Umweltbewusstsein

Viel Rückenwind für sozial-ökologische Transformation

Die Menschen in Deutschland erwarten von der Politik, dass mehr für den Umwelt- und Klimaschutz getan wird. Gleichzeitig ist das Bewusstsein für den schädigenden Einfluss von Umweltbelastungen, zum Beispiel durch Schadstoffe, Luftverschmutzung oder Lärm, in den vergangenen 20 Jahren gestiegen. Dies zeigt die nun vorliegende detaillierte Auswertung der Studie „Umweltbewusstsein in Deutschland 2020“, die heute vom Präsidenten des Umweltbundesamtes (UBA) Dirk Messner vorgestellt worden ist. Für die aktuelle Studie, die das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung mit infas und dem Öko-Institut im Auftrag des UBA und des Bundesumweltministeriums (BMU) durchgeführt hat, wurden rund 2000 Personen befragt.

| Pressemitteilung
Demonstration zum Umweltschutz (© S.Kobold - stock.adobe.com)
Demonstration zum Umweltschutz (© S.Kobold - stock.adobe.com)

Laut der Studie unterstützt eine große Mehrheit der Deutschen eine ambitioniertere Umwelt- und Klimapolitik. Das Bewusstsein für Umweltbelastungen ist gestiegen, am menschgemachten Klimawandel gibt es kaum noch Zweifel. Die Studie zeigt auch, dass die Bevölkerung viele Gegenmaßnahmen teils sehr deutlich unterstützt – so finden zum Beispiel ein Verbot klimaschädlicher Produkte (80 Prozent), die Kopplung von Agrarsubventionen an ökologische Leistungen (86 Prozent) oder auch ein Tempolimit auf Autobahnen (64 Prozent) mehrheitlich Zustimmung. Aber auch bei den eigenen Verhaltensweisen zeigt sich Veränderungsbereitschaft: 67 Prozent der Befragten sind bereit, künftig weniger Fleisch zu essen, 60 Prozent wollen „konsequenter besonders energieeffiziente Geräte kaufen“ und 74 Prozent „insgesamt weniger konsumieren“.

Die Bereitschaft, mehr für Umwelt- und ⁠Klimaschutz⁠ zu tun, geht allerdings nicht immer mit dem entsprechenden Verhalten einher. Gründe hierfür liegen einerseits in Alltagsanforderungen wie Zeitmangel, fehlende finanzielle Mittel oder Belastung in Familie bzw. Beruf – aber auch im Mangel an Angeboten und entsprechenden Infrastrukturen. Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamts (⁠UBA⁠): „Wir müssen uns genau anschauen, welche Barrieren für die Bürgerinnen und Bürger bestehen. Die Politik muss es den Menschen einfacher machen, nachhaltig zu leben und ihre Alltagsroutinen anzupassen. Wir brauchen anspruchsvolle Energie- und Umweltstandards für Gebäude, Verkehrsmittel, Produkte und Lebensmittel sowie Preise, die stärker die ökologische Wahrheit sagen. Gleichzeitig müssen wir soziale Härten vermeiden, beispielsweise in Form eines „Klimagelds“ für die Bürgerinnen und Bürger, das aus den CO2-Einnahmen zurücküberwiesen wird. Nur so wird Umweltschutz zum Mainstream. Es freut mich, dass unsere Befragung in fast allen Bereichen nicht nur eine starke Bereitschaft zeigt, die Maßnahmen für mehr Umwelt- und Klimaschutz mitzutragen, sondern auch überwiegend gefordert wird, mehr zu tun. Vor allem von der Politik. Aber auch von Industrie und Wirtschaft sowie von den Bürgerinnen und Bürgern selbst erwarten die Befragten mehr Einsatz.“

Für mehr Klimaschutz finden es 80 Prozent der Befragten wichtig, klimaschädliche Produkte zu verteuern oder zu verbieten. 88 Prozent unterstützen den Abbau klimaschädlicher Subventionen. Vor allem im Bereich Landwirtschaft und Ernährung herrscht generell eine hohe Zustimmung zu den abgefragten Maßnahmen. Eine deutliche Mehrheit von 92 Prozent findet, dass der Ausbau der ökologischen Landwirtschaft stärker gefördert werden sollte. Weitere 86 Prozent möchten, dass Agrarsubventionen an ökologische Leistungen gekoppelt werden. Und 93 Prozent sind für weniger Pflanzenschutzmittel, 86 Prozent für weniger Düngemittel. Im Bereich Mobilität befürworten 64 Prozent der Befragten ein Tempolimit auf Autobahnen. 84 Prozent sind für mehr und bessere Radwege, 89 Prozent für einen verbesserten ÖPNV (mehr Haltestellen, höhere Taktung).

Weitere Informationen:

In der Umweltbewusstseinsstudie werden im Auftrag des Bundesumweltministeriums und des UBA seit über 25 Jahren repräsentative Daten über umweltbezogene Einstellungen und Verhaltensweisen der Bevölkerung in Deutschland erhoben. Themenschwerpunkte der Studie sind Klimaschutz und sozial-ökologische Transformation. Für die repräsentative Studie wurden im November und Dezember 2020 2.115 Bürger*innen ab 14 Jahren befragt. Die Befragung und Auswertung nahmen das Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas) und das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung vor. 

Umweltbewusstsein in Deutschland 2020. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage
https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/umweltbewusstsein-in-deutschland-2020 


Das ISOE hat zudem den wissenschaftlichen Bericht zur Umweltbewusstseinsstudie 2020 verfasst, in dem das Schwerpunktthema „Klimaschutz und sozial-ökologische Transformation“ im Mittelpunkt steht. Mit Blick auf die Indikatoren des Umweltbewusstseins wird die vorgenommene Erweiterung durch die Kenngrößen „Klimabewusstsein“ und „Veränderungsbereitschaft“ vorgestellt. Das darauf aufbauende Konzept der Umweltbewusstseinstypen wird näher erläutert und die einzelnen Typen werden ausführlich dargestellt.

Immanuel Stieß, Georg Sunderer, Luca Raschewski, Melina Stein, Konrad Götz, Janina Belz, Robert Follmer, Jana Hölscher, Barbara Birzle-Harder (2022): Repräsentativumfrage zum Umweltbewusstsein und Umweltverhalten im Jahr 2020. Klimaschutz und sozial-ökologische Transformation. Abschlussbericht. Dessau-Roßlau: TEXTE 20/2022
https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/repraesentativumfrage-umweltbewusstsein-0