft